alpinforum.comSkigebiete, Seilbahnen und mehr2024-03-29T00:25:11+01:00https://www.alpinforum.com/forum/app.php/feed/topics2024-03-29T00:25:11+01:002024-03-29T00:25:11+01:00https://www.alpinforum.com/forum/viewtopic.php?p=5437586#p54375862021-12-08: Samnaun (CH): 6-CLD Planer Salaas-Greitspitz: Selbstständiges Lösen einer Wechsellastbatterie
Summarischer Bericht der SUST (Schweizerische Sicherheitsuntersuchungsstelle, dem UVEK (Eidgenössisches Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation) unterstellt): https://www.sust.admin.ch/inhalte/BS/20 ... SumB_D.pdf
Vorab eine kurze Anmerkung bzgl. Aufnahme der axialen Kräften: Hätte eigentlich keine Stahl-auf-Stahl-Reibflächen erwartet, sondern sowas wie eine dazwischneliegende Lagerbuchse mit Bund, oder eine Gleitscheibe, egal ob Kunststoff oder NE (Nichteisen)-Legierung, siehe Abb. 5, PDF Seite 5/5.
Bin überrascht, dass sich beide mit Nord-Lock Sicherungsscheiben gesicherten Schrauben gelöst haben. Bei richtigem Anzugsdrehmoment ist dabei die Sicherung der Schraubverbindung eigentlich in den meisten Anwendungsfällen sehr zuverlässig, zudem dass hier die beiden Schrauben versetzt von der Achsmitte montiert sind und demnach keinem direkten Lösedrehmoment unterliegen.
Leider fehlt die Angabe der Einstellung der Drehmomentschlüssel sowie der Gewindedurchmesser (hier Standard-Rechtssteigung, nicht Feingewinde).
Ob das erforderliche Anzugsdrehmoment erreicht wurde, ist unbekannt. Ob aufgrund der Sicherung mittels Sicherungsblech eine geringere als übliche Vorspannung vorlag ist ebensowenig bekanntm würde jedocgh unlogisch erscheinen , die axiale Vorspannung wird i.d.R. aufgrund des Streckgrenzenprozentsatzes der eingesetzen Schraube unter Berücksichtigung der zulässigen Flächenpressungen festgelegt. Vermute, dass es sich hier um banale vorm. DIN 933 (aktuelle ISO weiss ich nie auswendig) 8.8 Schrauben ohne Schaft (gewindeloser zylindrischer Bereich unter dem Kopf) mit Aussensechskantkopf handelt. Habe mich jedoch seit längerer Zeit nicht mehr mit der Auslegung von kritischen Schraubverbindungen befasst.
Meiner Einschätzung nach hätte sich bei korrektem Anzugsdrehmoment mit korrekt montierten Nord-Lock Sicherungsscheiben keine der beiden Aussensechskantschrauben gelöst.
Da die axiale Sicherungsscheibe (Pos. "Metallscheibe" in Abb. 5 seite 5/5 vom PDF) direkt auf dem Achsstummel aufliegt, sollte die Setzung zu gering sein, um sowas wie Nord-Lock Sicherungsfederscheiben einzusetzen zu müssen. In der Schnittzeichnung ist der axiale Freiraum nicht erkennbar, muss jedoch vorhanden sein. Vollständigkeitshalber hätte im montiertem Zustand der Wechsellastbatterie das axiale Spiel nachgemessen und aufgeführt werden sollen um sicherzustellen, dass bei korrekt angezogenen Schrauben die Sicherungsscheibe satt auf dem Achstummel aufliegt (keine axiale Vorspannung des beweglichen Teils, die eine Erhöhung der Drehreibung verursachen würde).
Drehmomentschlüssel sollte man jährlich oder nach max. 5000 Auslösungen (was früher eintrifft) überprüfen wobei in der Praxis die Streuung eher zufallsbedingt ist, Schmutz, Korrosion sowie harte Stösse beeinflussen jedoch die Langzeitstabilität. Je nach Bauart kann eine Zurücksetzung auf Null bzw. Skalandmindestwert der Auslösevoreinstellung zur Lagerung nach einem Einsatz erforderlich sein. Gewisse Ausführungen sind unter identischen Einsatzbedingungen auch wesentlich langzeitstabiler als andere wobei aufgrund der Streuung der Gewindereibung die Genauigkeit des Drehmomentschlüssels auch nicht so kritisch ist, oft die spielt die Wiederholgenauigkeit eine grössere Rolle und bei höheren Anforderungen an die Genauigkeit der axialen Vorpannung wird onehin nie auf Drehmomentvorgabe angezogen.
Beim Lösen von Nord-Lock-gesicherten Schrauben, muss darauf geachtet werden, dass das Widerstandsmoment schlagartig zusammenbricht, was eine entsprechende Handhabung des Werkzeugs bedingt. Mit vorsichtig bedientem Akku-Schlagschrauber Lösen ist jedoch einfacher, Festziehen sollte man nur mit Drehmomentschlüssel oder kalibrierten schlaglos arbeitenden Geräten. Drehmomentvervielfacher (Planetengetriebe) erhöhen die Drehmomentungenauigkeit wenn mit Drehmomentschlüssel bedient. Über Schlagschrauberdrehmomente könnte man noch vertieft diskutieren, Fazit ist, dass die Genauigkeit für Herstellerangabenvergleiche irgendwo zwischen feld-wald-und-wiese und hangelenk-ma-pi-liegt; übliche Prüfeinrichtungen sollte man zudem nicht mit Schlagschraubern einsetzen, da diese auch unter dem Nenndrehoment beschädigt werden können.
Bevorziehe zwar selbst bei kritischen Anwendungen strikte formschlüssige Gewindesicherungen (die Nord-Lock wirken, informell ausgedrückt, irgendwo zwischen kraft- und formschlüssig), z.B. Kronenmuttern, Sicherungsbleche, Sicherungsdraht,... Auf selbstsichernde Muttern mit PA-Einsatz (z.B. "Nyloc") gehe ich hier nicht näher ein, setze die jedoch nur für sekundäre Anwendungen ein, über deren Einsatzbedingungen gehen Meinungen onehin auseinander.
Womöglich setze ich mit Splint gesicherte Kronenmuttern ein, dabei ist es wichtig, Splint stets zu erneuern und die korrekte Kronenmutterhöhe zu wählen.
In der Praxis werden leider oft entgegen den Herstellervorgaben Sicherungselemente wiederverwendet, in gewissen Fällen ist dies einigermassen zulässig, in anderen nicht (z.B. denselben Zahn eines Sicherungsblechs erneut in die Wellen- oder Achsnnut zurückbiegen).
Abschliessend soll nochmals aufgeführt werden, wie wichtig eine extrem systematische Vorgehensweise bei Montage- sowie Reparatur- und Revisionsarbeiten ist. Kritischer Schraubenverbindungen müssen stets bei jedem definitiven Anziehen markiert werden und zwar so, dass die Markierung nicht mit einer vorherig angebrachten Markierung verwechselt werden kann, vorzugsweise mit einer anderen gut unterscheidbaren Farbe.
Kleiner Exkurs in die Verbindungstechnik, dieser Bereich ist beim Seilbahnbau extrem wichtig, deshalb sind auch Vorgaben der Hersteller strikte zu befolgen. Vieles beruht dabei auf deren jahrzehntelanger Praxiserfahrung.