Zahnradbahnen in den Alpen - Teil 9 -> Pilatusbahn

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Space1978
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Zahnradbahnen in den Alpen - Teil 9 -> Pilatusbahn

Beitrag von Space1978 »

Der 2132 m hohe Pilatus steigt südlich von Kuzern über dem Vierwaldstätter See empor und wird seit 1889 durch eine Zahnradbahn erschlossen. Die 4,6 km lange Pilatusbahn (PB) ist mit 480 Promille Steigung die steilste Zahnradbahn der Welt und führt von Alpnachstad ( 440 m ü. M. ) am Vierwaldstätter See über die Ausweichstation Aemsigen, über die Mattalp und die Steilwand des Esels zur Bergstation Pilatus-Kulm ( 2063 m ü. M. ). Der mächtige Gebirgsstock gehört neben dem Rigi und Stanserhorn zu den am meisten Besuchen Bergen der Zentralschweiz. Mattäus Merian, Topograph und Kupferstecher, schrieb 1642 über den Pilatus:" Vom Felsen und Schroffen ganz ruch, hat viel Bruch und Schrunden, dannenher er fractus mons ( gebrochene Berg ) genennt wird". Die heutige Bezeichnung Pilatus wurde 1433 erstmals für das ganze Massiv gebraucht, ist aber erst seit dem 18.Jahrhundert allgemein gebräuchlich. Der Luzerner Pfyffer von Wyher fertigte um 1750 ein Modell des Pilatus an und verfaßte eine Anleitung zur Besteigung des sagenumwobenen Berges, um den sich seit dem Mittelalter Legendden und Spukgeschichten rankten. Prominente Reisende wie Richard Wagner, Leo Talstoi und Königin Victoria von England, die zwischen 1852 und 1886 auf dem Pilatus weilten, führten dazu, daß in der Folge viele Menschen den Luzerner Hausberg bestiegen. Das Hotel " Bellevue" auf Pilatus-Kulm und das 200 m tiefer gelegene "Klimsenhorn" wurden nahezu zeitgleich 1860 eröffnet.
Der Erfolg der ersten Bergbahn Europas, die seit 1871 auf den Rigi dampfte, führte dazu, daß Überlegungen angestellt wurden, auch auf den Pilatus eine Bahn zu bauen. Ein erstes Konzessionsgesuch wurde 1873 von der Kreditanstalt Luzern eingereicht. Es sah eine Zahnradbahn nach System Riggenbach vor und hätte von Alpnach aus in weitem Bogen über Lütoldsmatt, Frkmünt und die Kilchsteine zum Hotel Bellevue geführt. Wegen zu hoher Baukosten kam das Projekt nicht zur Ausführung. Erst 1885 wurde von den Herren Locher und Guyer-Freuler ein neues Projekt vorgelegt, das aus heutiger Sicht einen Roman von Jules Vernes hätte entsprungen sein können. Der Plan sah eine Einschinenbahn auf Stahlbalken vor, die von Alpnachstad über Ämsigen und die Amttalp zum Pilatus-Kulm führen sollte. Auch dieses seiner Zeit weit vorrauseilende Projekt konnte nicht verwirklicht werden, da es den Behörden zu unsicher erschien. Eduard Locher entwarf daraufhin eine Bahn, die zwar nicht so revolutionär wie die Einschienenbahn war und eher den konventionellen Vorstellungen von einer Eisenbahn entsprach, aber trotzdem viele neue ungewöhnliche Ideen enthielt. Auf der Trasse, die schon die Einschienenbahn hätte nehmen sollen, plante er eine Zahnradbahn in 80 cm Spurweite. Um die bis 480 Promille betragenden Steigungen zu überwinden, kamen die bis dahin bekannten Zahnradsysteme nicht in Betracht, da bei ihnen die Gefahr des Aufkletterns des Zahnrades auf der Zahnstange bestand. Locher löste das Problem durch ein System, bei dem die waagrecht liegenden Zahnräder der Fahrzeuge beidseitig rechts und links in die der Gleismitte liegende Zahnstange eingreifen. Führungsscheiben unterhalb der Zahnräder verhindern das Aufsteigen und Entgleisen der Fahrzeuge. Auch für die Triebfahrzeuge wählte Locher die für Zahnrad-Bergbahnen ungewöhliche Konstruktion eines der Streckenneigung angepaßten Dampftriebwagens mit einzelnen hintereinander versetzten Abteilen mit Platz für 32 Fahrgäste. Der Dampfkessel lag dabei quer zur Fahrtrichtung. Die unter dem Kessel liegende Zweizylindermaschinen übertrug ihre Kraft über Vorgelege, Stirn- und Kegelräder auf die Triebzahnräder.
Dieses Projekt fand die Zusatimmung aller Beteiligten, und nachdem Locher und Guyer-Freuler bereits 1885 die Konzession für den Bahnbau erhalten hatten, fand am 29.März 1886 in Luzern die Gründungsversammlung der Pilatusbahngesellschaft statt. Noch im selben Jahr wurde unter der Leitung von Eduard Locher mit dem Bahnbau bbegonnen. Im unwegsamen Gelände waren dabei große Probleme zu lösen; z.B. mußten an der Eselswand die Arbeiter an Seilen herabgelassen werden, um die Trasse aus dem Fels zu schlagen. Trotzdem war die gesamte Strecke bis Pilatus-Kulm bereits nach 400 Arbeitstagen fertig, und ein erster Zug beförderte am 17.August 1888 den Verwaltungsrat der Pilatusbahn-Gesellschaft zu einer Sitzung ins Hotel Bellevue. Die offizielle Betriebseröffnung fand im folgenden Jahr am 04.Juni statt.
Bereits 1886/87 leiferte SLM/SIG drei Damptriebwagen Bhd1/2, die beim Bahnbau eingesetzt wurden. Fünf weitere Bhd1/2 folgten 1888, so daß zur Betriebseröffnung acht Dampftreibwagen zur Verfügung standen. Der Erfolgt der Bahn übertraf alle Erwartungen. Trotz des für die damalige Verhältnisse extrem hohen Fahrpreises, reisten schon 1895 über 40000 Passagiere auf den Pilatus. Um die stetig steigende Anzahl von Fahrgästen befördern zur können, wurden in den Jahren 1889/1900 und 1909 je ein weiterer Dampftriebwagen beschafft.
Eine erste Studie befaßte sich bereits 1905 mit der Elektrifizierung der Bahn. Wegen zu hoher Kosten konnte sich die Gesellschaft jedoch nicht dazu entschließen. Dreißig Jahre später waren die stark beanspruchten Dampftriebwagen ziemlich abgenutzt, und der Fahrzeugpark mußte erneuert werden. Man beschloß, zukünftig elektrisch zu fahren. Die Strecke wurde elektrifiziert ( 1550 V Gleichspannung ), und mit Beginn der Fahrsaision 1937 am 15.Mai übernahmen achte von SLM/MFO gebaute Triebwagen Bhe1/2 Nr.21-28 den Dienst auf der Pilatusbahn. Als fahrdrahtunabhängige Reserve und für Notfälle bleiben die beiden Dampftriebwagen Nr. 9 und Nr.10 zunächst weiterhin im Fahrzeugpark. Heute ist die Nr.9 im Verkehrhaus in Luzern und die Nr.10 im Deutschen Museum in München ausgestellt. Alle anderen wurden ausrangiert und verschrottet. In einer Doppelfunktion kann der 1954 beschaffte Gütertriebwagen Ohe1/2 Nr.31 eingestzt werden. Bei hohem Fahrgastaufkommen kann er durch einen aufsetzbaren Wagenkasten in einen Personentriebwagen verwandelt werden. Als letztes Fahrzeug wurde 1967 Triebwagen Bhe1/2 Nr.30 beschafft. Er unterscheidet sich von den 1937 gelieferten nur geringfügig, die mit ihrem Alter von fast 60 Jahren immer noch modern und aktuell wirken.
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ThomasK
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Re: Zahnradbahnen in den Alpen - Teil 9 -> Pilatusbahn

Beitrag von ThomasK »

Also ich bin ja der Meinung, dass man langfristig darüber nachdenken sollte, die Pilatusbahn auf eine Standseilbahn umzubauen.

Schaut man sich die Trassenführung an, dann ist meiner Meinung nach eine Standseilbahn absolut ideal für diesen Aufgabenbereich. Man hat drei Stationen: Alpnachstad, Ämsigen und Pilatus Kulm. Die Streckenlänge beträgt 4,6 km und die Kreuzungsstation Ämsigen liegt genau in der Mitte nach 2,3 km Streckenlänge, was für die Standseilbahn absolut perfekt ist. Wenn man, wie bei der Wurzeralmbahn, mit 14 m/s fährt, dann betrüge die Beförderungszeit mit Haltezeit an der Zwischenstation ca. 8 Minuten, so dass die Standseilbahn im Prinzip alle 10 Minuten fahren könnte. Bei 200 Personen Wagen ergibt dies eine Kapazität von 1200 pph. Die Zahnradbahn schafft allerhöchstens 400 Personen pro Stunde - wenn überhaupt.

Auch ist der 40-Minuten-Takt nicht unbedingt attraktiv. Die Standseilbahn würde man wohl alle 15 oder alle 20 Minuten fahren lassen mit einer pph-Leistung von 800 bzw. 600, also deutlich über der heutigen Leistung der Zahnradbahn; bei Volllast wäre auch ein 10-Minuten-Takt möglich mit 1200 pph-Leistung. Und 48% Steigung sind für die Standseilbahn Kindergartengeburtstag. Zur Erhöhung des Fahrkomforts würde man den einen oder anderen Gleisbogen noch etwas ausrunden.

Dadurch, dass die Talstation und die Bergstation jeweils von zwei Gleise auf ein Gleis zurück gebaut werden könnten, kann man den Einstieg und Ausstieg bei der Standseilbahn großzügig anordnen und die Einsteiger- sowie Aussteiger trennen. Auch ist der Unterhaltsaufwand und der Personalaufwand deutlich geringer. Die heutigen Elektrifizierungsanlagen könnten abgebaut werden. Die umständliche Prozedur mit den Schiebeweichen entfällt, da man nur noch zwei Abtsche Weichen hätte.
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TPD
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Re: Zahnradbahnen in den Alpen - Teil 9 -> Pilatusbahn

Beitrag von TPD »

Was willst Du damit bezwecken ?
Immerhin zählt auch das Erlebnis mit der steilsten Zahnradbahn der Welt fahren zu könnnen. (Ob es stimmt oder nicht, ist dann ein anderes Thema ;)).
Mit einer SSB würde man dieses Prädikat schon mal verlieren.

Aber hast Du schon mal die Spurweiten der Wurzalmbahn und Pilatusbahn verglichen ?
Somit ziemlich gewagt, wenn man für den Pilatus die Annahme trifft, dass da jemals mit 14 m/s gefahren werden kann. Eine Umspurng kann sicher schon aus Kostengründe ausgeschlossen werden.
https://www.skichablais.net, seit 20 Jahren über Bergbahnen der Region Chablais und Umgebung.
ThomasK
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Re: Zahnradbahnen in den Alpen - Teil 9 -> Pilatusbahn

Beitrag von ThomasK »

(1)
TPD hat geschrieben:Was willst Du damit bezwecken ?

Dafür gibt es mehrere Gründe.

Zunächst einmal ist festzustellen, dass der 40-Minuten-Takt der Pilatusbahn hinten und vorne nicht mit dem Halbstundentakt der Eisenbahn zusammenpasst. Leider kann man aber nicht schneller fahren, so dass ein 30-Minuten-Takt ausgeschlossen ist.

Schauen wir uns das einmal genau an:

http://www.fahrplanfelder.ch/fileadmin/ ... 14/470.pdf

Man sieht, wie sich auf der Brünigbahn Luzern - Interlaken in Alpnachstad jeweils zur Minute 29 und 59 die Züge in beiden Richtungen kreuzen. Ein 15-Minuten-Takt auf der Pilatusbahn würde dazu perfekt passen. Ankunft zur Minute 29 oder 59 jeweils aus beiden Richtungen. 2 Minuten Fussweg zur Pilatusbahn. Der Fahrkartenkauf fällt an; man fährt also zur Minute 04, 19, 34 und 49. Ankunft ist dann zur Minute 12, 27, 42 und 57. Bei der Talfahrt steigt man aus und erreicht um 29 oder 59 wieder in Alpnachstad den Zug. So kann man den Integralen Taktfahrplan gleich auf die Pilatusbahn ausdehnen. Alpnachstad wird dann im ITF zu einem Vollknoten aufgewertet. Perfekt.

Der zweite Grund liegt darin, dass immer mehr Sommertouristen aufgrund eines knappen Zeitbudgets immer mehr sehen wollen und nur noch einen halben Tag für einen Bergausflug einplanen wollen. Aus diesem Grund baut ja auch die Jungfraubahn eine 3S bis zum Eigergletscher, da dadurch erstmalig ein Halbtagesausflug von Bern aus zum Jungfraujoch möglich wird.

Der dritte Grund besteht darin, dass eine Standseilbahn deutlich geringere Betriebskosten verursacht als die Zahnradbahn. Die Personalkosten sind wesentlich geringer und die Elektrifizierungsanlagen können abgebaut werden. Man könnte sich sogar überlegen mit der Standseilbahn vollautomatisch ohne Personal zu fahren, wie das heute schon z.B. bei der Merkurbahn in Baden-Baden gemacht wird.

Viertens bietet eine Standseilbahn durchaus die Option zu vertretbaren Kosten auf einen Ganzjahresbetrieb umzustellen.

(2)
TPD hat geschrieben: Immerhin zählt auch das Erlebnis mit der steilsten Zahnradbahn der Welt fahren zu könnnen. (Ob es stimmt oder nicht, ist dann ein anderes Thema ;)).
Mit einer SSB würde man dieses Prädikat schon mal verlieren.

Klar, in dieser Community wissen fast alle, dass die Pilatusbahn mit 48% die steilste Zahnradbahn der Welt ist, aber nach meinen Erfahrungen am Pilatus spielt das für die normalen Fahrgäste keine Rolle. Namen wie Locher (Pilatus), Riggenbach, Abt oder Strub sind für die meisten alles böhmische Dörfer. Und die Seilbahn- und Technikfreaks kommen sowieso. Dann eben nicht mehr zur steilsten Zahnradbahn, sondern zu einer der längsten Standseilbahn der Welt bzw. mit einem sehr großen Höhenunterschied.


(3)
TPD hat geschrieben: Aber hast Du schon mal die Spurweiten der Wurzalmbahn und Pilatusbahn verglichen ?
Somit ziemlich gewagt, wenn man für den Pilatus die Annahme trifft, dass da jemals mit 14 m/s gefahren werden kann. Eine Umspurng kann sicher schon aus Kostengründe ausgeschlossen werden.

Das ist richtig, dass man die Standseilbahn auf Normalspur umbauen müsste und ein paar Kurven ausrunden müsste; dies hatte ich in meinem Vorposting auch schon eingeräumt. Auch sind Ausweitungen der Tunnelprofile notwendig. Da aber die Tunnel sehr kurz sind, und für die kleine Lösung nur ca. 800 m Strecke neu trassiert werden müsste, sollten sich die Investitionsaufwendungen in Grenzen halten.

Allerdings wäre es auch denkbar, im oberen Streckenabschnitt 900 m Streckenlänge oberhalb der Ämsigenalp, an der Stelle, an der die Pilatusbahn eine scharfe Rechtskurve macht, die heutige Trasse zu verlassen und in einem 1400 m langen großen Rechtsbogen um die Eselswand herum zu fahren und bis zur Bergstation neu zu trassieren. Dies wäre unter Umständen sogar preiswerter, da das Almgelände hier unproblematisch ist. Neben diesem großen Rechtsbogen wären dann nur noch kleinere Korrekturen im unteren Streckenabschnitt erforderlich, die aber bei weitem nicht so aufwendig wären wie im oberen Streckendrittel.

Würde man heute von Alpnachstad eine Bahn auf den Pilatus bauen, dann wäre das nach meiner Einschätzung auf gar keinen Fall eine Zahnradbahn. Ich glaube auch, dass man sich hier nicht unbedingt für eine Luftseilbahn entscheiden würde, da das Gelände zwischen Alpnachstad und Pilatus für eine Standseilbahn ideal ist. Eine Standseilbahn mit 200er Kabinen ist meiner Meinung nach hier perfekt und wahrscheinlich in diesem Gelände sogar einer 200er-PB überlegen.
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