fangbremsen

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Theo
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Re: fangbremsen

Beitrag von Theo »

Gerne schreibe ich meinen Beitrag aus dem anderen Topic auch noch mal hier rein.

Die Fangbremsen sind halt so eine Weisheit für sich, denn sie dürfen ja auch nicht zu schnell wirken wenn die Bahn langsam unterwegs ist. Bei unserer SSB Bj 2013 wird das Auslösen der Fangbremsen elektronisch gesteuert, allerdings ist nur die Streckenposition ( oben weitaus steiler als unten ) massgebend. Bei einer FB-Auslösung bei Talfahrt fallen in der oberen Hälfte alle Bremsen gleichzeitig ein, unterhalb der Ausweiche nur mehr die Hälfte, was je nach Tempo auch noch viel zu viel ist.
Einerseits muss man grob bremsen damit das Ding nicht verreist wenn alles viel zu heiss wird weil es zu lange dauert, andrerseits bremst man viel zu brutal und hat dadurch dann gravierende Personenschäden.
Bremstest bei der SSB jährlich, da man dort im Gegensatz zu einer PB nicht auf den Tragseilen sondern auf den Schienen schleift und die halten gut was aus. Bis jetzt wurden zwei verschiedene Bremsungen gemacht, bei de mit Volllast FZ 30t und Sandkübel 16t, also insgesamt 46t wo gebremst werden sollen.

Bremsung 1 bei 12m/s: Bremszeit 4.6sec, Verzögerung 2.6m/s2, Anhalteweg 27.6 Meter.
Bremsung 2 bei 7m/s: Bremszeit 2.2sec, Verzögerung 3.2m/s, Anhalteweg 7.7 Meter.

Alle Fangbremsen sind nur mehr durch ständigen Hydraulikdruck geöffnet, mechanisch verspannte Fangbremsen gibt es keine mehr. Ich glaube diese Variante gab es nur deshalb weil früher die Kabinen in den Stationen nicht ständig mit Strom versorgt wurden und man nur so sicher sein konnte dass die Kabine in der Bergstation am Morgen nicht einen Nothalt wegen nachlassendem Öffnungsdruck hatte.

Zusatz zu meinem gestrigen Beitrag.
Bei der PB kann es sein dass je nachdem ob die Fangbremsauslösung vom oberen oder unteren Zugseil kommt auch hydraulisch eine unterschiedliche Bremsung erzielt wird da man je nach Ventil wo aufgeht einen anderen Rückflusskanal und dementsprechend auch eine andere Bremsreihenfolge und Wirkung hat. Da bin ich dann allerdings gar nicht mehr sattelfest und das ist ja dann auch vom TL sein Ding, der hat ja dafür schliesslich all die Spezialausbildungen.

Lagorce
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Re: fangbremsen

Beitrag von Lagorce »

Besten Dank für Deinen Beitrag.

Auf die SSB Fangbremsen komm ich später zurück.

Bzgl. PB Fangbremsenauslösung gibt's soviel ich weiss diverse Philosophien, die kenn ich allerdings zuwenig. Irgendwo weiter vorne in diesem Topic wird diese Thematik aufgegriffen.

Die Grütschalp Winden-PB hat z.B. ein ziemlich ausgeklügeltes SPS-basiertes System (und zudem eine Funk FUA).

Vermute, dass ausser bei der im Dezember in Betrieb gehende Zugspitzenbahn keine neue grosse PB mit Fangbremse mehr gebaut wurde (kann mich allerdings irren, eben eine reine Vermutung).
Das Fangbremsen demnach bei neuen PB nur noch selten zu erwarten sind, wird dann auch kaum mehr in deren Weiterentwicklung investiert.
Wie ich es früher mal erwähnt habe, gehe ich davon aus, dass man sogar "intelligente" (d.h. SPS-gesteuerte) Verzögerungsgeregelte Fangbremsen einsetzen könnte. Damit wäre es möglich, die Risiken wesentlich zu mindern, da die Ansteuerung die jeweiligen Verhältnisse wie effektive Last, Steilheit, Fahrgeschwindigkeit, Fahrtrichtung, Position auf der Strecke (Abstand von Stationen bzw. Stützen und zusätzliche Neigungsgrenzen des Laufwerks), Tragseilriss berg- oder talseitig, usw. automatisch berücksichtigen kann.

Klar, dass man nicht unnötige Komplexität einführen soll, eine Fehlauslösung unter ungünstigen Bedingungen kann jedoch erhebliche Probleme bereiten.
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Re: fangbremsen

Beitrag von Lagorce »

Theo hat geschrieben:Gerne schreibe ich meinen Beitrag aus dem anderen Topic auch noch mal hier rein.
Nochmals besten Dank!

Die Fangbremsen sind halt so eine Weisheit für sich, denn sie dürfen ja auch nicht zu schnell wirken wenn die Bahn langsam unterwegs ist. Bei unserer SSB Bj 2013 wird das Auslösen der Fangbremsen elektronisch gesteuert, allerdings ist nur die Streckenposition ( oben weitaus steiler als unten ) massgebend. Bei einer FB-Auslösung bei Talfahrt fallen in der oberen Hälfte alle Bremsen gleichzeitig ein, unterhalb der Ausweiche nur mehr die Hälfte, was je nach Tempo auch noch viel zu viel ist.
Einerseits muss man grob bremsen damit das Ding nicht verreist wenn alles viel zu heiss wird weil es zu lange dauert, andrerseits bremst man viel zu brutal und hat dadurch dann gravierende Personenschäden.
Interessant, dass Streckenposition für die Auslösung berücksichtigt wird (vermutlich via Kopierwerk), jedoch nicht Fahrgeschwindigkeit (ggf. Istwert kurz vor Auslösung). Ferner könnte man problemlos redundante Neigungsmesser einsetzen, die sind kostengünstig und sehr zuverlässig (gewisse PB-Laufwerke sind ja auch mit Beschleunigungssensoren ausgestattet und ferner sind Zahlreiche Kabinen mit Inklinometern ausgerüstet, damit kann die Quer- und ggf. auch die Längspendelung gemessen werden).

Sind Bremsen ähnlich wie bei einer modernen PB ausgeführt, d.h. mit Tellerfederpakete vorgespannten Bremszangen die hydraulisch offengehalten werden, entweder direkt oder über ein einfaches Hebelsystem (bei Seilscheiben-SB und -BB findet man ja ebenfalls direkt (Bremsbelagträger oft am Zylinder montiert) sowie über Hebelarm wirkende Zangen)?
Gehe ich richtig davon aus, dass sämtliche Bremszangen bei Deiner SSB identisch vorgespannt sind?
Fallen bei Handauslösung sämtlich Bremsen ungestaffelt bedingunglos ein oder hat die Steuerung Vorrang bzgl. Staffelung?
Werden nebst Schlaffseil und Handauslösung andere Kriterien automatisch berücksichtigt (z.B. Übergeschwindigkeit, ist ja üblich mit mechanischen Zentrifugalauslöser bei älteren SSB)?
Verstehe ich das richtig, dass die eigentliche Auslösung ausschliesslich elektrisch erfolgt (d.h. kein mechanisch betätigtes Ventil)?

Sorry für die vielen Fragen.

Bremstest bei der SSB jährlich, da man dort im Gegensatz zu einer PB nicht auf den Tragseilen sondern auf den Schienen schleift und die halten gut was aus. Bis jetzt wurden zwei verschiedene Bremsungen gemacht, bei de mit Volllast FZ 30t und Sandkübel 16t, also insgesamt 46t wo gebremst werden sollen.

Bremsung 1 bei 12m/s: Bremszeit 4.6sec, Verzögerung 2.6m/s2, Anhalteweg 27.6 Meter.
Bremsung 2 bei 7m/s: Bremszeit 2.2sec, Verzögerung 3.2m/s, Anhalteweg 7.7 Meter.
Bei PB kann man die Fangbremse problemlos... im Stillstand betätigen (Tragseil und Bremsbeläge werden dabei nicht beschädigt).

Bei SSB sind Test sicherlich eindrücklich (erfolgen die mit leerem Fahrzeug oder ist eine Person an Bord?).
Da doch recht zügig gebremst wird, gibt es Probleme mit der Seilführung und Bremsbelagabnützung?
3.2 m/s2 ist recht hoch, allerdings spielt die Änderung der Verzögerung (Jerk in m/s3) für Passagiere ebenfalls eine Rolle.

Für eine PB müsste ich mich mal erkundigen wie die Verzögerungen bei Fangbremseneinfall je nach vorliegenden Bedingungen sind. Bei einer PB schaukelt zwar die Kabine auf, was für die Passagiere vorteilhaft ist. Im extremfall kann die Kabinendachkante kollidieren und durch gewollte und begrenzte Deformation einen Teil der Aufprallenergie aufnehmen ("Knautschzone"). Ist übrigens ggf. ein Auslegungskriterium. Weiss nicht ob mit einem Prototyp Teilaufbau destruktive Tests durchgeführt werden oder nur rechnerisch nachgewiesen wird.

Alle Fangbremsen sind nur mehr durch ständigen Hydraulikdruck geöffnet, mechanisch verspannte Fangbremsen gibt es keine mehr. Ich glaube diese Variante gab es nur deshalb weil früher die Kabinen in den Stationen nicht ständig mit Strom versorgt wurden und man nur so sicher sein konnte dass die Kabine in der Bergstation am Morgen nicht einen Nothalt wegen nachlassendem Öffnungsdruck hatte.
Vermute, dass alte SSB z.T. noch die Zahnkupplungen, mechanischen Zentrifugalschalter, usw. aufweisen. Logischerweise werden bei neuen SSB mechanisch einfachere hydraulisch offengehaltene Fangbremsen eingesetzt.

Weisst Du, ob bei gewissen SSB die Fangbremsen in den Stationen betriebsmässig geschlossen werden? In einem Video der 215 t SSB in Tierfehd sieht man wie sich die FB nach dem Stillstand langsam schliessen. Weiss jedoch nicht ob dies Standard ist oder nur in gewissen Fällen damit sich Fahrzeug während dem Warenumschlag nicht bewegt (bei nahezu 4 km Länge und doch etwas elastischem Zugseil).

Bei gewissen SSB wird bei dem sich in der Talstation befindendem Fahrzeug die Fangbremse blockiert, damit keine ungewollte Schlaffseilauslösung stattfindet. Weiss jedoch nicht, ob dies ausschliesslich SSB betrifft, bei denen in der Talstation auf Pufferendlage gefahren wird.
Ferner weisen gewisse SSB nur ein oberes Zusgeil auf (also ohne unteres Zugseil/Gegenseil).

Zusatz zu meinem gestrigen Beitrag.
Bei der PB kann es sein dass je nachdem ob die Fangbremsauslösung vom oberen oder unteren Zugseil kommt auch hydraulisch eine unterschiedliche Bremsung erzielt wird da man je nach Ventil wo aufgeht einen anderen Rückflusskanal und dementsprechend auch eine andere Bremsreihenfolge und Wirkung hat. Da bin ich dann allerdings gar nicht mehr sattelfest und das ist ja dann auch vom TL sein Ding, der hat ja dafür schliesslich all die Spezialausbildungen.
Da ich nicht im Seilbahnbereich tätig bin weiss ich auch nicht mehr dazu. Für technische Einzelheiten muss man oft auf die Herstellerunterlagen zurückgreifen, Seilbahnen sind doch viel komplexer und ausgeklügelter als man so von aussen betrachtet denken würde.
Nebst den dokumentierten Finessen kommt noch eine ganze Menge Praxiserfahrung sowohl seitens des Herstellers wie auch des Betriebspersonals dazu.
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Theo
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Re: fangbremsen

Beitrag von Theo »

Ach herrjeh, wo soll ich da anfangen? Am besten mal zuoberst, ich schreib jetzt mal so lange wie ich Lust habe, den Rest beantworte ich später.

Also zur SSB: Die Bremsen verfügen über wie Hebelarme wirkende Zangen. Der Sollöffnungsdruck ist übrigens 255 Bar.
Gehe ich richtig davon aus, dass sämtliche Bremszangen bei Deiner SSB identisch vorgespannt sind?
Ja, das ist richtig. Wir haben vorletzte Woche grad ein Fahrwerk gewechselt daher habe ich ein paar Zahlem im Kopf. Eine FB erzeugt einen Druck von 9t, durch die Hebelarme wird dieser aber auf 27t verdreifacht. Fangbremsen hat es pro Wagen übrigens 7. Das ergibt dann einen Bremsdruck auf den Schienen von 189t, was ziemlich genau das 4-fache der Last ist wo gebremst werden muss.
Fallen bei Handauslösung sämtlich Bremsen ungestaffelt bedingunglos ein oder hat die Steuerung Vorrang bzgl. Staffelung?

Da kommen alle praktisch gleichzeitig. Der kleine unterschied kommt eigentlich nur durch die unterschiedliche Distanz der FB zum Tank und zur Pumpe, welche sich in der Wagenmitte befinden.
Werden nebst Schlaffseil und Handauslösung andere Kriterien automatisch berücksichtigt (z.B. Übergeschwindigkeit, ist ja üblich mit mechanischen Zentrifugalauslöser bei älteren SSB)?
Die Übergeschwindigkeit ( gemessen am Wagen selber mittels zwei Tachos wo sich gegenseitig überwachen ) führt ebenfalls zu einer Fangbremsauslösung. Um auf Nummer sicher zu gehen sind die Tachos an den Wagen allerdings um 0.3m/s nach unten manipuliert. So stellt man sicher dass wenn z.B. die Steuerung zu spinnen anfängt und immer weiter beschleunigt zuerst bei 13.8m/s die Übergeschwindigkeit am Antrieb ausgelöst wird. Eine Ungleichheit der beiden Tachomessungen am Wagen erzeigt allerdings nur einen NH-BB.
Die alte SSB hatte, wie vermutet, Zentrifugalschalter.
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Re: fangbremsen

Beitrag von Theo »

Weiter geht's
Verstehe ich das richtig, dass die eigentliche Auslösung ausschliesslich elektrisch erfolgt (d.h. kein mechanisch betätigtes Ventil)?
Ja, das ist richtig, erst ein elektrischer Schalter betätigt dann die Ventile. Übrigens geht auch die Handauslösung über elektrische Drehschalter.
Bei PB kann man die Fangbremse problemlos... im Stillstand betätigen
Wird auch so gemacht um die Funktion zu überprüfen, blosBremsung kann man halt keine machen.
Vermute, dass alte SSB z.T. noch die Zahnkupplungen, mechanischen Zentrifugalschalter, usw. aufweisen.
Bei der alten SSB war es so dass sie zwar auch hydraulisch offen gehaltene Fangbremsen hatte, es jedoch ein mechanisches System gab dass beim bergwärts fahrenden Wagen die Fangbremse auch noch offen gelassen hat selbst wenn der gesamte Hydraulikdruck weg war. Erst wenn der Wagen sich talwärts bewegt hätte wäre die Fangbremse eingefallen. Im Brandkonzept für die Feuerwehr ging man damals davon aus, dass bei einem Brand in der Bergstation sich der in der Station stehende Wagen bei einem Zugseilriss ca. 5 - 10 Meter bewegen würde.
Weisst Du, ob bei gewissen SSB die Fangbremsen in den Stationen betriebsmässig geschlossen werden?
Wäre mir nicht bekannt und macht eigentlich auch keinen Sinn, abgesehen von deinem Beispiel wo es halt sehr wohl Sinn macht wenn man bei solch extremen Lasten nicht auch einer mechanischen Endlage steht.
Bei gewissen SSB wird bei dem sich in der Talstation befindendem Fahrzeug die Fangbremse blockiert, damit keine ungewollte Schlaffseilauslösung stattfindet.
Das Problem hatten wir auch, vor allem deshalb weil wir ein extrem schweres Zugseil mit einer Kupferseele haben. Der Projektleiter meinte zwar vorher dass es ohne dies Standortabhängige Blockierung ginge und er das genau ausgerechnet hätte aber nach dem dritten Versuch musste er dann doch kapitulieren, jedoch erst nachdem ich ihn irgendwann gegen halb elf am Abend himmeltraurig zusammen geschtaucht hatte. Zum Glück kennen wir uns schon seit der Schulzeit und am anderen Tag war das Intermezzo wieder vergessen.
Das Problem entsteht nur beim Fahren auf eine feste Endlage, solange man im Seil hängt sollte ja nichts passieren.
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Re: fangbremsen

Beitrag von Lagorce »

Besten Dank für Deine ausführliche und interessante Antwort. Antwort meinerseits folgt.

Als Intermezzo noch was seltenes vom diskreten Intimleben einer teilweise zerlegten Fangbremse (125er PB, 125-ATW). :)
Aussendurchmesser der Tellerfedern: 200 mm.
Die Gewindestangen und Druckplatten erlauben eine mechanischen Öffnung der Bremsbacken ohne Hydrauliköldruck (dient ebenfalls der Notöffnung auf der Strecke bei Hydraulikproblem). Für die Wartung bei abmontiertem Bremswagen wird eine Hochdruckhandpumpe zum Öffnen eingesetzt, danach kann man einfach kraftlos die Muttern auf die Gewindestangen drehen.

(Erläuterungen folgen später an dieser Stelle.)
Dateianhänge
Fangbremse teilzerlegt (Lagorce)
Fangbremse teilzerlegt (Lagorce)
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Re: fangbremsen

Beitrag von Lagorce »

Antwort auf Teil 1 folgt.
Theo hat geschrieben:
Verstehe ich das richtig, dass die eigentliche Auslösung ausschliesslich elektrisch erfolgt (d.h. kein mechanisch betätigtes Ventil)?
Ja, das ist richtig, erst ein elektrischer Schalter betätigt dann die Ventile. Übrigens geht auch die Handauslösung über elektrische Drehschalter.
Ist nachvollziehbar, dass sofern über Elektromagnetventil(e) ausgelöst wird, rein elektrisch angesteuert wird.
Interessant, dass ein Drehschalter anstelle eines Pilztasters (ggf. mit Schutzkragen) eingesetzt wird.
Frage mich allerdings, ob über Arbeistromventil(e) ausgelöst wird und falls ja, ob automatische Prüfsequenzen in den Stationen durchgeführt werden. Wird Redundanz verlangt mit Prüfung ohne Bremsung, wird es etwas aufwendiger, da man zweikanalig auslösen muss und zusätzlich während den Ventiltests Sperrventile aktivieren muss.
Welches SIL (so etwas wie Sicherheitsniveau, obwol in den Seilbahn-EN (für sog. CEN Bahnen) man AK findet, die nix mit den früher im Steuerungsbereich üblichen DIN AK zu tun haben) für FB-Ansteuerung erforderlich müsste man in den Normen nachschauen, da sowohl eine Fehlauslösung wie auch eine Nicht-Auslösung in Anforderungsfall "möglichst" zu verhindern sind.

Vermute, dass die SSB Fangbremsen nur für von Hand initiierte Testzwecke geschlossen werden (also kein automatischer Schliesstest mit darauffolgender Öffnung in der Stationen).

Bei PB kann man die Fangbremse problemlos... im Stillstand betätigen
Wird auch so gemacht um die Funktion zu überprüfen, blosBremsung kann man halt keine machen.
Statisch gibt es anscheinend keine Ablagerungsprobleme von Brembelagmetall auf das Tragseil und trotz des sehr hohen Klemmdrucks wird das Tragseil nicht beschädigt.

Vermute, dass alte SSB z.T. noch die Zahnkupplungen, mechanischen Zentrifugalschalter, usw. aufweisen.
Bei der alten SSB war es so dass sie zwar auch hydraulisch offen gehaltene Fangbremsen hatte, es jedoch ein mechanisches System gab dass beim bergwärts fahrenden Wagen die Fangbremse auch noch offen gelassen hat selbst wenn der gesamte Hydraulikdruck weg war. Erst wenn der Wagen sich talwärts bewegt hätte wäre die Fangbremse eingefallen. Im Brandkonzept für die Feuerwehr ging man damals davon aus, dass bei einem Brand in der Bergstation sich der in der Station stehende Wagen bei einem Zugseilriss ca. 5 - 10 Meter bewegen würde.
Ganz früher konnte man noch nicht mit vernünftigem Aufwand elektrisch ansteuern oder bzw. traute der Mechanik mehr, hier bezogen auf FB.

Insgesamt ist vermutlich eine korrekt ausgeführte elektrische Ansteuerung zuverlässiger als eine relativ aufwendige Mechanik und zudem auch weniger wartungsintensiv. Auch einfach aufgebaute Bremszangen sind sinvoller.
Da jedoch Ernstfall-Auslösungen (zum Glück) extrem selten sind, sind keine statistisch auswertbare Daten vorhanden.

Übrigens versagte der Seilkopf bei der Montmartre SSB in Paris (zwei unabhängige 1-spurige Schrägaufzüge mit Trommelwinde ohne Wickelapparat) während eines Tests. Verletzt wurde niemand, es entstand jedoch Sachschaden. Offizielle Berichte beim STRMTG oder BEA-TT sucht man dazu vergeblich, zumindest ist nichts online. Über diverse weitere Seilbahnzwischenfälle mit z.T. erheblichem Sachschaden findet man in Frankreich keine offiziellen Berichte online.
Allgemeiner RM Bericht über diese Bahn:
https://www.remontees-mecaniques.net/fo ... topic=4667

Weisst Du, ob bei gewissen SSB die Fangbremsen in den Stationen betriebsmässig geschlossen werden?
Wäre mir nicht bekannt und macht eigentlich auch keinen Sinn, abgesehen von deinem Beispiel wo es halt sehr wohl Sinn macht wenn man bei solch extremen Lasten nicht auch einer mechanischen Endlage steht.
Weiss nicht ob die 215 t SSB auf Endanschlag fährt, habe die nie gesehen. Allerdings kann man ab 2018 im Rahmen von Gruppen-Besuche im Pumpspeicherkraftwerk Linthal 2015 (Tierfehd) für ingesamt CHF 20.00 pro Person (inkl. Besuch) mit der SSB hin und zurück fahren (hab's auf http://www.standseilbahnen.ch entdeckt).
Bin da von Axpo sehr positiv überrascht.

Da das Laden und Entladen heikel sein können ist nachvollziehbar, weshalb man die FB in gewissen Fällen schliesst. Bereits geringfügige Fahrzeugbewegungen können u.U. eine Gefahr darstellen.
Zu beachten ist, dass die Fahrzeug-Konfiguration lastabhängig ist, zudem weiss man nicht, ob diese Festklemmung in Talstation automatisch oder nur in gewissen Fällen von Hand eingeleitet wird.

Bei gewissen SSB wird bei dem sich in der Talstation befindendem Fahrzeug die Fangbremse blockiert, damit keine ungewollte Schlaffseilauslösung stattfindet.
Das Problem hatten wir auch, vor allem deshalb weil wir ein extrem schweres Zugseil mit einer Kupferseele haben. Der Projektleiter meinte zwar vorher dass es ohne dies Standortabhängige Blockierung ginge und er das genau ausgerechnet hätte aber nach dem dritten Versuch musste er dann doch kapitulieren, jedoch erst nachdem ich ihn irgendwann gegen halb elf am Abend himmeltraurig zusammen geschtaucht hatte. Zum Glück kennen wir uns schon seit der Schulzeit und am anderen Tag war das Intermezzo wieder vergessen.
Das Problem entsteht nur beim Fahren auf eine feste Endlage, solange man im Seil hängt sollte ja nichts passieren.
:) Alles lässt sich halt nicht berechnen.
Für Seilbahnen und insbes. PB und SSB spielt trotz aller Komputermodelle und Berechnungen die Praxiserfahrung halt doch eine wesentliche Rolle. Man sehe in Frankreich wo relativ wenig PB in Betrieb sind wo aber gewisse Leute wie Denis Creissels mit Vorliebe auf exklusive unnötig komplizierte Sonderlösungen setzen... Lieber Evolution als Revolution. :)

Sprach mal mit einem technischen Leiter einer SSB der der Meinung war, dass mittlerweile nur noch sehr wenige hochqualifizierte praxiserfahrene Projektierer von SSB tätig sind.
Übrigens sind sehr viele SSB and grosse PB unter Einsatz gar keiner oder bzw. relativ einfacher Computerprogramme erstellt worden ohne, dass irgendwelche Dimensionierungsprobleme nachträglich entdeckt wurden.

Kupferseele ist interessant, gegenüber kompaktierter Kunststoffeinlage erlaubt dies eine Erhöhung des Metergewichts und hat den Vorteil, dass die magnetisch-induktive Seilprüfung nicht beeinflusst wird, da Kupfer amagnetisch ist. Bei Stahl würden Brüche erfasst obwohl diese bei der Seele keine Rolle spielen, da diese nicht zur Tragfähigkeit beiträgt (ist im "Ropeway
Technology" Fachbuch erläutert, Seile kenn ich nicht gut).


Hier noch ein Schlechtes Bedienbeispiel einer Leitner PB-Fangbremse:

Bild von der Bure PB Kabine (Neubau, nicht die Alte die während eines schweren Unfalls abstürzte weil die FB entfernt worden war) (falls Link gesplittet wird, Bild ist in der Reportage bereits ziemlich weit unten):
http://membres.remontees-mecaniques.net ... 20(13).JPG

Detailierte Reportage zu dieser Leitner PB hier (am Ende sieht man das heruntergefallene Tragseil sowie das entgleiste Zugseil der neuen PB):
https://www.remontees-mecaniques.net/fo ... 26524&st=0

Bin der Meinung. dass man bei einer echten Gefahresituation nicht mehr in der Lage ist, zu beurteilen, ob man Handauslösehebel der Fangbremse nach oben (4 Bremszangen) oder nach unten (2 Bremszangen) umlegen muss.

Diese ca. 4040 m lange PB verfügt übrigens trotz FB über eine fest abgespannte gespleisste Zugseilschlaufe, die lediglich von Hand nachgestellt wird (Hydraulikaggregat ist irgendwo ersichtlich, es wird nich aktiv ausgeregelt). Eine Spur für Kabine, die andere für Lastgehänge.

FUA/FWA ist übrigens wie bei der Montmartre SSB über Funk (Montmartre 2.4 GHz, Bure weiss ich nicht).
In CH sind Funk-FUA/FWA relativ selten (z.B. Grütschalp Winden-PB, die zudem eine SPS-angesteuerte FB hat, ATV hatte dies vor Jahren im Forum erwähnt).
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Re: fangbremsen

Beitrag von Lagorce »

Eine Zusammenstellung von J. Dubuisson zum Thema fangbremsenloser PB, PDF 150 S., teils in deutscher Sprache, mehrheitlich auf französisch:
https://jacquesdubuisson.files.wordpres ... nnexes.pdf

Website von M. Dubuisson ist hier mit weiteren PDF, insbes. betreffend Stahlseile:
https://jacquesdubuisson.wordpress.com/


Edit:
Kurzes PDF vom CH BAV (wurde vielleicht bereits erläutert):
https://www.bav.admin.ch/dam/bav/de/dok ... bremse.pdf
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Re: fangbremsen

Beitrag von Lagorce »

Über die Stabilität des Laufwerks von Zweiseilbahnen bei Tragseilbremsung
H. Wettstein in SBZ 1967-02-09
http://www.e-periodica.ch/cntmng?pid=sb ... 967:85::85

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Re: fangbremsen

Beitrag von Lagorce »

Geheimes Innenleben einer grossen Fangbremse. :)

Reservefangbremse während Revision, somit wird Betrieb nicht unterbrochen wird.

Montageort der demontierten mechanischen Endschaltern ist sichtbar. Bremszangen mechanisch in Offenstellung gehalten (Gewindestangen mit Druckplatten, die sind ebenfalls Bestandteil des Notöffnungswerkzeugs, das im jeweiligen Kabinenbodenkasten verstaut ist.

Öffnung sowie Offenhaltung ist direkt hydraulisch mittels Druckspeicher und bordbatteriegespiesene Gleichstrommotor-Pumpe (keine mechanische Verriegelung). Notfalls kann man von Hand mit der Handpumpe des Fangbremsenhydraulikaggregats im Dachkasten öffnen. Falls dies nicht gelingt kann man einen Hochdruckschlauch direkt beim der Fangbremsenhydraulik anschliessen und in letzter Instanz noch rein mechanisch mit den Gewindestangen und Muttern von Hand lösen, ist jedoch sehr zeitraubend und anstrengend.

Auslösung nur automatisch rein mechanisch über zwangsbetätigtes Schlaffseilauslöseventil talseits sowie über zwangsbetätigtes Schlaffseilauslöseventil bergseits, oder mit Handgriff in der Kabine (stets begleitete Fahrten). Foto des Auslöseventils ist im Seilkopf Topic (Seilkopf alleine ist ca. [Error: 80 kg] 50 kg schwer, ohne Montageteile wie Hohlachse, usw.).
Seilneigung von -9.29 % bis +103.19 %, 20'000 kg Wanderlast.

Der Freiraum zwischem dem Tragseil und den Bremsbelägen der Fangbremse beträgt weniger als 10 mm pro Seite. Durchmesser der Tellerfedern 200 mm.

Edit:
Seilkopf (Klemmkopf) komplett ohne Hohlachse und Montagezubehör ist ca. 50 kg schwer, nicht 80 kg (im Text korrigiert). Tellefedergewicht stimmt vermutlich nicht, ist glaub pro Fangbremsenwage ca. 200 kg bin aber wirklich nicht mehr sicher. Schreibe hier alles ohne nachzuschlagen.
Dateianhänge
Fangbremse_Detail_001.jpg
Bremswagen_001.jpg
Zuletzt geändert von Lagorce am 10.06.2021 - 01:22, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: fangbremsen

Beitrag von Christoph Lütz »

Vielen Dank für die Nahaufnahmen eines Von Roll-Bremswagen. Ich vermute mal, dass es sich um die Diablerets-Bahn von 1999 handelt.

Einige Anmerkungen dazu:
Die Firmen von Roll und Habegger hatten vor der Fusion im Jahr 1982 für ihre Pendelbahnen Laufwerke mit Bremswagen gebaut, deren Bremszangen unter ständigem Öldruck standen. Von Roll baute seine Bremswagen ab 1970, Habegger ab 1974 nach dem Unfall in Betten. Der technisch sehr komplizierte Von Roll-Bremswagen mit geregelter Bremse und hydraulischer Kraftübertragung ermögliche besonders kurze Gehänge, da infolge der Kraftregulierung die Kabinen in bestimmten Bremsfällen nicht so massiv an den Tragseilen anschlagen konnten. Habegger konzentrierte sich auf die Entwicklung von Bremsbelägen mit geringem Streuwert des Reibungswertes, um die nötige Bremskraft abschätzen zu können. Nach dem Vorbild einiger Anlagen in Italien übernahm Habegger zudem die Pollerverankerung der Zugseile am Laufwerk. Von Roll hat die Pollerverankerung nur am Kleinen Matterhorn und in New York realisiert. Nach der Fusion der beiden Unternehmen wurde nur noch der technisch einfacher gestaltete Bremswagen von Habegger weiter gebaut, vermutlich aus wirtschaftlichen Gründen.

Garaventa hatte weiterhin an seinen im Laufwerk integrierten Tragseilbremsen mit mechanischer Verriegelung und hydraulischem Öffnungszylinder in der Bauform von 1970 festgehalten. Die wissenschaftlichen Erkenntnisse der 1970er Jahre in der Schweiz führten aber bei Garaventa zur Entwicklung des nichtdruckübertragenden Gehänges. Die bisherigen Vergussköpfe wurden nach und nach durch die ETHZ-Klemmköpfe ersetzt. 1987 musste Garaventa für das Jumbo-Projekt in Verbier seine im Laufwerk integrierten Tragseilbremsen weiterentwickeln. Die neuen Bremszangen wurden dann ebenfalls nicht mehr mechanisch verriegelt. 1992 wurde die Bauform der Garaventa-Tragseilbremse von 1970 letztmalig neu gebaut (in Arosa, Titlis Rotair und in Wengen). Ab diesem Zeitpunkt wurde nur noch der neue Typ gebaut und später CEN-Zertifiziert.

Infolge der Fusion der ehemaligen drei großen Pendelbahn-Hersteller zur heutigen Doppelmayr-Garaventa-Gruppe wird von den drei sehr ausgereiften Schweizer Tragseilbremssystemen leider nur noch dasjenige von Garavanta neu gebaut. Die Habegger-Bremse kommt aber noch bei neuen Standseilbahnen zum Einsatz. Das ist sehr bedauerlich!

Die Konkurrenz (u. a. Waagner Biro, Steurer) hat zunächst die Garaventa-Tragseilbremse nachgebaut (z. B. in Bad Hofgastein), ist inzwischen aber eher zum Nachbau der Hölzl-Konstruktion von 1976 gekommen. Daneben gibt es insbesondere für Altanlagen den Fangbremstyp von Agudio, wie wir ihn jetzt aus Stresa kennen.
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Re: fangbremsen

Beitrag von Christoph Lütz »

In Frankreich beschäftigte man sich schon der lange mit der Überlegung, auf die Tragseilbremse bei Pendelbahnen zu verzichten. Zwischen 1977 und 1984 wurden von den Französischen Behörden Untersuchungen der spezifischen Sicherheit der Zugseilschleife an Pendelbahnen angestellt. Der erarbeitete Fehlerbaum forderte Lösungen für 79 offene Fragen, die vom Konstrukteur Pomagalski zu finden waren, um auf die Tragseilbremse bei großen Pendelbahnen verzichten zu können. Bei Projekt der 150er-PB Cime Caron hatte Poma 1982 noch Laufwerke mit Bremswagen von Habegger beschafft. Das Projekt einer 160er-PB in Courchevel konnte dann aber bereits 1985 ohne Tragseilbremsen realisiert werden. Folgende Neuentwicklungen hatte diese Anlage aufzuweisen:
- Befestigung der Laufwerke am Zugseil mittels doppeltem "Chapeau des Gendarme", Ergänzung durch Klemmen mit umgekehrter Krümmung
- regelmäßige magnetinduktive Prüfung des durchgehend gespleissten Zugseils
- Ständige elektronischen Überwachung des Zugmomentes der Zugseilschleife, um ein Hängenbleiben des Seils oder einer der Fahrzeuge zum erkennen
- Bewegliche Bahnsteigelemente, die die Fahrzeuge nach deren Einfahrt blockieren

Auch in Österreich und der Schweiz wurden etwa 10 Jahre später die ersten großen Pendelbahnen ohne Tragseilbremsen entwickelt (Pfänder, Cardada). Vorreiter waren dort Doppelmayr und Von Roll (inzwischen unter der Doppelmayr-Flagge). Garaventa hatte dagegen in Frankreich am Pic du Midi trotz gespleisster Zugseile noch Tragseilbremsen eingebaut, obwohl nicht vorgeschrieben. Seit der Fusion mit Doppelmayr 2002 gibt es aber auch in Goldau scheinbar keine einflussreichen Kräfte mehr, die einen konsequenten Bau von Tragseilbremsen an Pendelbahnen befürworten.

Letztlich fand die fangbremsenlose Pendelbahn dann Eingang in das Europäische Regelwerk. Nur Italien und Deutschland fordern noch verbindlich die Tragseilbremse. Ich befürchte, der Unfall in Stresa wird der Diskussion über den Sinn einer komplizierten Tragseilbremse wieder befeuern. Nach dem Motto "kein Zahn, keine Zahnschmerzen, kein Zahnarzt" werden dann wieder die Vorteile der fangbremsenlosen Pendelbahn ins Feld geführt. Schade, dass die eigentlich vorhandene Tragseilbremse in Stresa einen Unfall nicht verhindern konnte. Aber dann hätte sich niemand in der Presse und in der Bevölkerung für den Zwischenfall am Mottarone interessiert.
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Re: fangbremsen

Beitrag von NeusserGletscher »

Weshalb sind eigentlich bei 3s Bahnen keine Fangbremsen vorgeschrieben? Ist wegen des Wegfalls des Seilkopfes (Endlosseil) die Betriebssicherheit so hoch, dass man hierbei auf eine Fangbremse verzichten kann? Immerhin geht hier der Trend zu immer größeren Kabinen, so dass man immer mehr an die Größenordnung von kleinen Pendelbahnen heran kommt.
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Christoph Lütz
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Re: fangbremsen

Beitrag von Christoph Lütz »

NeusserGletscher hat geschrieben: 03.06.2021 - 09:29 Weshalb sind eigentlich bei 3s Bahnen keine Fangbremsen vorgeschrieben? Ist wegen des Wegfalls des Seilkopfes (Endlosseil) die Betriebssicherheit so hoch, dass man hierbei auf eine Fangbremse verzichten kann? Immerhin geht hier der Trend zu immer größeren Kabinen, so dass man immer mehr an die Größenordnung von kleinen Pendelbahnen heran kommt.
Die 3S-Bahn erfüllt mit ihrem gespleissten Zugseil und der Befestigung der Fahrzeuge über lösbare Klemme sowie dem großen Lichtraumprofil an den Stützen aufgrund des begleiterlosen Betriebes die wichtigsten Vorraussetzungen, um auf Tragseilbremsen verzichten zu können. Durch die gleichmäßige Verteilung der Fahrzeuge auf der Strecke treten wesentlich geringere Zugkräfte auf, als mit einzelnen schweren Großraumkabinen von Pendelbahnen.

Da in Italien die Tragseilbremse beim Zweiseilsystem (getrennte Trag- und Zugseile) trotz einheitlicher Europäischer Richtlinien weiterhin vorgeschrieben ist, wurden bei der Planung der ersten 2S-Bahnen der Fa. Leitner tatsächlich von den Aufsichtsbehörden Tragseilbremsen an den Fahrzeugen gefordert. Am Ende war diese Vorstellung nicht in der Praxis umsetzbar.

Die Großkabinen-Umlaufbahnen der Fa. Heckel (u. a. Schauinslandbahn von 1930) mit Kabinen für 23 Personen fuhren dagegen ursprünglich mit Schaffner und hatten Tragseilbremsen an den Laufwerken. Seit dem großen Umbau um 1990 und Reduzierung auf 11 Personen je Fahrzeug hat die Schauinslandbahn aber beides nicht mehr.
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Re: fangbremsen

Beitrag von Lagorce »

Vorspannung der Schlaffseilauslösung, ganz einfach und zuverlässig (weitere Fotos im Seilkopftopic). Nix Hydraulik, lediglich Gewindestange und Tellerfedern

Schlaffseil-Auslösung der Fangbremse erfolgt durch Hydraulikventil, die Vorspannkraft erfolgt rein mechanisch durch die Tellerfedern.

Bahn ist auf den Fotos ca. 15 Jahre alt, sieht jedoch wie neu aus. Wird allerdings eigentlich so gut und streng gewartet wie Flugzeuge.
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Schlaffseilausloesung_Vorspannung_001.jpg
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Re: fangbremsen

Beitrag von Lagorce »

Zusätzlich, da die seitliche Haltung der Tragseile eine Rolle in der Fangbremsendiskussion spielt:
Rollsecure von Von Roll Transportsysteme/Doppelmayr sowie Detailansicht Stütze.

Tragseildurchmesser: 62 mm.

Edit:
Laufwerk derselben 125-ATW mit geschlossener Fangbremse (Unterhaltsarbeiten).

Edit:
Detailansicht RollSecure sowie Klemmplatten eines Seilreiters (Zugseildurchmesser 62 mm), Klemmplatten sind identisch für die Seilreiter und die Rollsecure.
RollSecure sind selten und nur einsetzbar wo sehr eingeschränkte Längsbewegungen der Tragseile erwartet werden da der Ausgleichsweg sehr gering ist.

In Offenstellung der Bremsbacken der Fangbremse beträgt der seitliche Freiraum links und rechts zwischen dem Tragseil und dem Bremsbelag jeweils weniger als 10 mm und dies bei 62 mm Durchmesser Tragseil.
125-ATW 20'000 kg Wanderlast, 10 m/s reguläre Fahrgeschwindigkeit, Seilneigung: von -9.29 % bis +103.19 %, Länge längstes Seilfed 1710.16 m, Länge Seilsattel Stütze 3 (Foto): 24.7 m, Spurweite Tragseile: 700 mm, Spurweite: 13.20 m (konstant).

(Ebenfalls für funiforum.org, Node 253.)
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VonRoll_Doppelmayr_RollSecure.jpg
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Talseitig mit RollSecure, jedoch schlecht erkennbar (teilweise ganz links im Bild ersichtlich).
Talseitig mit RollSecure, jedoch schlecht erkennbar (teilweise ganz links im Bild ersichtlich).
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