Backup-Optionen bei Seilbahnen

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snowflat
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Backup-Optionen bei Seilbahnen

Beitrag von snowflat »

Backup-Optionen bei Seilbahnen

Teil I: Backup-Optionen in den Stationen

Zusammenfassung
Unter dem Begriff „Backup-Optionen“ werden die Möglichkeiten zur Erhöhung der Verfügbarkeit verstanden. Der erste Teil des Artikels gibt einen Überblick über die Backup-Optionen speziell in den Stationen, in erster Linie bei Einseilumlaufbahnen. Die zur Verfügung stehenden Backup-Optionen sind begrenzt, denn diese Seilbahnsysteme sind sehr zuverlässig, und man kann die meisten der Möglichkeiten leicht und schnell beschreiben. Beachtung sollte man jenen Backup-Optionen schenken, die einen Betrieb mit geringerer Förderleistung zur Rückbringung der Fahrgäste in die Stationen ermöglichen, um die Notwendigkeit von Bergemaßnahmen zu vermeiden.


1. Einleitung
Backup-Optionen werden für folgende Fälle vorgesehen:
• Rückbringung der Fahrgäste von der Strecke in die Stationen im Falle eines Defekts, um Bergemaßnahmen zu vermeiden,
• Weiterführen des Betriebes mit verringerter Förderleistung und Fahrgeschwindigkeit im Fall eines Defekts so lange, bis der Defekt repariert ist.
• Weiterführen des Betriebes mit voller Förderleistung trotz eines Defekts.
Dieser Artikel befasst sich mit den Backup-Optionen bei Einseilumlaufbahnen unter besonderer Berücksichtigung der Konfiguration des Wechselstrom-Antriebssystems. Einseilumlaufbahnen sind das gebräuchlichste Seilbahnsystem und das am meisten gebaute.
Die meisten der in diesem Artikel beschriebenen Backup-Optionen können mit entsprechenden Anpassungen auf andere Seilbahnsysteme angewandt werden, auch auf Gleichstrom-Antriebe.
Ein Reserveantrieb wird bei wichtigen Seilbahnen benötigt, wie bei solchen im städtischen Verkehr, für Bahnen zu bedeutenden Sehenswürdigkeiten und für Zubringerbahnen zu Skigebieten.
Viele solche Seilbahnen führen fast das ganze Jahr Betrieb (5.000 Stunden und mehr). Die Backup-Optionen bei den verschiedenen Antriebskonstellationen werden im zweiten Teil dieses Artikels beschrieben und analysiert (geplant für ISR 1/2008, Anm. d. Red.).

2. Allgemeines
Der Wechselstrom-Antrieb ist das bevorzugte Antriebssystem für Seilbahnen mit Ganzjahresbetrieb (mehr als 5.000 Stunden pro Jahr). Drehstrommotoren haben einen besseren Wirkungsgrad und benötigen weniger Wartung (keine Bürsten, verschlossene Motoren). Bei Drehstrommotoren können mehrere Möglichkeiten zur Erhöhung der Verfügbarkeit in Betracht gezogen werden.
Unterflur-Antriebe werden bevorzugt für Seilbahnen in heißen Gegenden (30°C und mehr) eingesetzt, des Weiteren für Bahnen mit Ganzjahresbetrieb. Bei Unterflur-Antrieben ist die Wartung und der Austausch von großen und schweren Bauteilen einfacher und schneller und der Geräuschpegel in der Station ist geringer.
Die wesentlichen Defekte oder Betriebsstörungen, denen man durch Backup-Optionen begegnen möchte, betreffen die beweglichen Bauteile (hauptsächlich zufolge Abnützung) und die elektrotechnischen Einrichtungen. Defekte, die innerhalb vertretbarer Zeit behoben werden können, brauchen keine besonderen Backup-Optionen (z. B. Austausch von Keilriemen, Luftreifen, Sensoren oder Schaltern). Das Versagen von Tragkonstruktionen ist unwahrscheinlich; es wird durch sachgemäße Planung und Berechnung vermieden. Grundsätzlich werden für ein Versagen von Tragkonstruktionen keine Backup-Optionen vorgesehen.

Unabhängig von der Antriebskonfiguration sind alle Seilbahnen mit einem Notantrieb ausgestattet, der die Rückbringung der Fahrgäste von der Strecke in die Stationen mit geringer Geschwindigkeit (üblicherweise mit etwa 1 m/s) ermöglicht [1], [2]. Der Notantrieb ist üblicherweise als Diesel-hydraulischer Antrieb mit einem Zahnkranz an der Antriebsscheibe ausgeführt. Er ist nicht für einen Dauerbetrieb ausgelegt.

3. Antriebselemente
Die wesentlichen Antriebselemente, bei denen Backup-Optionen relevant sind, sind die folgenden:
• Lager der Antriebsscheibe,
• Bremsen,
• Hauptwelle,
• Getriebe,
• Elektromotor,
• Stromrichter/Umrichter,
• Steuerung,
• Stromversorgung,
• Stationseinrichtungen zum Fahrzeugtransport in den Stationen (einschließlich Verzögerer und Beschleuniger)

3.1 Lagerung der Antriebsscheibe
Ein Lagerschaden führt dazu, dass ein weiterer Betrieb der Seilbahn nicht möglich ist; ein Weiterfahren könnte die Sicherheit beeinträchtigen und/oder zusätzliche Schäden verursachen. Das Versagen der Lager zwingt normalerweise dazu, die Bergung der auf der Strecke befindlichen Fahrgäste durchzuführen. Eine Lösung, um diesen Bergefall zu vermeiden, ist der Einbau von Notlauflagern, die einen Notbetrieb für eine begrenzte Zeit zur Rückbringung der Fahrgäste in die Stationen ermöglicht. Diese Notlauflager werden üblicherweise als Gleitlager ausgeführt, während die Hauptlager Wälzlager sind.
In den meisten Fällen können sich anbahnende Lagerschäden durch Geräusch- und Schwingungsmessungen (periodisch oder kontinuierlich) an den Lagern rechtzeitig erkannt werden [3].
Die Notlauflager sollten den Notbetrieb auch dann ermöglichen, wenn die Hauptlager vollständig blockieren.

3.2 Brakes Bremsen
Die Bremsen sind Sicherheitsbauteile, die eine Stillsetzung der Seilbahn in jedem Fall sicherstellen müssen, auch wenn ein Fehler auftritt. Aus diesem Grund sind sie immer als Passivbremsen ausgeführt (Bremskraft durch Freisetzen der Federkraft von vorgespannten Druckfedern), die zufolge eines Ruhestromkreises offen gehalten werden (die für die Bremsen erforderliche Energiezufuhr dient dem Lüften der Bremsen).
Darüber hinaus sind zwei Bremsen erforderlich: die Betriebsbremse und die Sicherheitsbremse. Die beiden Bremsen überwachen einander gegenseitig, was die Stillsetzung der Seilbahn auch im Fehlerfall garantieren soll. Es handelt sich hier also nicht um eine Backup-Option, um den Betrieb der Bahn weiterführen zu können, wenn bei einer Bremse ein Fehler auftritt. Backup-Optionen für die Bremssysteme gibt es eher im Bereich der Hydraulikaggregate: doppelte Ausführung von Elektromotor und Hydraulikpumpe, um die Versorgung mit dem erforderlichen Öldruck für das Öffnen der Bremsen sicherzustellen.

3.3 Getriebe-Hauptwelle
Eine lange, vertikal angeordnete Getriebe-Hauptwelle („Königswelle“) ist dort anzutreffen, wo der Antrieb unterhalb der Antriebsscheibe angeordnet ist (Unterflur-Antrieb). Bei Brückenantrieben ist das Getriebe direkt mit der Antriebsscheibe verbunden.
Im Falle eines Gebrechens an der Getriebehauptwelle können die Fahrgäste mit dem Notantrieb in die Stationen gebracht werden, wenn der Notantrieb auf einen Zahnkranz an der Antriebsscheibe und nicht über das Hauptgetriebe eintreibt. Es sollte die Möglichkeit geben, die Verbindung zwischen Hauptgetriebe und Antriebsscheibe schnell zu trennen. Gebrechen von Getriebewellen auf der Eintriebsseite (schnell drehende Wellen zwischen Motor(en) und Getriebe sind weniger kritisch und können ebenfalls betrieblich mit dem Notantrieb gemeistert werden.

3.4 Stromversorgung
Ein Ausfall der Stromversorgung kann entweder vom Netz oder von einem Fehler im Stromversorgungssystem der Seilbahn verursacht werden (z. B. Transformator, Hauptschalter).
Einem Netzausfall kann durch einen Dieselgenerator vorgebeugt werden. Die Entscheidung darüber, ob ein großes Notstromaggregat installiert werden soll, hängt von der Zuverlässigkeit und Verfügbarkeit der Netzversorgung und der Wichtigkeit der Seilbahn ab.
Im Falle eines Netzausfalles werden die Fahrgäste üblicherweise mit dem Notantrieb in die Stationen zurückgebracht.
In den USA sind die Seilbahnen meist mit einem Hilfsantrieb ausgestattet, der direkt mit einem Dieselmotor betrieben wird. Diese Lösung ist in Europa nicht üblich; sie ermöglicht lediglich einen Betrieb mit geringerer Förderleistung. So ein Hilfsantrieb ist dann problematisch, wenn er bei Seilbahnen angewandt wird, die aus mehreren zusammenhängenden Teilstrecken mit getrennten Antrieben bestehen. Die Lösung mit Diesel-Hilfsantrieb erfordert ein zusätzliches Getriebe zur Verbindung und Drehzahlanpassung des Dieselmotors mit dem Hauptgetriebe.

3.5 Steuerung
Die Steuerung moderner Seilbahnen ist zwei- oder dreikanalig ausgelegt und besitzt bereits Redundanzen für einen Betrieb mit reduzierten Funktionen. Defekte und Störungen der Steuerung können in relativ kurzer Zeit behoben werden, und heute ist es sogar möglich, die Reparatur über eine direkte Modem-Verbindung von der Seilbahnsteuerung zu den Spezialisten im Büro des Steuerungs-Herstellers durchführen zu lassen.
Wenn der Fehler nicht in vertretbarer Zeit behoben werden kann, können die Fahrgäste mit dem Notantrieb in die Stationen gebracht werden.

3.6 Transport der Fahrzeuge in den Stationen
Betriebsstörungen im Bereich der Stationseinrichtungen für den Fahrzeugtransport zufolge Abnützung können durch Austausch von Teilen eher schnell behoben werden (z. B. Keilriemen, Räder der Reifenförderer).
Der Antrieb der Fördereinrichtungen (einschließlich Beschleuniger und Verzögerer) erfolgt meist mechanisch über das Förder- oder Zugseil. Diese Methode garantiert die Synchronisation der Geschwindigkeiten und Beschleunigungen in den Fördereinrichtungen zur Seilgeschwindigkeit.
In jeder Endstation gibt es zwei derartige mechanische Antriebseinheiten, eine für die Einfahrseite, eine für die Ausfahrseite. Jede Einheit hat zwei oder drei parallele Keilriemen zur Erhöhung der Zuverlässigkeit und Verfügbarkeit. Heutzutage ist es nicht üblich, dass eine der beiden Antriebseinheiten als Backup für die andere Seite der Fördereinrichtungen dienen kann.

4. Backup-Optionen beim Antrieb
Für die Hauptelemente des Antriebes gibt es mehrere Backup-Optionen, die die Weiterführung des Betriebes mit voller oder reduzierter Leistung ermöglichen. Welche Konfiguration für eine bestimmte Situation die beste ist, ist nicht von vornherein klar; sie hängt stark von den Kosten und Anforderungen ab.
Die Hauptelemente des Antriebes – und dementsprechend die Backup-Optionen – sind:
• das/die Hauptgetriebe,
• der/die Elektromotor(en),
• Stromrichter/Umrichter.
Im zweiten Teil dieses Artikels werden wir einen Überblick über die möglichen Konfigurationen geben und die enthaltenen Redundanzen analysieren, um eine Optimierung vorzunehmen und die günstigste Lösung auswählen zu können.

5. Die Gegenstation
Die Gegenstation ist ähnlich aufgebaut wie die Antriebsstation, allerdings mit dem großen Unterschied, dass sie nicht den Antrieb enthält.
Bei Seilbahnen mit Unterflurantrieb befindet sich die Spanneinrichtung immer in der Gegenstation. Bei Seilbahnen mit Brückenantrieb kann sich die Spanneinrichtung auch in der Antriebsstation befinden. In diesem Fall ist die gesamte Antriebseinrichtung auf dem Spannwagen aufgebaut.
Die Backup-Optionen für die seilbahntechnischen Einrichtungen für den Transport der Fahrzeuge in der Gegenstation sind die gleichen wie in der Antriebsstation.

5.1 Spanneinrichtung
Bei modernen Seilbahnen besteht die Spanneinrichtung aus Hydraulikzylinder(n) und Hydraulikaggregat. Für den/die Hydraulikzylinder ist kein Backup vorgesehen. Für das Hydraulikaggregat (Pumpe und Motor) kann man ein Backup in Erwägung ziehen.

6. Conclusion Resümee
Moderne Seilbahnen sind grundsätzlich zuverlässig, und nur wenige Backup-Möglichkeiten stehen für die Antriebselemente – ausgenommen für Hauptgetriebe, Motor und Leistungselektronik selbst – zur Verfügung. Wert legen sollte man auf Backup-Optionen, die die Rückbringung von Fahrgästen von der Strecke in die Stationen ermöglichen und damit die Einleitung von Bergemaßnahmen vermeiden.
Adam Ringer (Übers.: Josef Nejez)

Bibliografie:
[1] OITAF: Heft 2 – Technische Empfehlungen für Einseilumlaufbahnen, Abs. 4.2
[2] EN 1909: Sicherheitsanforderungen für Seilbahnen für den Personenverkehr – Räumung und Bergung, Kap. 8
[3] SPM Instrument AB, Schweden (http://www.spminstrument.com)


Der Autor:
Adam Ringer ist Direktor von Bar Engineering Ca. Ltd und Ingenieurkonsulent für Seilbahnen, APM und andere Transportsysteme. Er war in den letzten 30 Jahren an der Planung und Errichtung fast aller Seilschwebebahnen und Standseilbahnen in Israel beteiligt.
Derzeit ist er Projektleiter der "Haifa Bay – Technion - University Ropeway", einer städtischen Seilbahn in Haifa/Israel. Die Seilbahn wird das Hauptverkehrszentrum von Haifa (Bahn-, Bus- und Straßenbahn) mit den zwei Universitäten am Gipfel des Mount Carmel verbinden.
Die Seilbahn wird als Einseilumlaufbahn mit 8er-Kabinen und einer Förderleistung von 2.500 P/h ausgeführt werden. Die gesamte Strecke ist in drei zusammenhängende Teilstrecken unterteilt und wird sechs Stationen aufweisen.
Die Überlegungen hinsichtlich der besten Backup-Möglichkeit für den Antrieb dieser Seilbahn veranlassten den Autor dazu, die Alternativen zu analysieren und eine eher unübliche und innovative Lösung für das Antriebssystem vorzuschlagen (beschrieben im 2. Teil seines Artikels).
Quelle: ISR
Kanada - 29.01.2017 bis 10.02.2017
Du kannst Dir Glück nicht kaufen. Aber Du kannst skifahren gehen und das ist ziemlich dasselbe!

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Beitrag von Yeti01 »

soweit so gut - is aber nichts neues.
Interressant aber, die ganze Thematik mal explizit herausgearbeitet zu sehen.
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transfer

Beitrag von GMD »

ATV hat geschrieben:
TPD hat geschrieben:Besonderheit: Skilift mit Notantrieb ?
Ziemlich sinnlose Sache.
Doch, das gibt es! Der BSL Laouissalet in Les Diablerets hat das. Grund: Er ist der einzige Rückbringer Richtung Les Diablerets und eine Abfahrt als Alternative gibt es nicht.
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transfer2

Beitrag von ATV »

Woher weisst du das?
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Re: LSAP 12.8.2009

Beitrag von GMD »

Derjenige, der nach dieser Besonderheit gefragt hat, hat es mir gesagt. Er ist ein sehr guter Kenner dieses Skigebiets.
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Re: LSAP 12.8.2009

Beitrag von ATV »

Die Definition "Notantrieb" ist genau definiert und für einen Skilift wirklich Sinnlos.
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Re: LSAP 12.8.2009

Beitrag von TPD »

ATV hat geschrieben:Die Definition "Notantrieb" ist genau definiert und für einen Skilift wirklich Sinnlos.
Ja, da hast Du sogar recht.
Aber bei welchen Anlagen wird dann überhaupt ein Notantrieb (streng nach Definition ) benötigt ?
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Re: LSAP 12.8.2009

Beitrag von ATV »

Notantrieb wirkt direkt auf die Umlenkscheibe damit auch bei einem Getriebeschaden gefahren werden kann. Notantrieb dient aber lediglich dazu die Gäste aus der Misslichen Lage zu befreien und nicht um damit eine Verbindung aufrecht zu erhalten. Regelbetrieb mit Notantrieb ist verboten da die Sicherheitseinrichtungen nur Beschränkt oder gar nicht funktionieren. Hilfsantriebe wirken direkt auf das Getriebe. Bei einem Getriebeschaden kann dann nicht mehr gefahren werden.
Notantriebe sind bei Skiliften insofern nutzlos, da sich kein Gast zu keinem Zeitpunkt in einer Situation befindet, aus der er sich nicht selber befreien kann. Wichtig währe ein Skilift mit Doppelantrieb. So kann man bei Stromausfall mit dem Verbrennungsmotor fahren und sonst normal mit dem Elektroantrieb.
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Re: LSAP 12.8.2009

Beitrag von TPD »

Dann hat es aber in der Verordnung 743.121.1 (Stand 2004) einen Druckfehler ;)
7.4 Hilfsantrieb
Antrieb mit eigener Energiequelle, der vom Getriebe des Hauptantriebes
unabhängig ist.
7.5 Notantrieb
Antrieb mit eigener Energiequelle, der den Hauptantrieb bewegt.
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Re: LSAP 12.8.2009

Beitrag von ATV »

Beschreibt 2mal das gleiche.
Der Hilfsantrieb muss nach der neuen Seilbahnverordnung auch mindestens 50% der Nenngeschwindigkeit fahren können. Steht auch nicht da.

Bild
Notantrieb.

Bild
Hilfsantrieb.
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Re: LSAP 12.8.2009

Beitrag von GMD »

Das mit dem selber befreien bei Schleppliften stimmt schon, aber beim BSL Laouissalet spielt die Lage eine Rolle. Er ist für die Verbindung Villars - Les Diablerets unumgänglich. Es gibt keine Ausweichmöglichkeit, weder in Form eines anderen Liftes oder einer Piste. Läuft er nicht, stecken die Wintersportler praktisch fest! Nach Les Diablerets käme man nur noch über den sehr langen, aufwändigen und im Skipass nicht inbegriffenen Umweg über Aigle. Darum hat dieser Skilift als Besonderheit einen alternativen Antrieb (ich nenn es mal so) um auch bei Ausfall des Hauptantriebes die Verbindung sicherzustellen.
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Re: Backup-Optionen bei Seilbahnen

Beitrag von ATV »

Unabhängig von der Antriebskonfiguration sind alle Seilbahnen mit einem Notantrieb ausgestattet, der die Rückbringung der Fahrgäste von der Strecke in die Stationen mit geringer Geschwindigkeit (üblicherweise mit etwa 1 m/s) ermöglicht [1], [2]. Der Notantrieb ist üblicherweise als Diesel-hydraulischer Antrieb mit einem Zahnkranz an der Antriebsscheibe ausgeführt. Er ist nicht für einen Dauerbetrieb ausgelegt.
Steht ja oben in Snowflats Post schon. Stimmt aber nicht ganz. Nicht JEDE Seilbahn besitzt einen Notantrieb, Skilifte mal ausgenommen.
Einem Netzausfall kann durch einen Dieselgenerator vorgebeugt werden. Die Entscheidung darüber, ob ein großes Notstromaggregat installiert werden soll, hängt von der Zuverlässigkeit und Verfügbarkeit der Netzversorgung und der Wichtigkeit der Seilbahn ab.
Im Falle eines Netzausfalles werden die Fahrgäste üblicherweise mit dem Notantrieb in die Stationen zurückgebracht.
In den USA sind die Seilbahnen meist mit einem Hilfsantrieb ausgestattet, der direkt mit einem Dieselmotor betrieben wird. Diese Lösung ist in Europa nicht üblich; sie ermöglicht lediglich einen Betrieb mit geringerer Förderleistung. So ein Hilfsantrieb ist dann problematisch, wenn er bei Seilbahnen angewandt wird, die aus mehreren zusammenhängenden Teilstrecken mit getrennten Antrieben bestehen. Die Lösung mit Diesel-Hilfsantrieb erfordert ein zusätzliches Getriebe zur Verbindung und Drehzahlanpassung des Dieselmotors mit dem Hauptgetriebe.
Hilfsantrieb wird ja beschrieben. Das Netz durch eine Notstromgruppe zu ersetzten haben andere auch schon versucht. Ging so lange bis man Tallast hatte. Bei Netzausfall ist eine Notstromgruppe witzlos da bei generatorischer Last kein Strom ins Netz zurückgespiesen werden kann. Damit eine Bremswirkung erzeugt wird muss der Strom irgend wo wieder "verbraucht" werden.
Hierfür braucht mann dann eine grössere Anzahl Bremswiderstände die den Strom in Wärme Umwandeln. Solches System besitzt die Luftseilbahn Disentis und ihr Pendant in der Türkei.
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Re: Backup-Optionen bei Seilbahnen

Beitrag von Pilatus »

Was passiert eigentlich wenn man eine grosse Menge Strom in ein zusammengebrochenes Netz reinpummt? Bzw. wieso bricht ein Netz überhaupt zusammen und wieso laufen dann nicht einfach alle angeschlossenen Verbraucher mit weniger Leistung?
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ATV
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Re: Backup-Optionen bei Seilbahnen

Beitrag von ATV »

Kannst du mir das Physikalisch erklären, wie man Strom in ein Netz pumpt?
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Re: Backup-Optionen bei Seilbahnen

Beitrag von Pilatus »

ATV hat geschrieben:Kannst du mir das Physikalisch erklären, wie man Strom in ein Netz pumpt?
Ja darum frage ich mich ja. Mein Wissen über Motoren beschränkt sich auf das was ich aus dem Physikunterricht kenne sowie dem eigenen Gebastel an Märklin Motoren. :wink:

Darum weiss ich nicht wie weit die Funktionsweise dieser kleinen Dinger auf grosse Industriemotoren übertragbar ist.

Aber wie funktionniert die Stromrückgewinnung mit einem Wechselstrommotor wenn das Stromnetz zusammenklappt? Das geht doch irgendwie gar nicht, da es schon Strom braucht, damit überhaupt der Stator zum Elektromagneten wird?

Beim Gleichstrommotoren ist der Stator ja ein Dauermagnet und es gibt automatisch Strom, sobald der Anker gedreht wird.

Oben steht nun, es brauche Bremswiederstände um den produzierten Strom zu verbrauchen. Aber ist dies bei einem Wechselstrommotor überhaupt nötig? Denn wenn das Stromsystem zusammenklappt dann hat der Stator des Elektromotors eh keinen Saft mehr drauf, d.h. er ist kein Magnet mehr. Somit hat er gar keinen Einfluss mehr auf die Elektronen in den Spulen des Ankers. Es findet keine "Pumpwirkung" mehr statt und somit wirken abgesehen von der Reibung gar keine Kräfte mehr auf den Anker, bzw. die Antriebswelle. Das heisst die Bremswirkung ist praktisch bei Null.
Ok, man könnte evtl. mit einem Notstromagregat den Stator unter Strom setzen. Dieser würde wieder zum Magneten "aktiviert" und man könnte Strom erzeugen.

Bei einem Gleichstrommotor ist das ganze viel einfacher, da der Stator ein Dauermagnet ist und somit sofort wirkt, sobald der Anker/Antriebswelle in Bewegung gerät.

Doch nun zu meiner ursprünglichen Frage: Angenommen die Stromproduktion mit dem Motor liefe nun an und dieser sei weiterhin an das normale Stromnetz angeschlossen. Was passiert falls in diesem Augenblick das Stromnetz zusammengebrochen ist und man trotzdem noch Strom einspeisst?
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ATV
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Re: Backup-Optionen bei Seilbahnen

Beitrag von ATV »

Elektrischer Strom:
http://de.wikipedia.org/wiki/Elektrischer_Strom

Asynchronmotor:
http://de.wikipedia.org/wiki/Drehstrom- ... onmaschine

Asynchrongenerator:
http://de.wikipedia.org/wiki/Asynchrongenerator

Das ist aber nicht das Problem. Es geht darum, das Netz durch einen Dieselgenerator zu ersetzten. Das geht schon, der Motor läuft damit. Aber sobald der Motor bei Tallast zu Generator wird funktioniert es nicht mehr. Der Generator als Bremse funktioniert nur, wenn er unter Last ist und unter Last ist er nur, wenn Strom vom Generator zum Verbraucher fliesst. Ist aber kein Verbraucher da, bremst auch nichts. Bestenfalls geht der Notromgenerator Kaputt. Um dem entgegen zu wirken, "simuliert" man ein Netz in Form von Widerständen.

Gleichstrommaschinen besitzen nur bei Kleinbauformen Dauermagnete, zum Beispiel die Spielzeugeisenbahn usw.

Bei Seilbahnen sind es meist Fremderregte Nebenschlussmotoren.
Hier werden Anker- und Erregerwicklung aus unterschiedlichen Spannungsquellen gespeist. Während bei der Nebenschlussmaschine die Erregerspannung gleich der Ankerspannung ist, kann man bei fremderregten Maschinen durch Verringerung des Erregerstroms (Feldschwächung) die Drehzahl erhöhen oder durch Verringerung der Ankerspannung absenken.
Drehmomentschwankungen ergeben geringe Drehzahländerungen.

ferner gehört dazu der http://de.wikipedia.org/wiki/Umformer#Leonardsatz bzw deren Erweiterung ohne Erregergenerator.

Aber ich glaube das gehört hier nicht in das Topic.
-> meine Fotos könnt ihr weiterhin auf meiner Webseite --> www.stahlseil.ch ansehen.
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Re: Backup-Optionen bei Seilbahnen

Beitrag von Lagorce »

PB125 Tortin - Col des Gentianes, in der Mitte der Reportage sind Bilder der drei Ersatzstromaggregate sowie deren Bedienpulte. Es wird eine gemeinsame Notschiene von den drei Notstromgruppen gespiesen. Ein ziemlich unübliches System für eine PB. An der Aiguille du Midi sind ebenfalls Nostromaggregate für die Antriebe installiert.
Bericht.PB125 Tortin - Col des Gentianes bei RM:
http://www.remontees-mecaniques.net/for ... wtopic=597

Wie es ATV bereits erläutert hat, können Ersatzstromaggregate keine Rückenergie aufnehmen (der Dieselmotor darf hier nicht vom Generator angetrieben werden, d.h. elektrisches Bremsen entfällt), der Rückleistungsschutz überwacht die Richtung des Energieflusses und öffnet den Generatorschalter (bzw. Generatorschütz bei kleinen bis mittelgrossen Ersatzstromgeneratoren) sobald der Generator in einen motorischen Betriebsquadrant übergeht. Je nach Rückleistungsschutzsystem sind sowohl die Rückleistungsgrenze sowie eine kleine Latenzzeit parametrierbar, damit bei normalen Ausregelvorgängen keine Fehlabschaltung erfolgt.

Im Normalbetrieb, sowohl bei 4-Quadranten Stromrichter wie 4-Quadranten Frequenzumrichter erfolgt i.d.R. bei elektrischer Bremsung eine Rückspeisung der Bremsenergie in das Netz. Netzfehler wie z.B. starke Spannungseinbrüche können bei Rückspeisebetrieb zu Störungen führen, insbes. bei Stromrichter (Kippen mit Sicherungsfall, manchmal mit.Thyristorschäden). Moderne Frequenzumforner mit IGBT Ein-/Rückspeiseeinheiten sind wesentlich unempfindlicher bzgl. Netzfehler und zudem erlauben sie eine Leistungsfaktorkompensation, dies unabhängig, ob der Antriebsmotor in Betrieb ist oder nicht (der Cos Phi wird als Sollwertparameter vorgegeben).

Bei Netzausfall darf aus Sicherheitsgründen nicht Zurückgespiesen werden, dies ist ebenfalls beim Netzparallelbetrieb von Notstromgruppen von Bedeutung. Bei Netzausfall während Parallelbetrieb muss automatisch sofort entweder auf Inselbetrieb umgeschaltet werden oder der Generatorschalter geöffnet werden.
Problematich wird es bei grosser Generatorleistung i.Vgl. zur lokalen Netzleistung (z.B. Kraftwerke, Windgeneratorparks usw.), in solchen Fällen werden spezielle Schutzrelais eingesetzt.

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Re: Backup-Optionen bei Seilbahnen

Beitrag von ATV »

Hi. PB125 Tortin - Col des Gentianes sieht mittlerweile etwas anders aus als auf den Fotos. Anstelle des Gleichstromantriebes steht jetzt ein Nigelnagelneuer AC-Drive mit 4-Quadranten Frequenzumrichter. Unüblich auch der Hilfsantrieb als DNK-Motor.
Zuletzt geändert von ATV am 14.08.2009 - 13:53, insgesamt 1-mal geändert.
-> meine Fotos könnt ihr weiterhin auf meiner Webseite --> www.stahlseil.ch ansehen.
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Re: Backup-Optionen bei Seilbahnen

Beitrag von Lagorce »

Es gibt neuerdings PB, für die kein Evakuirungskonzept mehr verlangt wird, d.h. man geht davon aus, dass eine Evakuirung derart unwahrscheinlich ist, dass man diese nicht berücksichtigen muss . Beispiel ist die PB200 Vanoise Express (Poma), über das Konzept wurde bereits.diskutiert (nennt sich "sauvetage intégré", sowas wie "integrierte Rettung").
Anscheinend hat Graventa-Doppelmayr ebenfalls ein solches System.

M.E. sollte man stets davon ausgehen, dass eine Bahn vollständig immobilisiert sein kann (siehe Zwischenfall Schilthornbahn). Unnütz komplizierte Antriebsstationstechnik mit teilweiser Redundanz und möglicherweise riskierten Zugseilmanipulationen (natürlich zudem noch fangbremsenlos) sind keineswegs eine Garantie, dass die Bahn niemals evakuirt werden muss.


Edit:
Bestend Dank für die Infos, die Reportage ist nicht von mir. War nur mal dort vor sehr langer Zeit. Haben die Bremswiderstände?
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Re: Backup-Optionen bei Seilbahnen

Beitrag von ATV »

Lagorce hat geschrieben:Bestend Dank für die Infos, die Reportage ist nicht von mir. War nur mal dort vor sehr langer Zeit. Haben die Bremswiderstände?
Werd ich nachschauen. Kanns dir nicht zu 100% Sagen. Auch nicht ob der DNK Hilfsantrieb noch vorhanden ist.
Lagorce hat geschrieben:M.E. sollte man stets davon ausgehen, dass eine Bahn vollständig immobilisiert sein kann (siehe Zwischenfall Schilthornbahn). Unnütz komplizierte Antriebsstationstechnik mit teilweiser Redundanz und möglicherweise riskierten Zugseilmanipulationen (natürlich zudem noch fangbremsenlos) sind keineswegs eine Garantie, dass die Bahn niemals evakuirt werden muss.
Da bin ich selbiger Meinung. Statistische Rechenspiele sind mir immer Suspekt da sie Murphy's Gesetz ausschliessen. Wenn etwas passiert, dann tritt immer der mit Abstand dümmste fall ein, und der wird leider nicht berücksichtigt. Was macht man zum Beispiel bei einem Brand im Maschinenraum beim Vanoise Express? Zugseilschaden? Tragseilschaden? usw.

Die Pendelbahn in Disentis besitzt einen Hauptantrieb (AC Dive) sowie einen Notantrieb (AC-Drive) Der Hauptantrieb wirkt auf die Antriebsscheibe. Der Notantrieb auf die Gegenscheibe des Antriebes. Beide Besitzen eigene Getriebe und Steuerungen sowie Frequenzumrichter. Bei Stromausfall kann die Bahn per Dieselnotstromgruppe gefahren werden entweder per Hauptantrieb (4m/s) oder per Notantrieb. Bei Generatorischer Last wird über eine Choppersteuerung der Strom auf grossen Bremswiderständen die sich an der Decke und Wand des Maschinenraumes befinden "verbraten". Wenn alle Stricke reissen und das Obergeschoss in Brand steht kann die Bahn per Steckbare Notsteuerung aus dem Maschinenraum gefahren werden. Das alles wurde nötig, damit die Bahn Fangbremsenlos gebaut werden konnte. Rein der Kostenfaktor hat dazu geführt, dass die nächsten grossen Pendelbahnen wieder mit Fangbremse ausgerüstet werden. Damit währen wir wieder bei den statistischen Rechenspielen von 4,25 statt 5,8 Toten auf weis nicht was. ;-)
-> meine Fotos könnt ihr weiterhin auf meiner Webseite --> www.stahlseil.ch ansehen.
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Re: Backup-Optionen bei Seilbahnen

Beitrag von Lagorce »

Das Thema "fangbremsenlos" wurde ausführlich diskutiert, ebenfalls auf RM. Dazu gibt es auch den bekannten Bericht. Fasst man eine lange Diskussion über Statistiken zusammen ist ersichtlich, dass die Bedeutung der Zahlen sehr fragwürdig ausfällt, denn zum Glück ist die Anzahl Unfälle derart gering, dass keine vernünftige statistische Schlussfolgerungen möglich sind. Ein einziger schwerer Unfall würde die Zahlen bereits wesentlich beeinflussen und zudem sind die Bahnen derart verschieden, dass das ganze onehin nicht representativ sein kann.

Ich gehe davon aus, dass spätestens beim nächsten Unfall die ganze Sache neu beurteilt wird. Anscheinend har der Pic de Bure Unfall nichts genutzt (was ja auch eine nicht öffentlich Bahn die dem Staat gehörte). Interessanterweise erfährt man nur wenig von Zwischenfällen in Frankreich.

Werden am Säntis die erwähnten Nostromgruppen nur für die Bahn eigesetzt oder handelt es sich um die Aggregate der Swisscom?
Edit: Sorry, du hast ja Disentis erwähnt, nicht die Säntisbahn.
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Re: Backup-Optionen bei Seilbahnen

Beitrag von Pilatus »

Jetzt habe ich aber noch eine Frage ;) Wenn eine PB-Kabine mit voller Ladung unterwegs ist (Gegenkabine ist leer) und das Netz zusammenbricht, dann müsste die Kabine ja eigentlich mit voller Geschwindigkeit Richtung Tal rasen, da der gesammte Widerstand des Motors zusammengebrochen ist und die Notstromagregate noch nicht angelaufen sind? Wie wird da gebremst? Kaum mit der Fangbremse, denn das funktionniert ja bei bei fangbremslosen Anlagen nicht.
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Re: Backup-Optionen bei Seilbahnen

Beitrag von ATV »

Das ist mehr als 3mal abgesichert. Sicher immer ein Nothalt. Einen nichtkontrollierten Zustand gibt es auch bei Netzausfall nicht. Die Steuerung bemerkt sowas sofort und setzt die Bahn selbstständig still. Auch der Frequenzumrichter ansich selber bemerkt solche Zustände. Wenns Blöd kommt nimmt es die Sicherung des Zwischenkreises. Es gibt es eine Momentüberwachung und für den Fall der Fälle eine elektrische Übergeschwindigkeits Auslösung bei 110% und wenn alles nichts nützt eine bei 120% mechanisch mit der man den Betriebsdruck der Sicherheitsbremse ablässt. Dieser Fall sollte aber NIE eintreffen sonst ist Grundlegend was falsch.
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Re: Backup-Optionen bei Seilbahnen

Beitrag von Lagorce »

Da Stromausfälle in der Sicherheitsanalyse als durchaus wahrscheinliche Ereignisse eingestuft werden, dürfen Netzstörungen zu keiner gefahrenbringende Situation führen.

Folgende Erläuterungen sind allgemeine Angaben, Einzelheiten sind Bahn- u. Steuerungsabhängig. Im Übrigen haben nicht alle Bahntypen regulierte Bremsen.
I.d.R. wird der gesamte sicherheitsrelevante Teil der Steuerung unterbruchsfrei mit Strom versorgt, typischerweise mit 24 V DC ab Batterien, ggf. sind zusätzlich 230 V USV (batteriegespiesene statische Wechselrichter) für gewisse PCs, Computerdisplays usw. vorhanden. Die Netzspannung wird 3-phasig mittels Überwachungsrelais überwacht und bei Störungen wie Spannungsabfälle, Phasenasymmetrie usw. wird die Fahrt unterbrochen, da normalerweise die Stromrichter bzw. die FU onehin so parametriert werden, dass bei Netzfehler eine Abschaltung erfolgt. Es gibt zwar Anwendungen, wo man den FU-Steuerteil ab Zwischenkreis speist und somit eine elektrische Abbremsung od. kurze Rückzugbewegung bei einer Werkzeugmaschine auch bei Netzausfall ermöglicht, wird z.B. bei Multi(servo)drives in Werkzeugmaschinen und Industrieroboter, damit werden Werkzeug-, Werkstück und Maschinenschäden vermeiden. Bei Bahnen ist dies nicht sinnvoll da ohne Chopper und Bremswiderstände keine elektrische Bremsung bei Netzausfall möglich ist.

Die Bremsregelung bleibt bei Netzausfall vollumfänglich verfügbar. Hydraulikventile benötigen sehr wenig Strom, die zur Bremsegelung erforderlichen Bremshydraulikdrücke werden mittels stickstoffvorgespannten Hydraulikdruckspeicher sichergestellt (die Brems- und, falls vorhanden, Spannhydraulikpumpem sowie weitere Drehstrommotoren fallen bei Netzausfall sofort aus). Hydraulikdruck wird nur zu Regulierung der Bremse benötigt, die Bremsanpresskraft selbst kommt von vorgespannten Tellerfederpaketen, Druckfedern oder, seltener, von Gegengewichten. Die Bremsregelung erlaubt eine in etwa konstante Verzögerung unabhängig vom Lastfall, dies mit oder ohne Unterstützung durch die elektrische Bremsung.

Die Geschwindigkeitsüberwachung sowie Positionserfassung und Auswertung, heutzutage meist eine elektronische Kopierwerkfunktion die in einer Sicherheits-SPS softwaremässing implementiert ist, sind redundant ausgeführt. Bahnen sind so konzipiert, dass eine failsafe Bremsung an jederzeit and jeder Stelle ohne Kollisionsrisiko in den Stationen gewährleistet ist.

Bei Betrieb mit Dieselmotor werden Batterien der Antriebsstation ggf. wieder aufgeladen. In gewissen Fällen mit hydrostatischen Antrieben findet man einen kleinen 3x400 V Drehstromsynchrongenerator der prioritäre 400 V Hilfskreise (Bremshydraulik usw.) versorgen kann. In diesem Fall ist die Drehzal wegen der erforderlichen 50 Hz Frequenz mit 1500 1/mn vorgegeben.
Die eigentliche Fahrgeschwindigkeit bei grossen Dieselhydraulischen Antrieben wird meist über Hubraumverstellung der Hydraulikpumpen und/oder -motoren verändert, dies unabhänging davon ob die Dieselmotordrehzahl variabel oder festeingestellt ist.

In der Gegenstation ist der Leistungsbedarf meist gering, ggf. findet man nebst den Batterien einen durch eine Seilrolle angetriebenn Generator (z.B. 24 V LkW Lichtmaschine). Ohne zusätzliche USV oder Notstromgruppe verfügt die Gegenstation bei Netzausfall nur über Batteriespannung (meist 24 V DC).

Falls die Batterien bei Netzausfall nicht mehr aufgeladen werden können, müssen diese eine genügende Kapazität aufweisen, um die Bahn evakuiren zu können.

Kabinen von PB sowie SSB verfügen über eigene Bordbatterien, die in den Stationen über Schleifer aufgeladen werden. Die Kapazitätsreserve muss ziemlich gross sein, denn gewisse Bahnen, wie z.B. die Schilthornbahnen, fahren sozusagen non-stop an gewissen Tagen.

Bei Totalausfall der Hilfsspannungen können sich die Bremswirkungen der Betriebsbremse und der Sicherheitsbremse überlagern, was zu erhöhten Beanspruchungen führen kann. Dieser Fall wird jedoch als ziemlich unwahrscheinlich eingestuft, da die Verfügbarkeit der Batteriespannung sehr hoch ist und kontinuirlich überwacht wird.
Da Servoventile nicht Failsafe sind ist die Bremsregelfunktion als solche nicht sicherheitsorientiert, da jedoch zusätzlich ein failsafe Ventil vorhanden ist, bleibt die Betriebsbremse auch bei Verlust der Bremsregelung funkionsfähig.

Die normalerweise vorhandene auf Fliehkrafteffekt beruhende mechanische Uebergeschwindigkeitsauslösung ist nach CEN leider nicht mehr obligatorisch und darf nun durch elektrische Überwachungen ersetzt werden. Unabhängig von Aussagen von probabilistischen Sicherheitsanalysen betrachte ich dies als ein Fehler, den somit entfällt die letzte nicht-elektrische Absicherung gegen Übergeschwindigkeit.
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Re: Backup-Optionen bei Seilbahnen

Beitrag von Ram-Brand »

Die Übergeschwindigkeit wird durch die Steuerung überwacht.
Ist diese zu groß wird halt die Sicherheitsbremse ausgelöst.

Das ist sicherlich einfacher und kostengünstiger als dies mechanisch zu machen.
Und trotzdem ist es genauso sicher, trotz deiner Bedenken, wie ich meine.
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