Bremsarten bei Seilbahnen

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Lagorce
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Re: Bremsarten bei Seilbahnen

Beitrag von Lagorce »

YouTube Link (bereits oben aufgeführt):

https://www.youtube.com/watch?v=ArpUig5BXtU

Weiss jemand, um welche Bahn es sich handelt, und in welchem Zusammenhang man so einen Test durchführte?
Beschädigt möglicherweise die Bremsscheibe, siehe thermische Auslegung gem. Herstellerangaben; Bremsbeläge sind vermutlich austauschreif (?). Ausser Bremsbeläge und Bremsscheibe wird m.E. nichts weiteres beschädigt.

Offensichtlich wird Hauptantrieb hier nicht freigeschaltet. Üblicherweise wird Hauptantrieb sofort freigeschaltet (sobald Betriebs- und/oder Sicherheitsbremse nicht mehr entweder in gelüfteter Endlage sind oder ggf. der Öffnungsdruck in der Hydraulik oder Pneumatik einen Mindestwert unterschreitet). Bei gewissen Bahnen wird während einer Bremsung mit geregelter Betriebbremse jedoch elektrisch gebremst, dabei bremst ggf. die BB soweit erforderlich falls mit der elektrischen Bremsung die vorgeschriebene Mindestverzögerung nicht erreicht werden kann. Regeltechnisch muss sichergestellt werden, dass bei Fehler im Antrieb, Motor nicht versehentlich in einem motorischen Quadranten betrieben werden kann (ansonsten würde es wie im Video aussehen).

markus
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Re: Bremsarten bei Seilbahnen

Beitrag von markus »

Das ist eine Leitner Anlage gewesen. Ich kann mich noch irgendwie dran erinnern dass das alles gewollt war. Evtl. erfrage ich das noch mal wo und wann das war.
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Talabfahrer
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Re: Bremsarten bei Seilbahnen

Beitrag von Talabfahrer »

In einem ziemlich neuen Kommentar zum verlinkten Video behauptet ein Youtube-Nutzer
benkendall01 hat geschrieben:Anthony Morrison sorry but wrong... this is a “betriebsnotbremse” which is the emergency brake on the motor for a standseilbahn (funicular)
Das ist so doch auch nicht richtig. Wenn ihr mal rausgefunden habt, welche Installation das tatsächlich war, dann würde ich eventuell dort eine Antwort reinstellen, sofern ihr damit einverstanden seid.
Der Autor des Videos "MrCapdunbony", anscheinend ein Spanier, muss ja irgendwas mit der Anlage oder dem Test zu tun gehabt haben, denn so ganz zufällig kommt man doch an solche Aufnahmen nicht ran. Auf dessen Youtube-Channel gibt es sonst nichts, außer dem legendären Video von der ungebremsten Sesselliftzerstörung.
markus
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Re: Bremsarten bei Seilbahnen

Beitrag von markus »

Die Bremse ist eindeutig die Betriebsbremse und nicht die Sicherheitsbremse.
Ich werde mal einen kollegen von Leitner anhauen, der weiß das vielleicht.
Lagorce
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Re: Bremsarten bei Seilbahnen

Beitrag von Lagorce »

Kann mir einfach nicht genau vorstellen, weshalb man den Hauptantrieb gegen die Betriebsbremse (BB) kämpfen lässt. Da es eine ältere Bahn ist, ist nahezu sicher, dass BB nicht zusammen mit "elektrischer Bremsung" kombiniert wirken darf.
Schreibe hier bewusst nicht "Elektrischer Halt" (EH) oder "Anhalten" (AH, AN), da diese Begriffe zumindest in CH definiert sind. EH ist normalerweise ein verzögerungsüberwachtes stillsetzen der Bahn rein mit dem Bremseffekt des elektrischen Hauptantriebs, also ohne Schliessen der Betriebsbremse (BB) und ohne Schliessen der Sicherheitsbremse (SB); Anhalten (AH, AN) ist im Grunde genommen eine abgeschwächte Version von EH wobei die Verzögerung ("Bremseffekt" in [m/s2]) formal gesehen nicht sicherheitsorientiert durch die Verzögerungsüberwachung überwacht werden muss. Ob diese Definitionen für CEN Bahnen gültig ist weiss ich nicht genau, z.T. wurden mit den neuen EN (europäische Normen) merkwürdige Anforderungen eingeführt, worüber z.T. sich sogar gewisse Experten nicht einig sind.

SB muss eigentlich stets auf eine Seilscheibe wirken, dessen Reibung unter allen Umständen genügend ist, um die vorgeschriebene Verzögerung einhalten zu können (meist entweder Antriebsscheibe oder, sofern reibungsanforderungen erfült werden, z.B. auch Gegenscheibe). Im Video wie es Markus erwähnt kann es sich nur um eine BB handeln. In den USA bezeichnet man glaub übrigens SB als "Emergency Brake" (Notbremse).

Im besprochenen Beispiel im Video gehe ich davon aus, dass man irgendwas im Schaltschrank mit Drahtbücken manipulieren musste, da normale Überbrückungen mit den Schlüsseln soviel ich weiss sowas nicht ermöglichen. Oder man blockierte Schützen und bediente den Stromrichter ab Display, usw.; es gibt diverse Möglichkeiten, eine Bahn zu beschädigen entweder mit unerlaubten Manipulationen an der Steuerung (siehe Hoher Kasten Stationskollision mit leerer Kabine) oder durch gewisse schwere Bedienfehler auf die hier näher eingegangen wird.

Aber eben, sehe den Zweck einer solchen Übung nicht ein, es sei dann, man ersetzte onehin Teile des Antriebs.

Besten Dank im voraus an Markus!

(BTW Meine Antwort im FB Topic folgt.)

Edit:
Englischsprachige Fachausdrücke in Seilbahnbereich sind sowas spezielles. Zwar setzt z.B. Doppelmayr nun auch vermehrt auf Englich (siehe all die ATW, CLD, CLF, usw.) wenn insbes. US-Amerikaner über Seilbahnen berichten werden z.T. sehr unübliche Fachausdrücke eingesetzt; ob die von den ANSI stammen weiss ich nicht, m.E. wäre es dennoch irgendwie sinnvoller gewesen, deutschsprachige Fachausdrücke beizubehalten, in der Gastronomie ist ja auch Französisch üblich und Englisch im IT Bereich.
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Re: Bremsarten bei Seilbahnen

Beitrag von Lagorce »

Beispiel einer rein mechanischen Übergeschwindigkeits-Auslösung der Sicherheitsbremse:

Zuerst nochmals eine Gesamtansicht:

Im Vordergrund die 2-rillige Gegenscheibe mit zwei jeweils um 180° versetzt angeordneten Bremseinheiten der ungeregelten Sicherheitsbremse.
Im Hintergrund die 2-rillige Hauptantriebsscheibe mit zwei jeweils um 180° versetzt angeordneten Bremseinheiten der geregelten Betriebsbremse (Regelung mittels echtem Druckservoventil mit Prallplatte und Düsen).

Seilscheibendurchmesser: 3150 mm (Neuzustand des Rillenfutters, auf Rillenboden gemessen); Zugseildurchmesser: 40 mm; Wanderlast: ca. 20 t pro Spur; Fahrgeschwindigkeit: max. 10 m/s im Seilfeld; max. 7 m/s bei Stützenüberfahrt.

Bild
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Re: Bremsarten bei Seilbahnen

Beitrag von Lagorce »

Einer der beiden identischen und identisch eingestellten Zentrifugalschalter (jeweils um 180° versetzt auf derselben Seite derselben Gegenscheibe angebracht).
Schwarzer zylindrischer Auslösebolzen in nicht ausgelöster Stellung (normale Betriebsstellung).
Einstellwert des Auslösepunktes: 115 %, entspricht 11.5 m/s.
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Zentrifugal-Auslöser (Lagorce)
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Re: Bremsarten bei Seilbahnen

Beitrag von Lagorce »

Zentrifugalauslöser und Schaltfahne des mechanischen Hydaulikventils.

Die Formgebung der Schaltfahne ermöglicht eine zwangsbetätigte (formschlüssige) fahrtrichtungsunabhängige Auslösung der Sicherheitsbremse bei Übergeschwindigkeit 115 %.
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Zentrifugal-Auslöser und Schaltfahne (Lagorce)
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Re: Bremsarten bei Seilbahnen

Beitrag von Lagorce »

Übergeschwindigkeitsauslöser Nr. 2 bei Vorbeifahrt hinter Auslösefahne.
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Zentrifugal-Auslöser bei Vorbeifahrt hinter der Schaltfahne (Lagorce)
Zentrifugal-Auslöser bei Vorbeifahrt hinter der Schaltfahne (Lagorce)
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Lagorce
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Re: Bremsarten bei Seilbahnen

Beitrag von Lagorce »

Hydraulisches 3/2-Wegeventil (Schnellschluss Sicherheitsbremse), das durch die Schaltfahne betätigt wird.

Bei Betätigung dieses mechanisch direkt gesteuerten Ventils wird bedingungslos und unverzögert die Bremlüftdruckleitung der Sicherheitsbremse direkt in den Hydrauliköltank des Bremshydraulikaggregats mittels eigener Leitung entlastet. Zudem wird die Verbindung zwischen der Sicherheitsbremslüftdruckleitung und den beiden Hydraulikzylindern der Sicherheitsbremse (je ein Zylinder pro Bremseinheit) unterbrochen.

Nach Auslösung muss Ventilbetätigung von Hand entriegelt und zurückgesetzt werden. Zudem muss der (oder ggf. beide) ausgelöste Zentrifugalauslöser (auch Zentrifugalschalter genannt) von Hand mittels Vierkantschlüssel zurückgesetzt werden (Aussenvierkant für die Rückstellung ist auf dem Bild nicht sichtbar).

Diese rein mechanische Übergeschwindigkeitsabsicherung kann steuerungstechnisch nicht elektrisch überbrückt werden.
Für Testzwecke kann der Hauptantrieb bis knapp über die Auslösegeschwindigkeit (hier 11.5 m/s) gefahren werden, dabei wird während dem Test die 110 % (hier 11.0 m/s) elektrische Übergeschwindigkeitsüberwachung überbrückt.

Bei sog. CEN Bahnen (d.h. Seilbahnen nach EN Normen) ist unter gewissen Voraussetzungen eine rein mechanische Übergeschwindigkeitsabsicherung nicht mehr erforderlich, was m.E. auf einer sicherheitstechnischen Fehlüberlegung beruht.
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Ausöseventil Sicherheitsbremse (Lagorce)
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Re: Bremsarten bei Seilbahnen

Beitrag von Seilbahnjunkie »

Blöde Frage, aber was schlägst du denn als Alternative vor?
Lagorce
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Re: Bremsarten bei Seilbahnen

Beitrag von Lagorce »

Wo keine mechanische selbsttätige Übergeschwindigkeitauslösung der Sicherheitsbremse vorgeschrieben wird, ist es ausreichend, sich auf die Geschwindigkeitsüberwachungsfunktion der Steuerung zu verlassen sofern gewisse Anforderungen erfüllt sind.
Dies wird bei modernen Steuerungen durch Sicherheits-SPS (entsprechend Anforderungen für SIL 3 bzw. PL e) gehandhabt. Dazu ist eine redundante Erfassung der Seilgeschwindigkeit erforderlich (weiss nicht, ob es ausreichend ist, die Seilgeschwindigkeit einkanalig zusammen mit z.B. Seilscheibeumfangsgeschwindigkeit zu erfassen.
Anstelle einer Sicherheits-SPS können auch herstellerspezifische Elektroniksubsysteme (wobei Zertifizierungsaufwand heutzutage sich nicht mehr lohnt, da eine SIL 3 SPS mit Encoder-Eingangmodul relativ preisgünstig ist) oder sicherheitszertifizierte Drehzahlüberwachungssysteme wie man sie u.a. z.B. für Turbinen und grosse Motoren einsetzt (von einfachen DIN-Schienenmodulen bis hin zu 2oo3 fehlertoleranten redundanten Systeme).

Die CEN sind m.E. z.T. nicht sehr logisch bezüglich Sicherheitsanforderungen für die verschiedenen Steuerungsfunktionen, in den Seilbahn-EN als AK aufgeführt, wie bereits erläutert sind diese AK seilbahnspezifisch, eigentlich wäre es weitaus sinnvoller gewesen, in den EN auf die altbekannten SIL zu beruhen insbes. da AK für Sicherheitssteuerungsspezialisten irreführend sind, da es früher eine andere und allgemein bekannte Defintion der AK gem. der vormaligen mittlerweile zurückgezogenen DIN V 19250 usw. gab).
Ein Steuerungshersteller hält sich an die CEN Vorgaben, damit entspricht er mal vereinfacht ausgedrückt dem Stand der Technik, ich selbst würde steuerungstechnisch bei gewissen Einzelheiten etwas strenger als die CEN es verlangen ausführen.

Rein steuerungstechnisch probabilistisch betrachtet wäre eine elektrische Übergeschwindigkeitsabsicherung völlig ausreichend (Sicherheitsbremse mit 2 Ruhestromventile), mein Standpunkt bezieht sich eher auf praktische Aspekte (insbes. menschliche Fehler während Inbetriebnahme, Softwarewartung, I/O-Forcing, Verdrahtungsfehler, usw.
Eine rein mechanische Lösung funktioniert jederzeit von der Steuerungstechnik vollständig unabhängig. Lediglich muss man während Tests darauf achten, dass nach Beendigung der Testläufe wieder alle Zentrifugalschalter frei auslösen können (Auslöser werden einzel getestet damit man sicher ist, dass alle funktionstüchtig und richtig kalibriert sind).

BTW bei Bergung mit Diesel wäre es IMO dennoch sinnvoll, im extremen Notfall noch die BB (Betriebsbremse) mittels klar bezeichnetem Handventil am Bremsaggregat schliessen zu können, trotz Risiko eine übermässigen Kombibremsung. Je nach Ausführung des Bremshydraulikaggregats ist es nicht mehr möglich mit sofortigem reflexartigem Eingriff im Notfall die BB zu schliessen sofern die SB (Sicherheitsbremse) ungenügend verzögert. Oft wird bei der Bergung die BB offen gehalten und nur noch mit der SB gearbeitet.
Zu beachten ist, dass verschiendene Bremsphilosophien existieren. ATV hatte früher mal dazu sehr interessantes geschrieben.
Murksey
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Re: Bremsarten bei Seilbahnen

Beitrag von Murksey »

Hallo zusammen,

bevor ich ein neues Topic aufmachen, grabe ich das hier mal wieder aus:

Dass es verschiedene Arten zum Anhalten/Bremsen von Bahnen gibt, ist mir nach durchlesen des Topics klar; ebenso auch, dass verschiedene Szenarien/Fehler verschiedene Bremsarten auslösen.

Wieso gibt es z.B. bei neueren DM Umlaufbahnen (z.B. aus der UniG Baureihe) an den Steuerpanelen auf dem Bahnsteig Knöpfe für Halt, Nothalt SB, Nothalt BB und auch den "normalen" Notaus-Schalter, den man von Maschinen aller Art kennt?
Ich meine falls wirklich ein Ereignis eintritt, bei dem man die Bahn sofort stillsetzen möchte, hat man doch als Bediensteter evtl. garnicht die Zeit zu überlegen, welche Bremsung erfolgen soll (mMn bräuchte es dafür sehr viel "Routine" was Bremsungen angeht). Würde hier nicht einfach ein Notaus reichen, der dann die benötigten Bremsen automatisch ansteuert?

Oder sind diese Knöpfe für andere Zwecke da?
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Theo
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Re: Bremsarten bei Seilbahnen

Beitrag von Theo »

Der "Notaus" wäre jetzt z.B. in der Schweiz mit "EH" ( für Elektrischer Halt ) angeschrieben. Dieser hat von allen vieren die grösste Verzögerung und ist deshalb, dort wo es mehrere Varianten gibt, logischerweise am Grössten ausgeführt und am Besten platziert. In der Schweiz ist üblicherweise draussen nur der "EH" alleine vorhanden. Ausnahmen sind die Steuerungen wo von DM oder Leitner selber kommen.
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Re: Bremsarten bei Seilbahnen

Beitrag von Chense »

Murksey hat geschrieben: 02.02.2020 - 17:57 Hallo zusammen,

bevor ich ein neues Topic aufmachen, grabe ich das hier mal wieder aus:

Dass es verschiedene Arten zum Anhalten/Bremsen von Bahnen gibt, ist mir nach durchlesen des Topics klar; ebenso auch, dass verschiedene Szenarien/Fehler verschiedene Bremsarten auslösen.

Wieso gibt es z.B. bei neueren DM Umlaufbahnen (z.B. aus der UniG Baureihe) an den Steuerpanelen auf dem Bahnsteig Knöpfe für Halt, Nothalt SB, Nothalt BB und auch den "normalen" Notaus-Schalter, den man von Maschinen aller Art kennt?
Ich meine falls wirklich ein Ereignis eintritt, bei dem man die Bahn sofort stillsetzen möchte, hat man doch als Bediensteter evtl. garnicht die Zeit zu überlegen, welche Bremsung erfolgen soll (mMn bräuchte es dafür sehr viel "Routine" was Bremsungen angeht). Würde hier nicht einfach ein Notaus reichen, der dann die benötigten Bremsen automatisch ansteuert?

Oder sind diese Knöpfe für andere Zwecke da?
Theo hats schon ganz gut erklärt von mir noch ein paar Anmerkungen dazu - es handelt sich hierbei um ein schnelles Absteuern des Motors nach einer Rampe die mindestens gleich steil ist (zumindest fast immer) wie die der beiden mechanischen Bremsen beim alleinigen Einfall einer Bremse.

Diese Rampe wird zusätzlich überwacht und sollte sie nicht eingehalten werden können fällt die Betriebsbremse dazu - ebenso fällt die Betriebsbremse beim Unterschreiten der Mindestgeschwindigkeit (0.3 m/s üblicherweise) ein und dient dann als Haltebremse.

Es handelt sich dabei also um die standardmässige Bremsung die früher über den Gefahr-Aus (der aber die SB anspricht) ging im Betrieb.

Der NH-BB ist oftmals garnichtmehr am Pult angebracht und wird eigentlich nur bei Bremsproben genutzt, während der NH-SB als 2. Instanz dient und meist so blöd platziert ist dass wenn man mal nicht aufs Pult schaut und schnell stehenbleiben will den gleich miterwischt.
Erst wenn der letzte SL stillgelegt,
die letzte PB abgebrochen,
und die letzte Piste modelliert ist,
werdet Ihr herausfinden, daß der Skisport tot ist!

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Re: Bremsarten bei Seilbahnen

Beitrag von Snowking99 »

Theo hat geschrieben: 02.02.2020 - 18:59 Der "Notaus" wäre jetzt z.B. in der Schweiz mit "EH" ( für Elektrischer Halt ) angeschrieben. Dieser hat von allen vieren die grösste Verzögerung und ist deshalb, dort wo es mehrere Varianten gibt, logischerweise am Grössten ausgeführt und am Besten platziert. In der Schweiz ist üblicherweise draussen nur der "EH" alleine vorhanden.
Das ist leider nicht korrekt!
Die Abschaltung "Nothalt elektrisch" nach CEN, welche der große Buzzer an den Steuerpanelen ist, ist nicht die härteste Abschaltung, laut der Norm muss sie nur einen verzögerungswert zwischen 1 - 1.2m/s^2 bringen. Dies genügt vollkommen für die meisten Abschaltungen die man selbst tätigt und da die Abschaltung kaum verschleiß hervorbringt, schließlich werden keine Bremsen benötigt, verbaut man hier den großen Schalter!
Das nothalt BB bringt eine Verzögerung von 1.25m/s^2
Das Nothalt SB ist weitaus die schärfste Abschaltung und ermöglicht Verzögerungen bis zu 2.5m/s^2, meist jedoch liegt die Einstellung auch bei um die 1.25m/s^2, was auch dem früheren österreichischen Gefahr Aus entspricht und vollkommen als schärfste Abschaltung ausreicht!
Mit Freundlichen Grüßen
Julian
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Re: Bremsarten bei Seilbahnen

Beitrag von Theo »

Eine Verzögrung mit 2.5m/s, da möchte ich gerne mal ein Video von der Bremsung und den Folgeschäden sehen. Klar lässt sich so was einstellen indem man die Tellerfederpakete zuschraubt bis zum geht nicht mehr, ob das Sinn macht ist eine andere Frage.

Gilt für die Schweiz und Umlaufbahnen. Der "AH" ( keine Ahnung warum solcher unbrauchbare Quatsch überhaupt Verbaut ist ) hat eine Verzögerung von ca. 0.4m/s, der "NH-BB" hat ca. 0.6m/s, der "NH-SB" ca. 0.8m/s und der "EH" 1.0m/s.
Bei grossen PB oder SSB mit Umformer und DC-Motor kann es sein dass es den "EH" nicht gibt sondern dass bei diesen der "NH-BB" der Schärfste ist. Das hat evt. mit der Stromrückgewinnung, repektive eben des nicht rückgewinnen wollens, zu tun weil man ja dort je nach Lastfall ziemlich viel Energie auf einmal bekommen würde und das EW dann nicht wüsste wohin damit. Genaueres müsste aber ein Elektrotechniker erklären, das ist mir dann schlicht zu hoch.

Edit:
Kann es sein dass du den Verzögerungswert von 2.5m/s nicht im Zusammenhang von einer Sicherheitsbremse sondern von einer Schienenbremse gehört hast? Da musste ich bei unserer SSB bei manchen Fehlermeldungen auch schon 2x schauen welches von beiden nun mit "SB" gemeint ist.
Anhaltezeit bei Einfall der Schienenbremse ist bei vollbeladenem Wagen ( ca. 45t Gesamtgewicht ), 60% Neigung und 12m/s 4.4 oder 4.8 Sekunden. Verzögerung demnach 2.5 oder 2.7m/s. Gesund ist das nicht.

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Re: Bremsarten bei Seilbahnen

Beitrag von sennah82 »

Snowking99 hat geschrieben: 06.02.2020 - 08:22
Theo hat geschrieben: 02.02.2020 - 18:59 Der "Notaus" wäre jetzt z.B. in der Schweiz mit "EH" ( für Elektrischer Halt ) angeschrieben. Dieser hat von allen vieren die grösste Verzögerung und ist deshalb, dort wo es mehrere Varianten gibt, logischerweise am Grössten ausgeführt und am Besten platziert. In der Schweiz ist üblicherweise draussen nur der "EH" alleine vorhanden.
Das nothalt BB bringt eine Verzögerung von 1.25m/s^2
Das Nothalt SB ist weitaus die schärfste Abschaltung und ermöglicht Verzögerungen bis zu 2.5m/s^2, meist jedoch liegt die Einstellung auch bei um die 1.25m/s^2, was auch dem früheren österreichischen Gefahr Aus entspricht und vollkommen als schärfste Abschaltung ausreicht!
Das gilt nicht pauschal für alle Anlagen, sondern die max. laut Norm zulässigen Verzögerungen. Im Gegensatz zum Nothalt Elektromotor kann bei den mechanischen Bremsungen nicht mehr die Verzögerung geregelt werden. Es spielen dabei auch die vorgesehenen Lastfälle sowie die spezifischen Eigenschaften der Anlage eine entscheidende Rolle wie die mech. Bremsen einzustellen sind.
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Re: Bremsarten bei Seilbahnen

Beitrag von markus »

Das ist Falsch. Schon malwas von einer geregelten Bremse gehört? Die funktionieren sehr wohl Last und Geschwindigkeitsabhängig.
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Re: Bremsarten bei Seilbahnen

Beitrag von sennah82 »

markus hat geschrieben: 11.02.2020 - 13:31 Das ist Falsch. Schon malwas von einer geregelten Bremse gehört? Die funktionieren sehr wohl Last und Geschwindigkeitsabhängig.
Bremsen können aber nur bremsen. Nur bei einer Bremsung mit dem Motor kann eine vorgegebene Verzögerung bei jedem Lastfall sichergestellt werden.
markus
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Re: Bremsarten bei Seilbahnen

Beitrag von markus »

Schon mal was von einer SPS Gesteuerten Bremse Gehört?
Bremsen können Geregelt Bremsen, die Fallen nicht einfach nur ein.
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Drahtseil
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Re: Bremsarten bei Seilbahnen

Beitrag von Drahtseil »

An einem Ablaufberg wird ja auch Last- und Geschwindigkeitsabhängig gebremst. Und das ganz ohne Motor.
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markus
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Re: Bremsarten bei Seilbahnen

Beitrag von markus »

Leider wird hier im Forum den Fachleuten nie geglaubt weil die selbsternannten spezialisten alles besser wissen. Hier ein paar Bilder unserer Bremsanlage.
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markus
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Re: Bremsarten bei Seilbahnen

Beitrag von markus »

Das grosse Aggregat ist die Zentrale der BB. Gergelt über Sps. Dafür sind die Ventilblöcke. Das kleine Aggregat ist die SI. Ungeregelt. Deshalb ist das Aggregat auch nur viertel so gross.
Auf der Visu ist auch zu erkennen dass es sich um eine Regelbremse handelt.
Verstanden?
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Spezialwidde
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Re: Bremsarten bei Seilbahnen

Beitrag von Spezialwidde »

markus hat geschrieben: 12.02.2020 - 08:36 Leider wird hier im Forum den Fachleuten nie geglaubt weil die selbsternannten spezialisten alles besser wissen. Hier ein paar Bilder unserer Bremsanlage.
Da ich absoluter Laie bin, deshalb hätte ich mal eine technische Frage an den Experten: Ich verstehe den Aufbau der Bremsanlage nicht ganz, gibt es denn nicht eine Art Speicherbremse, sprich Federspeicher, Hydraulikdruckspeicher (den vermute ich in diesem kleinen schwarzen Bauteil) oder was auch immer die einfällt wenn zb der Strom ausfällt oder sonstwie notgebremst wird? So ähnlich wie beim LKW wenn die Luft aus den Feserspeichern gelassen wird. Wenn ja, wie wird da denn eine Bremsleistungsregulierung realisiert? Oder ist die dann so dimensioniert dass sie nicht volle Kanne reinhaut?
Zuletzt geändert von Spezialwidde am 12.02.2020 - 14:38, insgesamt 1-mal geändert.
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