Urbane Seilbahnnetz mit Zielauswahl machbar?

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Chense
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Re: Urbane Seilbahnnetz mit Zielauswahl machbar?

Beitrag von Chense »

Lagorce hat geschrieben:
Seilbahnjunkie hat geschrieben:Das bringt nichts, in der Zeit die man braucht um die Gondeln aus dem Umlauf zu verschieben und wieder zurück kann man die Leute auch ein- und aussteigen lassen.
Nicht unbedingt. Das müsste man alles genauer durchrechnen.

Bei den bestehenden 3S Bahnen sind die Fahrbetriebsmittelabstände recht hoch, die könnte man stark reduzieren wobei dann Stützen, Tragseile und Zugseile dementsprechend stärker dimensioniert werden müssten.

Geht man von einer minimalen Verzögerung ("Worst Case") 0.5 [m/s2] und einer Fahrgeschwindigkeit von 7 [m/s] aus wären einiges geringere Abstände möglich.


Ob 9 [m/s] ohne weiteres möglich sind, müsste man genauer simulieren, dynamische Effekte sind wesentlich komplexer zu berechnen als bei einer Pendelbahn.
M.E. ist es technisch und auch von der Zulassung her einfacher mit 7 [m/s] zu fahren und dabei jedoch die FBM-Abstände zu reduzieren. Ferner erkauft man sich mit einer Erhöhung der Fahrgeschindigkeit vermutlich überproportionale Probleme.
Eine Verringerung der Fahrzeugabstände könnte auch eine Möglichkeit sein, dafür brauche ich aber keine Schnellweichen - ich denke alles im Bereich 20+ Sekunden dürfte auch bei 3S-Bahnen machbar sein, wenn die Bahnsteige entsprechend ausgelegt sind. - Fahrgeschwindigkeitserhöhungen wären aber auch in der Reisezeit interessant und gerade da haben Seilbahnen halt im ÖPNV ihre Probleme ...

Dass dort die dynamischen Effekte und der Verschleiß exponential ansteigen ist mir natürlich bekannt, sollte aber durch entsprechende Auslegung auch händelbar sein.
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Lagorce
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Re: Urbane Seilbahnnetz mit Zielauswahl machbar?

Beitrag von Lagorce »

Chense hat geschrieben:Eine Verringerung der Fahrzeugabstände könnte auch eine Möglichkeit sein, dafür brauche ich aber keine Schnellweichen - ich denke alles im Bereich 20+ Sekunden dürfte auch bei 3S-Bahnen machbar sein, wenn die Bahnsteige entsprechend ausgelegt sind. - Fahrgeschwindigkeitserhöhungen wären aber auch in der Reisezeit interessant und gerade da haben Seilbahnen halt im ÖPNV ihre Probleme ...
Die kommerzielle Transportgeschwindigkeit (Distanz von Station A nach Station B geteilt durch die effektive Fahrdauer) mit Bus oder Tram im Stadtverkehr ist auch nicht gerade beeindruckend und i.d.R. viel tiefer als man intuitiv vermuten würde.

Bei dem 125-ATW (125er Pendelbahn) Beispiel mit 90 [s] Haltezeit sind wir bei ca. 1.39 einsteigende Personen pro Sekunde und gleichzeitig ca, 1.39 aussteigende Personen pro Sekunde.
Würde man dies 1:1 auf eine 30-personen 3S Kabine umsetzen ergäbe dies 21.6 Sekunden.

Im urbanen Bereich ist zudem die Rollstuhlgängigket ein Thema, auch älteren Personen könnte ein Ein-/Ausstieg mit nicht stillstehendem FBM Probleme bereiten.
Deshalb betrachte ich den Paralleleinstieg, evtl. mit stehendem FBM, als sinnvolle Variante obwohl technisch aufwendig (sowohl bei konventionnellen Gondeln wie auch 2S und 3S Kabinen).

Als Beispiel, bei 3 [km] Streckenlänge bringt eine Erhöhung der Fahrgeschwindigkeit von 7 [m/s] auf 9 [m/s] (Unterschied ca. 29 [%]) ein Zeitersparnis von ca. 95 [s] (Fahrzeit auf der Strecke von ca. 429 [s] bzw. ca. 333 [s], Unterschied kommt von der Rundung), die kinetische Energie ist jedoch ca. 65 [%] höher.
Fahrzeitunterschied (auf Strecke) ist zwar ebenfalls ca. 29 [%], ob für eine Strecke von 3 [km] ein Zeitgewinn von etwa anderthalb Minute subjektiv als massgebend empfunden wird kann ich nicht beurteilen; auf die Dynamik und Bemessung der Anlage hat der 29 [%] Fahrgeschwindigkeitsunterschied jedoch vermutlich einen beträchtlichen Einfluss.

Dies lediglich als rechnerisches Beispiel.
Chense
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Re: Urbane Seilbahnnetz mit Zielauswahl machbar?

Beitrag von Chense »

Ich antworte dir wie auch allen anderen wie angekündigt nochmals detaillierte, da ich ja eben dieses Thema gerade bearbeite:

Das erste Problem ist, nun mal auf München bezogen, dass die meisten Fahrgäste die ich befragt habe die Seilbahn erstmal in Relation zur U-Bahn setzen und als langsam empfinden, da ist jeder Fahrzeitgewinn erheblich! Kapazitäten werden hingegen von den meisten Fahrgästen kaum beachtet.

Bezüglich "Rollstuhltransporten" eruiere ich gerade 2 Systeme, die die Möglichkeit enthalten, den "normalen" (was für ein Wort ...) Verkehr abzuwickeln, ohne für einzelne Fahrgäste aus welchen Gründen auch immer einen Stillstand in den Stationen zu bewirken. Diese werden aber nur beiläufig in meine Arbeit einfliessen sind aber für mich persönlich von Interesse.

Mir sind die Zusammenhänge durchaus bekannt, was Geschwindigkeit, kinetische Energie und eben auch Verschleiss und Ablauf betrifft, allerdings tendiere ich nach meinen Erfahrungen für den ÖPNV doch pro Geschwindigkeit und gegen FBM-Abstand auch mit den bekannten Nachteilen, da der ÖPNV u.a. aufgrund seiner Geschwindigkeit und weniger wegen der Kapazität abgelehnt wird und die Seilbahn hier rein subjektiv schon durch die Stationsdurchfahrten einen Nachteil hat, welcher aber objektiv kaum zu begründen ist. Der Nachteil in der Geschwindigkeit liegt klar auf der Strecke - Daher müssen sich Seilbahnen ja auch auf Trassen konzentrieren wo andere Systeme zeitmässig im Nachteil sind, obwohl die Strassenbahn welche Kapazitätsmässig gleich liegt in der Anschaffung deutlich teurer ist. (Vom Landschaftsverbrauch abgesehen!)
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Re: Urbane Seilbahnnetz mit Zielauswahl machbar?

Beitrag von Seilbahnjunkie »

Du kannst das aber nicht rein aus Sicht der Fahrgäste betrachten. Natürlich interessieren die sich nicht für die Kapazität einer Bahn, aber nur solange wie sie dann nicht in der Schlange am Einstieg stehen. Daher ist die Kapazitätsplanung schon sehr wichtig beim Bau eines Verkehrssystem. Und bei einer Seilbahn ist das noch wichtiger als bei anderen Systemen, weil man die später nicht mehr Aufrüsten kann, das hatten wir ja auch schon diskutiert.

Bei der Relevanz der Fahrgeschwindigkeit kommt es darauf an wie man die Strecke anlegt. Bei der Strecke die du in München planst sind ja die Stationsabstände sehr groß, größer sogar als bei einer typischen U-Bahn Strecke. Normalerweise würde man für den direkten Vergleich mit einer Straßenbahnstrecke aber eher von ein paar hundert Metern ausgehen müssen. Und dann verliert man einen größeren Teil der Fahrzeit durch die Stationen. Allerdings könnte man natürlich auch sagen, dass man genau dann zur Kompensation schneller fahren muss.

Das Empfinden der Fahrgäste würde ich was die subjektive Geschwindigkeit angeht ignorieren. Die meisten Leute schauen heute auf einer Website oder in einer App nach wie die beste Verbindung ist, und wenn da drin steht "fahr mit der Seilbahn", dann würden die das machen. Man muss da nur die Problematik mit den Umstiegen von klassischen Systemen mit großen Fahrzeugen und geringeren Taktabständen und der dadurch hervorgerufenen möglichen Wartezeit berücksichtigen, aber das hatten wir ja schon mal besprochen. Solange ich das aber in meinen Auskunftssystemen nicht ignoriere und damit für regelmäßige Anschlussverluste sorge werden die Kunden die Seilbahn nicht meiden weil sie sie als langsam empfinden.
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Re: Urbane Seilbahnnetz mit Zielauswahl machbar?

Beitrag von Chense »

Seilbahnjunkie hat geschrieben:Du kannst das aber nicht rein aus Sicht der Fahrgäste betrachten. Natürlich interessieren die sich nicht für die Kapazität einer Bahn, aber nur solange wie sie dann nicht in der Schlange am Einstieg stehen. Daher ist die Kapazitätsplanung schon sehr wichtig beim Bau eines Verkehrssystem. Und bei einer Seilbahn ist das noch wichtiger als bei anderen Systemen, weil man die später nicht mehr Aufrüsten kann, das hatten wir ja auch schon diskutiert.

Bei der Relevanz der Fahrgeschwindigkeit kommt es darauf an wie man die Strecke anlegt. Bei der Strecke die du in München planst sind ja die Stationsabstände sehr groß, größer sogar als bei einer typischen U-Bahn Strecke. Normalerweise würde man für den direkten Vergleich mit einer Straßenbahnstrecke aber eher von ein paar hundert Metern ausgehen müssen. Und dann verliert man einen größeren Teil der Fahrzeit durch die Stationen. Allerdings könnte man natürlich auch sagen, dass man genau dann zur Kompensation schneller fahren muss.

Das Empfinden der Fahrgäste würde ich was die subjektive Geschwindigkeit angeht ignorieren. Die meisten Leute schauen heute auf einer Website oder in einer App nach wie die beste Verbindung ist, und wenn da drin steht "fahr mit der Seilbahn", dann würden die das machen. Man muss da nur die Problematik mit den Umstiegen von klassischen Systemen mit großen Fahrzeugen und geringeren Taktabständen und der dadurch hervorgerufenen möglichen Wartezeit berücksichtigen, aber das hatten wir ja schon mal besprochen. Solange ich das aber in meinen Auskunftssystemen nicht ignoriere und damit für regelmäßige Anschlussverluste sorge werden die Kunden die Seilbahn nicht meiden weil sie sie als langsam empfinden.
Ich glaube du hast mich etwas missverstanden - Natürlich ist die Kapazität absolut wichtig! Aber da die Geschwindigkeit ebenso wichtig ist, würde ich eben eher höhere Geschwindigkeiten als kürzere FBM-Abstände präferieren. (wobei man die Bahnen ja immernoch so auslegen kann und im ÖPNV auch sollte, dass nachher kürzere FBM-Abstände noch möglich wären).

Ich muss ja auch zugeben, dass obwohl die Entscheidung eigentlich für Fröttmaning gefallen ist, ich bei meinen Gedankengängen immernoch auch die MAN-Erschliessung etwas einbeziehe und bei der dortigen Streckenlänge machte eine Erhöhung der Fahrgeschwindigkeit doch gleich mal 5 Minuten Fahrzeit auf der Strecke aus, wobei dort der Geschwindigkeitstechnische Vorteil der Seilbahn gegenüber den bestehenden Öffentlichen sowieso eklatant wäre und die Bahn in gewissem Sinne eher in Konkurrenz zum Straßenverkehr treten würde. (Bin ich bereit mein Auto abzustellen und mit der Seilbahn zu fahren, um mir den Stress im Stau zu ersparen und in sicheren 20 Minuten ans Ziel zu kommen statt 15 min - 1 Stunde zu brauchen?)

Das subjektive Empfinden haben wir da etwas unterschiedlich eingeschätzt - Hier bezog ich mich vllt. auch schlampig ausgedrückt nicht rein auf die Seilbahn, sondern allgemein auf den ÖPNV der als langsam empfunden wird, weil die meisten Menschen nicht zu schätzen wissen, dass der nicht straßengebundene ÖPNV nahezu konstante Fahrzeiten erreicht, während man mit dem Auto immer von der "Bestzeit" ausgeht (ich kenn das ja selber, dass ich meine Strecke von Zuhause zur A8 immer die im besten Falle möglichen 15 Minuten annehme, obwohl realistisch in normalen Verkehrszeiten kaum weniger als 30 Minuten erreichbar sind und oft genug mit 45+ Minuten in Stosszeiten auch mit über 1 Stunde gerechnet werden muss, während ich mit den öffentlichen inklusive Fusswegen und kurzer Wartezeit auf die Bahn für die gleiche Strecke konstante 25 Minuten brauche. Aber mit denen bin ich ja theoretisch wenn Weihnachten und Ostern auf einen Tag fallen dann fast doppelt so lange unterwegs). Daher muss man dem Fahrgast einerseits durch bewerben, andererseits durch beweisen und letztendlich auch durch das "Image" klarmachen, dass sein subjektives Gefühl eben falsch ist.
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