Bevor ich aber zu der genialen Abfahrt und den Bedingungen dort komme, ein paar Bilder von der Strecke von Martigny nach Chamonix - besser und schöner kann man wohl nicht nach Chamonix anreisen:
^^Strecke
^^ Früh in Martigny, Wetter noch nicht so schön - ob die prognostizierten 7h halten werden?
Man sieht hier übrigens schon die Strecke zum Col de la Forclaz.
^^ Hoch durch die Weinberge. Noch können wir uns den heutigen Tag gar nicht richtig vorstellen.
^^ Doch spätestens wenn man die französische Grenze passiert werden die Schneewände immer höher und vor allem die Berge immer höher. Es kommen zahlreiche steile Gipfel zum Vorschein.
^^ Ins Blickfeld gerät als erstes das Skigebiet Grand Montets mit der beeindruckenden Aiguille Verte, die mit 4.121m alles andere als grün ist. Das Skigebiet an sich ist beeindruckend nordseitig ausgerichtet, mit Blick direkt auf den Glacier d`Argientière und fast ausschließlich schwierigen Pisten. Sicher auch beeindruckend hier mal ein paar Schwünge zu ziehen, die Bergstation liegt immerhin auch auf 3.275m Höhe!
^^ Argentière, auf 1.200m gelegen. Man spürt hier schon einen gewissen Flair im Ort - Alpinismus ist hier allgegenwärtig.
^^ Angekommen an der Talstation von Aiguille du Midi um halb 9.
^^ Welcome at la teléferique du Aiguille du Midi. Mit einem Höhenunterschied von 2.800m innerhalb von 20 Minuten sicher unschlagbar in den Alpen.
^^ Es herrscht die angemessene Aufgeregtheit vor einer der spektakulärsten Abfahrten der Alpen. Viele Gruppen treffen sich um diese Zeit - man sieht allerdings auch schon viele, die hier eigentlich nichts verloren hatten. Dazu gleich mehr. Als ich den reservierten Pass abholen wollte, wurde ich etwas forsch zurückgewiesen - ich sei viel zu früh. 20 Minuten vor Abfahrtszeit sollte man sich eigentlich einfinden, ich könne aber schon vorher fahren, weil wenig los sei... nun gut... bleibt genug Zeit zur Vorbereitung.
^^ Wohl einer der beeindruckensten Seilbahnstationen der Alpen - ein durchgestylter Berg auf knapp 4.000m. Sicher um einiges besser erschlossen als das Klein Matterhorn, das den Titel der höchsten Seilbahnstation mit 3.820m vor der Aiguille du Midi mit 3.777m inne hat, was aber vom direkten Tiefblick ins Chamonix Tal und auf Mont Blanc sicher um ein vielfaches übertrumpft wird. Für mich zumindest ist das der eigentliche König der Alpen!
^^ Preparation time am kostenlosen Parkplatz, den wir gefunden haben. Im Blick von meinem Kollegen lässt sich auch unsere zugegebenermaßen vorhandene Nervosität erkennen. Denn, kommen wir zum eigentlichen Highlight:
Das Vallée Blanche
Für viele stellen die 20km umfassende Strecke und die bei voller Länge befahrbaren 2.800 Höhenmeter das skifahrerische Highlight der Alpen dar. Die wohl bekannteste Freeride-Abfahrt der Alpen lockt deswegen natürlich auch entsprechend viele Leute nach Chamonix. Zu viele Zeitungen und Reportagen berichten über die Abfahrt und auch wir wollten natürlich einmal in unserer Ski-Karriere diesen Run machen. Wir wussten auch, dass das Berg und Naturerlebnis im Vodergrund steht, und nicht die Schwierigkeit der Abfahrt an sich. Im Vorfeld habe ich schon einige Berichte gelesen, bei den meisten ehrlich geschriebenen wurde darauf hingewiesen, dass bei guten Bedingungen ein Guide nicht unbedingt notwendig sei. Wir buchten auch keinen Guide, aber die Bilder vom Abstieg von der Bergstation und die Stimmung vor Ort an der Talstation liesen uns dann aber doch ein gewisses mulmiges Gefühl in der Magengegend aufkommen. War es die richtige Entscheidung? Waren wir die eigentlich größten Touristen hier am Berg oder sollte die Entscheidung richtig sein und die Guides hier einfach nur leichtes Geld machen?
Die Antwort vorneweg: Ja - es war die richtige Entscheidung! Mit entsprechender Trittsicherheit in Skischuhen und einem gewissen Respekt vor dem hochalpinen Gelände ist ein Guide bei dieser Abfahrt unter den vorgefundenen Bedingungen nicht notwendig: Sonnenschein, keine Wolke am Himmel, kein Neuschnee, stabile Wetterlage!
Der größte Unsicherheitsfaktor am Berg ist an solchen Tagen sicher der Mensch und die Mitmenschen selbst. Du bist auf dem schmalen Abstieg mit Tiefblick auf das 2.800m tiefer gelegene Chamonix einfach nicht alleine. In einer gebuchten Gruppe aber erst recht nicht. Wir hätten keinerlei Wahl auf unsere Mitstreiter gehabt, wären angewiesen auf eine Gruppendynamik und hätten die Uhrzeit der Abfahrt nicht frei wählen können. So war die späte Auffahrt um 10 Uhr sogar die beste unserer Entscheidungen, denn: Die zahlreichen Touristengruppen waren bereits weg und wir hatten oben am Gipfel genug Zeit um uns an die Höhe zu gewöhnen.
Trotzdem, ich gebe es offen und ehrlich zu: Wir waren sehr angespannt!
Ich zitiere noch gerne den Wikipedia Eintrag:
Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Vall%C3%A9e_BlancheDie Gefahren bestehen hauptsächlich in den zahlreichen Gletscherspalten, Orientierungsverlust bei Schlechtwetter sowie potentiellen Séracstürzen. Auch der Einstieg in die Abfahrt ist gefährlich, da von der Bergstation der Seilbahn zunächst noch ein mehrere hundert Meter langer, scharfer und ausgesetzter Firngrat (l'Arête de l'Aiguille du Midi) überwunden werden muss. Die Abfahrt wird daher Skifahrern ohne ausgesprochene alpinistische Erfahrung nur in Begleitung eines qualifizierten Bergführers empfohlen. Tatsächlich sind Führungen durch das Vallée Blanche eine wichtige Einkommensquelle der zahlreichen Bergführerbüros in Chamonix.
^^ Blick von der Mittelstation Plan de l`Aiguille 2.317m auf die Bergstation mit dem Gipfel auf 3.842m.
^^ Eine unglaubliche Seilbahnanlage ohne einziger Stütze.
^^ Oben angekommen. Auch ich merkte den rasch überwundenen Höhenunterschied.
^^ Touristen und wir laufen zunächst durch einen kleinen Tunnel Richtung Brücke.
^^ Von dort gibt es gleich den Blick auf den Firngrat mit der Menschenkette, die uns eigentlich am meisten Sorgen bereitete.
^^ Informationstafel über die Ausrüstungsempfehlung für das Vallée Blanche.
^^ Und da ist er - der Blick über unendlich weiße Gletscherwelten. Rechts zu sehen die Spuren der klassischen Variante um den in der Mitte liegenden Gros Rognon.
^^ Der Blick auf den höchsten Berg der Alpen: Mont Blanc 4.810m
Wie wenig die Touristen hier über die Berge wissen, zeigt das Beispiel: Ich sage zu Besucher, sie mögen doch bitte ein Bild von uns machen, im Hintergrund der Mont Blanc. "We are not on the Mont Blanc?"
"No, this is just Aiguille du Midi - Mont Blanc is behind us!"
Gelächter... nun gut!
^^ Der Tiefblick nach Chamonix...
^^ ... und die sichtbare Angespanntheit bei meinem Kollegen. Auch er brauchte etwas, um mit der Höhe klar zu kommen. Vielmehr hatten wir für uns aber noch nicht die Frage beantwortet, ob wir die eigentlich größten Touristen hier sind...
^^ ... denn um uns herum bereiten sich andere Gruppen auf die Abfahrt vor, und tragen alle Klettergurt und diese hier bekommen sogar Steigeisen angelegt. Notwendig? Zu dem Zeitpunkt wussten wir es nicht...
^^ Vorbereitungen auf die Abfahrt.
^^ Die Stunde der Wahrheit - der Gang durch das Eistor raus Richtung Einstieg Firngrat.
^^ Eine weitere Hinweistafel macht uns nochmal bewusst, dass wir hier auf einer besonderen Terrain unterwegs sind. Jetzt heißt es Konzentration!
^^ Es passt wirklich nur eine Person am Grat entlang - wie man aber sehen kann, hatten wir großes Glück: Es war grad kein Stress gegeben.
^^ Tiefblick - aber mit Zeit und Konzentration und natürlich Schwindelfreiheit doch gut machbar.
^^ Blick auf die Station. Wir sind mitten im Abstieg.
^^ Bis dorthin müssen wir kommen. Schaut gut aus.
^^ Nach den ersten Metern weicht das ungute Magengefühl, nicht die Konzentration oder der Respekt. Wir werden es schaffen!
^^ In genau so einer Gruppe wollte ich nicht sein. Angeseilt, abhängig von der Gruppe, ohne Zeit für mich selbst.
^^ Eine weitere Gondel erreicht die Bergstation.
^^ Den steilsten Bereich schon hinter uns. Wir können wieder lächeln.
^^ Die Uhrzeit um 11 Uhr ist gut geeignet an diesem Tag. Stress herrscht keiner mehr.
^^ Wir haben den Abstieg geschafft.
^^ Jetzt eröffnet sich der Blick auf die Abfahrt Vallée Blanche. Links eine steilere Variante. Wir bleiben aber natürlich auf der klassischen Abfahrt.
^^ Vorher noch ein paar Erinnerungsfotos an einem der beindruckensten Orte der Alpen.
^^ Weitere Gruppen kommen den Firngrat entlang, während eine Gondel neue Besucher nach oben bringt.
^^ Wieder eine angeseilte Gruppe. Meiner Meinung nach an diesem Tag nicht notwendig.
^^ Bereit für eine der längsten Abfahrten der Alpen! Los gehts!
^^ Skifahren am Mont Blanc. Wir sind ganz alleine.
^^ Ausblicke auf eine faszinierende Berglandschaft.
^^ Am Gros Rognon erkennbar, die kleinen Gondeln der Panoramabahn Mont Blanc Cable Car.
^^ Mont Blanc du Tacul
^^ Imposante Spitze von Dent de Géant mit 4.013m.
^^ Wie klein wir doch in dieser unglaublichen Bergwelt sind...
^^ Gletscherspalten und Aufstiegsspuren. Anhand einzelner Spuren erkennt man das unglaubliche Ausmaß der Gletscher.
^^ Da gehts weiter runter...wir hielten uns immer in der Mitte der Hauptabfahrtsspur.
^^ Wir erreichen den beeindruckensten Bereich der Gletscherabfahrt. Die Seracs de Géant.
^^ Man kommt mit den Skiern auf der Hauptabfahrt direkt an die Eistürme heran.
^^ Erinnerungsfoto - und totale Begeisterung!
^^ Beeindruckender Gletscherbruch.
^^ Hier erkennt man die andere Abfahrtsvariante vom Gipfel aus links gesehen um den Gros Rognon.
^^ Und hier mal ein Blick auf die Abfahrt. Wie man sieht ähnelt es eher einer ausgefahrenen Skiroute als an einer hochalpinen Gletscherabfahrt. Wir verloren nie den Respekt vor der Natur und die Konzentration. Allerdings stellten wir auch fest, wie viele schlechte Skifahrer hier auch runtergurken. Das schmälert in keinster Weise die beeindruckende Naturschönheit, schon allerdings die Besonderheit dieser hochalpinen Abfahrt.
^^ Das wohl beeindruckenste Bild von den Seracs de Géant. Was für ein Gletscherbruch!
^^ Genau in der Mitte der beiden Gletscherbrüche geht die Abfahrt durch. Perfektes Gelände - irgendwann wird das Vallée Blanche wohl nicht mehr so einfach zu machen sein, aber das dürfte schon noch einige Jahre dauern...
^^ Auf der langen Gletscherzunge fahren wir gegen Tal. Man muss nichts schieben, es hat genau die richtige Neigung.
^^ Brotzeit auf einer der Felsinseln am Gletscher. Voller Begeisterung und Demut für diese Landschaft blicken wir auf unsere Abfahrt zurück.
^^ Am Ende wartet noch ein schöner Eiskanal, der natürlich auch von einigen Gruppen gefahren wird. In Zermatt gibt es ähnliches am Gornergletscher, jedoch noch imposanter als hier.
^^ Kleiner Mensch, große Natur.
^^ Am Ende wartet dieser Schocker auf uns: Zur Station Montenvers Mer de Glace und der Talstation der Gondelbahn liegen unzählige Treppen vor uns. Die eigentliche körperliche Höchstleistung wartet also am Ende vom Vallée Blanche auf uns. Wir hätten auch mit den Skiern ins Tal fahren können, wir wollten aber das "komplette" Erlebnis und somit auch diesen Aufstieg über unzählige Stufen...
^^ Gegenüber eine beeindruckende Felspyramide. Mont Grand Dru, 3.754m, mit einer beeindruckenden 1.100m hohen Westwand.
^^ Durch den Eiskanal kamen wir natürlich zu tief heraus und mussten auch noch über den Gletscher hoch zum Einstieg in die "1000 steps of pain"
^^ Geht schon - auf gehts!
^^ Es dauert ungefähr 15 Minuten um zu der Gondel zu kommen. Ausziehen unten lohnt sich - glaubt mir! Wir haben es nicht gemacht und keiner von uns beiden wollte sich natürlich die Blöße geben und Schwäche zeigen - alles ganz locker! Scheiß Klimawandel!
^^ Angekommen in der Gondel - wer uns Anstrengung oder Erschöpfung aus dem Gesicht lesen will, ist falsch gewickelt! Es war ein Kinderspiel die 1000 steps of pain zu bewältigen. Ganz locker haben wir das noch mitgemacht.
^^ So sah es früher hier aus, als der Gletscher noch richtig hoch war. Beeindruckend.
^^ 2018 liegt die Gletscherzunge um einige Meter niedrieger. Der Blick ist aber nach wie vor sehr imposant.
^^ Mit der Bahn geht es zurück nach Chamonix.
^^ Die Bahn ist im Skipass inbegriffen.
^^ 30min später schauen wir schon viel erholter und glücklich aus. Nur wer sich anstrengt, wird belohnt!
^^ Im Frühling angkommen, zurück auf der Erde. 2.800m niedriger. Was für ein Erlebnis!
^^ Blick zurück auf den Mont Blanc. Der Höhenunterschied ist einfach unglaublich.
^^ La fin! Umziehaktion bevor es weitergeht...
Fazit:
Das Vallée Blanche und vor allem die imposanten Bergriesen rund um den Mont Blanc sind einen Besuch in eurer Skifahrer-Karriere auf jeden Fall wert. Wir haben sicherlich perfekte Bedingungen vorgefunden, um die hochalpine Tourenabfahrt ohne Guide zu machen. Es ist jedem selbst überlassen, die Tour geführt oder so wie wir nach gutem Verhalten und Gewissen zu machen. Wir fühlten uns danach zu 110% bestätigt es ohne Guide gemacht zu haben. Nochmal betonen möchte ich unser Wetterglück. Sonnenschein, kein Wind, stabile Verhältnisse - besser geht es einfach nicht! Wir sind sehr dankbar, dass wir das Vallée Blanche so erleben durften!
Anschließend ging es noch 2h weiter Richtung Saint Martin de Belleville, wo uns meine Eltern mit liebevoll gekochten Spaghetti erwarteten. Hier auch ein großer Dank an die zwei coolen Eltern - ohne sie hätte ich nie diese unglaubliche Abfahrt gemacht! La vie est bonne - Das Leben ist schön!