Während des letzten Winters habe ich mich so manches Mal mit dem ski-chrigel über WhatsApp unterhalten. Nach den erfolgreichen Rundflug über das Engelbergertal vom letzten Jahr - was im Übrigen für mich den endgültigen Gnadenstoss war, um auch den Flugschein zu machen - wollten wir uns eigentlich mal zum Skifahren verabreden. Doch durch verschiedenste Gründe kam es leider nicht dazu. Trotzdem bekam ich immer wieder entweder von der Piste oder aus der Luft beneidenswerte Bilder zugeschickt. Und manchmal war er sogar mit Skiern unter dem Flieger unterwegs... Mehr Neid könnte in mir kaum mehr aufkommen.
Es war natürlich klar, dass ich als angehender Pilot auch mal mitfliegen wollte. Doch zum Gletscherfliegen muss einfach alles passen. Zuerst mussten wir beide Zeit haben und ich zusätzlich in der Schweiz unterwegs sein, zweitens musste das Flugzeug verfügbar sein und drittens musste das Wetter unbedingt mitspielen. Gute Sicht, wenig Wind, guter Schnee usw. Fast zu viele Variablen woran es scheitern könnte.
Nichtsdestotrotz hatten wir gemeinsam den 1. Juni grob für den Flug eingeplant, weil ich für die Arbeit eh vorher in der Schweiz sein musste. Leider war ski-chrigel am 1. Juni verhindert, also musste auf ein anderes Datum ausgewichen werden. Die Wetterberichte waren leider nicht so stabil mehr wie vorher. Wir haben dann schlussendlich alle Karten auf den 8. Juni gesetzt. Bis dahin habe ich mein Home-Office mit wunderschönen Ausblick auf den Vierwaldstättersee genossen. Am Tag der Wahrheit war es kurz noch zweifelhaft ob der Wind auf den Gletschern passen wurde, aber ski-chrigel gab grünes Licht. Zusammen fuhren wir von Emmetten zum Flugplatz in Beromünster.
Naja Flugplatz... Es ist eher ein beschaulicher Lokalplatz mit welliger Graspiste, allerdings mit durchaus uriger Atmosphäre. Flugzeug kontrollieren, Skier wachsen mit komischem Flüssigzeugs und raus aus der Halle. Nachdem alles bereit war, habe ich mich auf den hinteren Platz reingepresst. Hui, hui... in so einer Aviat Husky darf wohl hinten kein breiter oder dicker Mensch einsteigen. Dafür glänzte das Flugzeug in voller Pracht: Gelb mit schwarze Markierungen ist für Gletscherflüge genau passend!
Pünktlich um 8 Uhr konnten wir abheben. Kurz nach dem Start wurde schon Kurs auf den Eigernordwand genommen, welche man aus der Luft sofort deutlich erkennen konnte. Die Skier wurden unten den Rädern schon ausgefahren. Unterwegs durfte ich auch ein Stück fliegen und musste sofort feststellen, dass die Ruder in der Husky viel schneller reagieren als in meiner Super Dimona-Maschine. Ist eigentlich optimal, wenn man sofort vom Flugzeug Feedback bekommt, anstatt mit stark gedämpftem Ruder arbeiten zu müssen. Doch auch meine Videoaufnahmen sollten nicht zu kurz kommen und über Grindelwald übernahm ski-chrigel wieder die Steuerung, um uns sicher an den Jungfraujoch entlang zum Kanderfirn zu fliegen.
Bevor man auf einen Gletscher landet, muss man allerdings mindestens zwei Rekognoszierungsrunden fliegen und alles beobachten. Passt der Schnee und Untergrund? Wie ist der Wind? Wo setze ich genau auf? Wie ist das Licht? Alles Fragen die man beantworten muss, um eine sichere Entscheidung treffen zu können. Nach drei Runden setzte ski-chrigel auf und nach einer 180-Gradkurve ging es sofort wieder in die Lüfte. "Wir machen es nochmal" und beim zweiten Versuch klappte alles wunderbar. Parken, Motor aus und raus aus der Kiste. Herrlich nach einen so landschaftlich beeindruckenden Flug auf dem Gletscher zu stehen. Ich verstehe sofort, wieso ski-chrigel und alle andere Gletscherpiloten sowas machen... Den Reiz geht quer durchs das Herz eines Aviators!!
Gemeinsam liefen wir über den Gletscher zur Mutthornhütte und machten es uns auf einer Sitzbank in der Sonne - mit direkten Ausblick auf die Jungfrau - gemütlich. "Noch niemals habe ich nach einen Gletscherflug so schön sitzen können." - meinte ski-chrigel noch und genoss die sonnige Aussicht. Nach eine Weile kam noch ein zweites Gletscherflugzeug dazu, ebenfalls aus Beromünster. Beide Herren kamen auch zur Hütte hochgelaufen und haben uns eine Weile nett unterhalten. Als ich erfuhr, dass der eine Pilot schon 80 war, konnte ich das kaum glauben... So möchte ich auch gerne alt werden!
Zu viert ging es wieder zum Gletscher und unseren Flugzeugen zurück. Dazu konnten wir noch einen Trainingshelikopter der Reha beobachten. Wir bekamen noch ein paar Tipps mit, wo man sonst noch gut landen könnte. Doch bevor es wieder in die Lüfte gehen konnte, musste das Gletscherritual noch ausgeführt werden. Heißer Punsch mit "Gletscherzucker" vermischen und dann trinken. "Ansonsten nimmt dir der Gletscher das übel" - meinte ski-chrigel draufhin.
Nachdem die beiden Herren wieder abgehoben waren, begaben wir uns auch wieder auf dem Weg. Nach dem Abheben machten wir noch etliche Landungen auf den Kanderfirn und noch einer auf dem Tschingelpass. Danach ging es weiter zum Petersgrat, welcher die Grenze zwischen dem Kanton Bern und dem Wallis darstellt, und unweit von Skigebiet Lauchernalp entfernt liegt. Dort machten wir auf den Üsser Talgletscher an der Walliser Seite noch eine Landung und sind für einen Gletscherspaziergang und einen Schluck Gletscherpunsch erneut ausgestiegen.
Beim Start auf dem Petersgrat war es etwas wellig, aber ski-chrigel meisterte das einwandfrei. Leider ging es für uns wieder zurück ins Tal. Am Schilthorn, Interlaken (wo ein besonderes Festival auf dem ehem. Flugplatz zu erkennen war) und Rothorn vorbei ging es wieder zurück nach Beromünster. Bei der Landung merkte man den welligen Grasboden sehr gut. Schade, dass die lokale Bevölkerung hier gegen eine befestigte Piste gestimmt hat. Der Endanflug war auch schon arg komisch, weil man bestimmte Häuser nicht überfliegen durfte. Das nützt dem sicheren Flugbetrieb auf keinen Fall.
Nach der Landung musste das Flugzeug wieder getankt und insbesondere geputzt werden. Angeblich wäre man hier sehr pingelig. Zum Glück waren die Tragflächen nicht voll mit Mücken verschmiert, also wurden wir doch noch ziemlich zügig fertig. Das Flugzeug glänzte wieder in voller Pracht für den nächsten Piloten.
Es war ein ausserordentlicher Erlebnis, wofür auch hier nochmals mein grosser Dank! Kurz vor der theoretischen Prüfung war es für mich ein richtiger Motivationsschub, nochmal kräftig zu lernen. Die Mühe hat sich im Übrigen auch ausbezahlt: Die theoretische Luftfahrerprüfung habe ich vor einer Woche beim zuständigen Regierungsbezirk bestanden. Jetzt kann es weiter gehen, damit ich hoffentlich bald ski-chrigel selbst mit dem Flugzeug besuchen kann!
Zum Schluss noch der eigentliche Hauptteil des Berichtes: Das Video zum Gletscherflug! Bilder sagen eben mehr als unendlich viele Wörter... Am besten gleich in HD gross auf dem Bildschirm anschauen!