Auf dem Bike Trail Tirol: Schnuppern an der Streif

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snowflat
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Auf dem Bike Trail Tirol: Schnuppern an der Streif

Beitrag von snowflat »

Auf dem Bike Trail Tirol: Schnuppern an der Streif

Besucher sollen Tiroler Urlaubsgebiete statt auf den Skiern mit dem Mountainbike erkunden - auch die gefährlichste aller Skirennstrecken in den Alpen.

Die berühmteste und gefährlichste aller Skirennstrecken in den Alpen fasziniert auch ohne Schnee: Bei 20 Grad Celsius und Sonnenschein geben sich im rot-weißen Starthaus am knapp 1700 Meter hohen Hahnenkamm bei Kitzbühel die Mountainbiker die Klinke in die Hand.

Einer nach dem anderen posiert für ein Erinnerungsbild: die Pedale auf einer Höhe, die Beine durchgestreckt, das Gesäß hoch und die Hände an den Bremsen. Was fehlt, sind nur noch das Startzeichen und die anschließende Schussfahrt.

Die Fotos haben Symbolcharakter: Die Winter in den Alpen sind nicht mehr so schneesicher, die Weltcup-Abfahrt auf der Kitzbüheler Streif fiel in der zurückliegenden Saison deswegen aus. Nun sollen neue Zielgruppen einen Teil des Geldes einbringen, das die Skifahrer nicht ausgegeben haben. Tirol setzt dabei auch auf junge und sportliche Radfahrer, die auf pneumatisch gefederten Hightech-Rädern die Berge „erfahren“ wollen.

Die Regionen des österreichischen Bundeslandes werden jetzt sommertags zum „Bike-Eldorado“ („Aktivregion Pillerseetal“), zum „Mountainbike-Paradies“ (Kitzbüheler Alpen-Brixental) oder zum „Biker’s Paradise“ („Ferienregion Hohe Salve“), wie das im besten Marketing-Österreichisch heißt.

Und deshalb wurde auch 2006 der „Bike Trail Tirol“ aus der Taufe gehoben: ein neu konzipierter Radrundweg, der auf mehr als 800 Kilometern durch das gesamte Bundesland führt.

Die Strecke verbindet Kufstein, Hochfilzen und Kitzbühel im Osten über das Zillertal und das Inntal mit Landeck, Galtür und St. Anton im Westen. Entlang der deutschen Grenze führt die große Schleife durch Nordtirol dann längs der Allgäuer Alpen, des Wetterstein- und des Karwendelgebirges wieder gen Osten. Kreuz und quer gibt es zahlreiche Verbindungsetappen mit weiteren 500 Kilometern Strecke. Darüber hinaus ist eine Rundstrecke nach Lienz in Osttirol geplant.

„Das Streckennetz ist so angelegt, dass die Biker sich ihre persönliche Strecke zusammenstellen können, je nachdem, wie lange sie unterwegs sein möchten“, preist die Tirol Werbung in Innsbruck das Produkt. „Die Etappen variieren in Schwierigkeitsgrad und Länge, so dass vom Genussbiker bis zum sportlichen Fahrer jeder die passende Strecke für sich findet.“

Auch die Route vom Hahnenkamm zurück ins Tal gehört zum Bike Trail. „Entlang der Streif fahren wir aber nicht“, sagt Kurt Exenberger, radelnder Bergführer und Trainer der österreichischen Mountainbike-Mannschaft in Personalunion. Für „Flachlandfahrer“ sei die Piste einfach zu gefährlich.

Beim Radfahren in den Bergen trennt sich schnell die Spreu vom Weizen - bergauf und bergab. „Wenn der Anstieg lang ist, sollte man anfangs so langsam fahren, wie es geht und erst am Ende schneller werden“, erklärt Exenberger.

Unerlässlich sei es zudem, vorausschauend zu fahren und vor Beginn der Steigung in einen leichten Gang zu schalten. Und unbedingt sitzen zu bleiben: „Das ist effektiver. Aufstehen tut man nur, um den Rücken mal zu entlasten.“

Entlang der Skirennstrecke wird dann tatsächlich nur ein kurzes Stück geradelt: Vom Starthaus geht es in einem weiten Bogen auf einem Schotterweg quer über den 40 Grad steilen Starthang, der beim Rennen im Winter aus blankem Eis besteht und den „Herminator“ Hermann Maier und seine Mitstreiter raketengleich beschleunigt, bevor sie 60 Meter weit über die Kante der sich anschließenden „Mausefalle“ springen.

Nach kurzer, moderat steiler Talfahrt heißt es am Ende des Abhangs bereits wieder: in die Pedale treten. Sämtliche 150 Höhenmeter, die auf den nächsten Kilometern zur Bergstation der Ehrenbachhöhe zu erklimmen sind, scheinen sich am nächsten Anstieg versammelt zu haben.

Die graue Schotterpiste, die sich wie eine Schlange durch die sattgrünen Almen windet, wird zum übermächtigen Gegner: Auch im kleinsten der mehr als 20 Gänge lässt sich fast nur auf der Stelle treten. Der Abstand zu den vorauslaufenden Wanderern will nicht geringer werden, und ein paar braun-beige Bergkühe schauen kauend zu, wie sich der „Flachlandtiroler“ schließlich entscheidet, weiter zu schieben.

Wie erholsam waren da doch die Flachetappen der beiden vorangegangenen Tage. Von Kufstein am Inn ging es über den „Bike Trail Tirol“ zunächst 53 Kilometer lang über Walchsee und Kössen bis nach Waidring. Von dort waren es dann 44 Kilometer durch das Pillerseetal über Fieberbrunn und Kitzbühel bis nach Kirchberg. Auch Badestopps haben nicht gefehlt: Am ersten Tag erfrischte das Wasser des flachen Walchsee, am zweiten der dunkle Schwarzsee bei Kitzbühel.

Das Strandbad in Seebichl lohnt dagegen nicht nur wegen des kühlen Moorwassers. Die Schampus schlürfenden Badegäste, die ihren Luxuskörper auf dem breiten Holzsteg grillen, sind aber ebenso einen Blick wert wie ihre PS-starken Boliden auf dem Parkplatz nebenan.

"Schlappis" in der Seilbahn
Am Tag der Hahnenkamm-Etappe hatten sich dann einige Radler bereits morgens zu ihrer schlechten Kondition bekannt. Während Kurt und eine Hand voll radbegeisterter Holländer jeden der 1000 Höhenmeter zwischen Kirchberg und dem Skipisten-Starthaus ehrlich mit dem Rad erklommen, vertrauten sich die „Schlappis“ in der Gruppe dem Service der örtlichen Seilbahn an.

Das Mountainbike an der Außenseite der Kabine eingehängt, ging es still und scheinbar schwerelos in der Vormittagssonne über Wälder und bunt blühende Almwiesen nach oben.

Der „Bike Trail Tirol“ ist Teil eines neuen Tourismuskonzeptes, bei dem die Sommersaison immer wichtiger wird: „Der Tourismus in den Alpen verändert sich. Die Gäste werden zunehmend mobiler, reiseerfahrener und anspruchsvoller“, heißt es zum Beispiel bei der Kitzbüheler Alpen Marketing GmbH.

Die Themen, die neben Alpinski und Langlauf schwerpunktmäßig beworben werden sollen, heißen deshalb Golf, Radfahren, Geschäftstourismus, Beauty & Spa sowie Wandern.

Einheitliche Beschilderung auf sämtlichen Strecken
Für Radfahrer wurde dabei ein Gesamtpaket geschnürt: Sämtliche Strecken wurden nach einem einheitlichen System beschildert. Besonders schwierige so genannte Single-Trail-Strecken für Mountainbike-Profis wurden erstmals ausgeschildert. Alle Bike-Regionen bieten zudem kostenlose Streckenkarten mit detaillierten Beschreibungen an, die auch über das Internet abgerufen werden können.

Die Karten enthalten ebenso wie die Schilder Informationen zum Höhenprofil, zu Steigungen, zur Wegbeschaffenheit - Schotter oder Asphalt - sowie zur voraussichtlichen Fahrtdauer.

Und wenn mal eine Schraube locker ist oder Ersatzteile benötigt werden, hilft das Mountainbike-Fachgeschäft, das in jeder Bike-Region in Tirol vorhanden sein muss. Vorgeschrieben sind auch mindestens zwei ausgebildete Mountainbike-Führer pro Region. Die Räder müssen zudem in allen öffentlichen Verkehrsmitteln - Bus, Zug und Taxi - mitgenommen werden können.

Massagen für die müden Glieder
Auf die Bedürfnisse von radelnden Urlaubern eingestellte Hotels haben sich als „Bike-Hotels“ zusammengeschlossen. Für die teuren Räder gibt es dort Abstellräume. Wer mag, kann sich abends die müden Glieder auch massieren lassen.

Endlich geht es bergab - jetzt ist vor allem die Kraft in den Händen gefragt. „In die Kurven langsam reinfahren“, hatte Kurt Exenberger gewarnt. Der Schotter könne locker und rutschig sein.

Damit die Räder nicht ausbrechen, muss die Bremskraft verteilt werden. Das bedeutet, beide Bremsen gleichmäßig zu verwenden, nicht nur hinten oder vorne. Und die Kurven wollen kein Ende nehmen. In Serpentinen geht es talwärts: bremsen und laufen lassen, bremsen und laufen lassen - so geht es immerzu.

Fast schon im Tal werden die Wege breiter und die Kurven seltener. Der Schotterbelag weicht Asphalt. Alle Radler werden nun mutiger und legen sich leicht in die Kurven. Der Fahrtwind kühlt. Nie war der Geschwindigkeitsrausch schöner - und nie war er gefährlicher. Die digitale Tachoanzeige zeigt Zahlen knapp unter der Tempo-70-Marke.

Informationen:
Reiseziel: Tirol ist ein Bundesland im Westen Österreichs. Es besteht aus den räumlich getrennten Regionen Nord- und Osttirol.
Hauptstadt ist Innsbruck.
Anreise: Ist mit dem Auto, Zug oder Flugzeug möglich. Von den Flughäfen Innsbruck, Salzburg und München aus gibt es Sammeltaxis in die verschiedenen Urlaubsregionen Tirols.
Klima und Reisezeit: Alpines Klima mit einem kalten Winter und einem eher kurzen Sommer. Wärmster, aber auch niederschlagreichster Monat ist der Juli. Gute Mountainbike-Bedingungen gibt es bis in den September hinein.
Währung: In Österreich wird mit dem Euro bezahlt.
Mountainbiking: Der „Bike Trail Tirol“ umfasst rund 800 Kilometer auf der Hauptroute. Nebenwege bieten noch einmal rund 500 Kilometer.
Das gesamte Mountainbike-Netz in Tirol zählt rund 4500 Kilometer auf genehmigten und gekennzeichneten Strecken.

Alle genehmigten Radstrecken - auch für Rennradfahrer - sind im Internet erfasst unter www.tirol.gv.at/themen/sport/radfahren. GPS-Daten von Strecken und weitere Informationen sind unter www.bike.tirol.at und www.biketrail.tirol.at verfügbar. Sie können dort auch kostenlos auf GPS-Geräte geladen werden.

Die meisten Tourenabschnitte sind zudem mit Streckenbeschreibung und Höhenprofil aufrufbar.
Quelle: sueddeutsche.de/dpa
Kanada - 29.01.2017 bis 10.02.2017
Du kannst Dir Glück nicht kaufen. Aber Du kannst skifahren gehen und das ist ziemlich dasselbe!

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