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von Kris » 11.02.2019 - 17:31
Eine Überlegung wert sollten auch die Motivationen sein, weshalb es die Skischulwoche ursprünglich gab:
Für Kinder waren die Skischulwoche wohl zur sozialen Entfaltung wichtig (sich in der Gruppe austoben und bewähren weg von den Eltern), aber dies bewerkstelligt ebenso ein Klassenausflug nach Montpellier oder sonstwohin.
Einzigartig bei der Skiwoche war somit zum einen die Naturkomponente, und zum anderen die Entwicklung der sportlichen Fähigkeiten der Kinder in ebendieser Umwelt.
Das macht Sinn: Raus aus der Grossstadt, weg vom Flachland in der weiten Ebene, rein in die Berge - und sich in eine andere faszinierende Lebensart dort hinenarbeiten: Tiefer Schnee, kalte Temperaturen, Nasse eisige Klamotten, steile Hänge, Muskelbrennen. Das Skimaterial war bescheiden, das sich Herantasten an erste motivierende Skierfolge durchaus Schweißtreibend und durch den genialen Kontext (Gruppe, Berg, Freude, Entbehrung, Konflikt, Lösung...) letztendlich auch gut Persönlichkeitsförfdernd.
Alles in allem also durchaus zu begrüßende selbstlaufende Lernziele in der Entwicklung eines Kindes bzw. Jugendlichen.
Und obendrein bekamen Heranwachsende die lobenswerte Chance, einen Sport zu lernen, für den es ein ganzen Leben Passion finden würde.
Nur eben, das Ganze war mal so. Es ist heute eine andere Welt.-Ob heute eine Skischulwoche die ehemaligen geschriebenen und ungeschriebenen Ziele noch zu erreichen mag, erscheint mir fraglich.
Ihr kennt es ja von mir -soll ich mich entschuldigen oder lächeln- : gerne argumentiere ich, dass das heutige Skiumfeld derart banal ist im Vgl. zu vor etwa >25 Jahren, dass es dem Kind in seiner Entwicklung nichts substantielles mehr bieten kann.
Ein Kind auf ein Förderband stellen, von dem es oben gut gummiummattet wieder zum Tal rutschen kann - das trägt jetzt nicht so viel zu seiner Entwicklung bei. Für Ältere das Äquivalent die KSB mitsamt homogener Pistenautobahn.
Das Herausbilden von Bewältigungsstrategien zur Meisterung "schlecht gewalzter Pisten (keine Fräse...), für Anfänger schwierige Buckel, das Anbügeln, das Fahren im steilen Kurzbügellift, die vielen Zufälle und all das "Magische" - das wird nicht mehr geboten. Die Wichtigkeit, Herausforderungen mit Entbehrungen zu bewältigen und letztendlich dadurch mit Freude ins Leben mitzunehmen - das ist heute so nicht mehr.
Handy und Schneekamera, vollständige Vorhersagbarkeit, Straßen im Ort gut salzgestreut, Rolltreppen in der Seilbahnstation. Skizentren und Ortschaften mit Einkaufscenter Charme, Sessellifte sollen gemieden werden (Haftung), versicherungsgetriebene Straf- und Zivilhaftung von Lehrern und Skigebietsbetreibern geben den Rest ...
So bleibt heute als Forderung für Skischulwochen in erster Linie die regionale wirtschaftspolitische Komponente, nämlich zum einen zukünftige Kunden bereits im "prägenden" Kindesalter heranzuziehen, und damit in Verbindung stehend spätere politische Bürger zu fördern, die der Skiindustrie und seinen Bedürfnissen positiv gegenüber stehen...
Ich meine die Skischulwochen haben sich Hoteliers, Skigebiete, TVB's etc. gehörig selbst vergeigt. Inhalts- als auch Kostenmäßig ist eine Skischulwoche argumentativ nicht merh vertretbar.
Man kann sich nun fragen, ob es heute noch Formen einer rundum sinnvollen Skischulwoche geben kann? Ich denke, ja, aber eben nicht mehr mit Lift- und Schneekanonenumworben. Und damit ohne modernem Skitourismus. Wo Selbstmotivation durch Neugierde getriggert werden. Schneeschuhwandern für die einen, Snowboard-Kicker bauen für die anderen zB. in urigen tiefverschneiten "hinteren" Tälernwo die Kühe im Stall stehen...
Das käme dem Gedanken der ursprünglichen Skischulwoche m.M.n. noch am ehesten entgegen bzw. bietet auch heute Ingredienzen einer lebenslang unvergesslichen "crazy" Woche im Schnee.
Lehrer sind generell eher humanistisch (vulgo "links") eingestellt, ich höre desöfteren noch krassere Ansichten gegenüber Skischulwochen ...
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Kris am 11.02.2019 - 17:50, insgesamt 2-mal geändert.
>> Die unaufhaltsame Industrialisierung des Skiraums führt zu Banalisierung und somit zum Verlust der magischen Skisportfreude<<