Chaletdörfer, von Investoren geliebt von Einheimischen gehasst

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Werna76
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Chaletdörfer, von Investoren geliebt von Einheimischen gehasst

Beitrag von Werna76 »

Ich habe hier im Forum ja schon mehrmals beschrieben wie hier bei mir im Pinzgau die geltenden gesetzlichen Bestimmungen für den Neubau von Zweitwohnsitzen umgangen werden, mit viel Geld wird alles möglich gemacht. Für Einheimische bleiben nur mehr zusammengepferchte Wohnungsbauten wie in einer Großstadt, mit eigenem Lebensmittelgeschäft und hohen Mauern rundherum, damit die Touristen nicht sehen müssen wie die Einheimischen hausen (zu sehen in Zell am See/Schüttdorf bei der Abfahrt zum Golfplatz). Ghetto könnte man fast sagen.
Der ORF hat sich dankenswerterweise schon mehrfach diesem Problem gewidmet und dieses Thema zumindest etwas der breiten Öffentlichkeit zur Kenntnis gebracht. ZB Arbeitskollegen von mir aus Salzburg Stadt hatten keine Ahnung davon, wenn ich berichte dass Kaprun zu mehr als 50% im Eigentum von Ausländer ist sehe ich immer wieder ungläubige und fassungslose Gesichter. (Im Sölden Topic hatten wir ja auch kürzlich ein Bauprojekt wo mit ausreichend Schmiergeld die Baubestimmungen umgangen wurden)

Jetzt gibt es wieder einen sehr informativen Bericht vom ORF, wo diesmal auch ein Fall aus Schladming dabei ist, den ich nicht kannte. Der ehemalige Bürgermeister, er war Bürgermeister vor und während der Ski WM und hat zu dieser Zeit stets betont wie wichtig ihm die Schladminger Bevölkerung ist und dass er all diesen Aufwand nur für die Schladminger Bevölkerung betreibt, hat sein eigenes Grundstück in Baugebiet umgewidmet und dann diesen steilen Hang direkt neben der stark befahrenen Bundesstraße um 2 Mio und sein daneben liegendes Elternhaus um 1,5 Mio an einen Bauträger verkauft. Natürlich erst jetzt wo er nicht mehr Bürgermeister ist.
Gleichzeitig wird in der Nachbargemeinde Einheimischen verboten auf dem Grund der Eltern ein Einfamilienhaus zu bauen, weil man es gewagt hat sich kritisch zu all diesen neuen Chalets zu äußern.
Ein wirklich sehr interessanter Bericht in dem man einmal mehr sieht, wie es sich ÖVP und SPÖ in Österreich gegenseitig richten und es unbedingt eine starke Oppositionspartei bräuchte, mir völlig wurscht welche.

Hier der Bericht der leider nur eine Woche zu sehen sein wird.
Aus Tirol DARF der ORF über derartige Immobiliengeschichten übrigens nicht berichten, obwohl es hier aus Gerlos, Sölden, Fiss und Lech ja auch einiges zu erzählen geben würde. Kritik gibts im heiligen Land eben nicht, hier wird (wie immer) alles richtig gemacht.

https://tvthek.orf.at/profile/Am-Schaup ... n/14072091
Zuletzt geändert von Werna76 am 05.01.2021 - 19:00, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Betongold der Alpen, oder der Ausverkauf der Heimat

Beitrag von talent »

Vielen Dank für den Tipp, das ist wirklich interessant. Wäre schön, wenn mehr darüber berichtet würde.
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Reinhard S.
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Re: Betongold der Alpen, oder der Ausverkauf der Heimat

Beitrag von Reinhard S. »

Guter Bericht, der aber eh nur zum wiederholten Male aufzeigt, wie das halt funktioniert.

Kann man auf jeden finanziell und gesellschaftlich relevanten Teil des menschlichen Lebens umlegen, in jeder Branche.

Entscheidungsträger bewegen sich hart am Rand der gesetzlichen Rahmenbedingungen und somit passt es.
"Ethik" und örtliche Nachhaltigkeit verfrachten die Zuständigen da gern ins Reich der romantischen Träumereien.
War gut zu sehen am kurzen Interview mit dem Hauser Bürgermeister, fand ich zumindest.

Einen guten Gedanken hatte der Herr kurz vor Ende des Berichts, der meinte, das ganze Vergabe-und widmungsprozedere
müsse an eine höhere Ebene übergeben werden. Da hat er grundsätzlich recht, das KÖNNTE diesen Boom zumindest
einbremsen.
Aber halt, da gleite ich auch schon ab in romantische Träumerei...
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Werna76
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Re: Betongold der Alpen, oder der Ausverkauf der Heimat

Beitrag von Werna76 »

Das Interview mit dem Bürgermeister von Haus fand ich bemerkenswert.
Erst erklärt er warum das Raumordnungsgesetz nicht zulässt, dass diese eine Familie neben dem Elternhaus ein weitere Einfamilienhaus errichtet. Er ist quasi machtlos weil man das Raumordnungsgesetz ja nicht umgehen kann/darf.
Und dann wenn es um das Projekt geht wo er zu 50% beteiligt ist....
ist das Projekt nach dem Grundverkehrsgesetz erlaubt... nein
ist das Projekt nach dem Raumordnungsgesetz erlaubt... nein
aber gebaut wurde trotzdem... ja
Mittlerweile wurde er als Bürgermeister abgewählt, wird ihn nicht jucken, das Geld aus den Verkaufserlösen hat er ja zu 50% eingestreift. :evil:

Edit:
Konzept auf Gesetz korrigiert
Zuletzt geändert von Werna76 am 21.11.2020 - 20:34, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Betongold der Alpen, oder der Ausverkauf der Heimat

Beitrag von hch »

Werna76 hat geschrieben: 21.11.2020 - 11:18 Das Interview mit dem Bürgermeister von Haus fand ich bemerkenswert.
Erst erklärt er warum das Raumordnungsgesetz nicht zulässt, dass diese eine Familie neben dem Elternhaus ein weitere Einfamilienhaus errichtet. Er ist quasi machtlos weil man das Raumordnungsgesetz ja nicht umgehen kann/darf.
Und dann wenn es um das Projekt geht wo er zu 50% beteiligt ist....
ist das Projekt nach dem Grundverkehrskonzept erlaubt... nein
ist das Projekt nach dem Raumordnungsgesetz erlaubt... nein
aber gebaut wurde trotzdem... ja
Mittlerweile wurde er als Bürgermeister abgewählt, wird ihn nicht jucken, das Geld aus den Verkaufserlösen hat er ja zu 50% eingestreift. :evil:
Nachdem mein Schwiegervater als Landesbeamter in der übergeordneten Raumordnung tätig war und ich "im Zentrum" auch geschaut habe muss ich den mir an sich sehr unsympathischen Bürgermeister etwas in Schutz nehmen. Das bauen auf Landwirstschaftlicher Fläche weit außerhalb des Dauersiedlungsgebietes geht tatsächlich per Raumordnungsgesetz überhaupt nicht, weil man Zersiedlung vermeiden will. Diese ganzen fadenscheinigen Investoren-Objekte sind leider per Bundes- und Landesgesetzgebung erlaubt weil eine Touristische Nutzung in Wohngebieten leider eben möglich ist. Das Gesetz erlaubt da leider einige Umgehungen dessen was die Intentionen des Raumordnungsgesetzes sind. Das ist völlig idiotisch und gehört schnellstens abgeschafft, da muss aber der Bund agieren. Aber wie auch im ORF Beitrag erwähnt kann der Gemeinderat dem immernoch relativ einfach einen Riegel vorschieben in dem man einfach nicht in Bauland umwidmet, bzw die für diese Projekte benötigten Kubaturen nicht erlaubt.
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Re: Betongold der Alpen, oder der Ausverkauf der Heimat

Beitrag von Tyrolens »

Raumordnung läuft doch immer über mehrere Instanzen. Der Bürgermeister kommt dabei gar nicht vor. Gemeinderat -> Amt der Landesregierung.
Bringt aber im Endeffekt eher wenig, weil eben das meiste politisch entschieden wird und das leider per Verordnung, die nur schwer bekämpfbar sind.
Diese Tourismusprojekte halte ich sowieso für trivial. Im Vergleich zu dem, was in Gemeinden sonst so gebaut wird, gehen die unter.
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Re: Betongold der Alpen, oder der Ausverkauf der Heimat

Beitrag von biofleisch »

Sehr interessant. Ich würde nur hinzufügen das es IMHO nicht die Ausländer sind, welche Korruption betreiben. Es ist i.d.R. die eigene Prominenz und Politik, welche das "Geschäft" zum eigenen Nutzen betreibt. Das ist auch nicht nur in Ö so. Auch in Deutschland und den meisten anderen Ländern schaut (ohne Beleg) jeder Politiker nur danach, das es ihm und seiner Sippschaft gut geht und nicht den Bürgern.

Mir wäre auch kein Gesetz in Deutschland, keine Verordnung bekannt (der letzten mind. 20 Jahre) welche zu Gunsten der allgemeinen Bevölkerung war. Vielmehr diente alles immer irgendwelchen Partikularinteressen. Ob die entscheidenden Politiker auch - und wie davon profitiert haben kann man nur spekulieren. Offensichtlich ist jedoch, das sehr viele einen lukrativen Job im Nachgang bei profitierenden Unternehmen bekamen...
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Re: Betongold der Alpen, oder der Ausverkauf der Heimat

Beitrag von Tiob »

Ja die Zweitwohnungsproblematik ist bekannt. In der Schweiz ist ja glücklicherweise die Zweitwohnungsinitiative angenommen worden. Das Problem sind aber nicht nur die Ausländischen sondern vor allem auch die Inländischen Zweitwohnungsbesitzer. Die meisten Zweitwohnungen werden schließlich durch Österreicher gehalten.

Ich beobachte das Thema schon lange und bin zur Erkenntnis gekommen dass nur eindeutige Strenge Regeln helfen. Auf die Eigenverantwortung der Gemeinden kann man sich nicht verlassen. Zur viel Geld lässt sich mit dem Thema verdienen, meistens begrüßen die Einheimischen eine lockere Baupolitik da die eigenen Immobilien und Grundstücke damit an Wert gewinnen. Bei der Zweitwohnungsinitiative waren es zum Beispiel die Bergkantone die dagegen gestimmt haben. Die Initiative wurde nur aufgrund der Zustimmung im Unterland gewonnen. Ihr macht es euch also zu einfach indem ihr das einen Konflikt zwischen Einheimischen und Zweitheimischen konstruiert. Die Einheimischen sind meistens gegen Beschränkungen da man mit dem zubetonieren der Heimat sich ein goldenes Näschen verdienen kann.
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Pilatus
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Re: Betongold der Alpen, oder der Ausverkauf der Heimat

Beitrag von Pilatus »

Das Zweitweitwohnungsthema ist ja nur ein kleiner, aber ein besonders stossender Aspekt in der ganzen Flächenverbrauchsproblematik.

Es werden ja bis heute ganze Landschaften unwiederbringlich zerstört. Wenn man sich anschaut was un den letzten 100 Jahren angerichtet wurde, dann kann man sich gar nicht vorstellen dass das so noch 100 weitere Jahre weitergehen kann.

Das Problem ist halt, dass da wahnsinnig viel Geld zu holen ist. Durch Umzonung von werlosem Landwirtschaftsland in Bauland kann man durch einen Amtsakt vom Armen Schlucker zum Multimilionär werden. Und beim Bau von Immobilien lässt sich nocheinmal viel Geld verdienen. Da fallen dann auch ein paar Krümmel für die ab, die nicht direkt profitieren.

Leider war das ganze für Jahrzehnte praktisch alleine in der Hand der Kommunen, und da wurde zur Selbstbereicherung eingezohnt was das Zeug hält.

In der Schweiz kommt im Gegensatz zu anderen Alpengebieten noch dazu, dass traditionelle Baumaterialien und Architekursprache geradezu verpönt sind. Als Resultat haben wir in den letzten 70 Jahren eine rasende Verschwndelung unseres Landes hinnehmen müssen.

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Werna76
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Re: Betongold der Alpen, oder der Ausverkauf der Heimat

Beitrag von Werna76 »

Tiob hat geschrieben: 22.11.2020 - 01:49Die meisten Zweitwohnungen werden schließlich durch Österreicher gehalten.
Das stimmt definitiv nicht.
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Re: Betongold der Alpen, oder der Ausverkauf der Heimat

Beitrag von Pilatus »

Werna76 hat geschrieben: 22.11.2020 - 12:00
Tiob hat geschrieben: 22.11.2020 - 01:49Die meisten Zweitwohnungen werden schließlich durch Österreicher gehalten.
Das stimmt definitiv nicht.
Gibts da überhaupt verlässliche Statistiken? Scheitert wahrscheinlich schon bei der Definition von Zweitwohnung. Das meiste was da im Film gezeigt wurde wäre nämlich z.B. in der Schweiz durchaus auch immer noch legal. Sind ja meistens bewirtschaftete Appartments und keine klassischen Zweitwohnungen, die nur zwei Mal pro Jahr vom Besitzer selber bewohnt werden.
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Werna76
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Re: Betongold der Alpen, oder der Ausverkauf der Heimat

Beitrag von Werna76 »

Bei den Projekten die von meinem Arbeitgeber finanziert werden sind es Salzburgweit ca 20% Österreicher, Ost/West-Gefälle, also im Pongau eine höhere Quote. Noch weiter im Osten, zB Murau wird vieles von Osteuropäern gekauft.
Bei den neuen Apartmentbauten rund um meine Wohnung in Kaprun... 0 % Österreicher. 7-8 Tausend Euro pro m2, im obersten Stockwerk 10.000 Euro pro Quadratmeter, sowas kauft ja kein "normaler" Mensch.

Ich möchte nur klarstellen, das was mich stört sind nicht die Wohnungskäufe durch Nicht-Österreicher. Mich kotzen die örtlichen Bürgermeister und sonstige Verantwortliche an, die überall mitschneiden und ihre Position ausnützen. Compliance gibts nicht.
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Re: Betongold der Alpen, oder der Ausverkauf der Heimat

Beitrag von Tiob »

Werna76 hat geschrieben: 22.11.2020 - 12:00
Tiob hat geschrieben: 22.11.2020 - 01:49Die meisten Zweitwohnungen werden schließlich durch Österreicher gehalten.
Das stimmt definitiv nicht.
Siehe hier:
2006 waren 82,4 % aller Nebenwohnsitzmeldungen Personen mit einem Hauptwohnsitz in Österreich zuzu- schreiben. Dieser Anteil ist bis 2013 auf gut drei Viertel (75,1 %) gesunken.
Quelle: http://www.statistik.at/wcm/idc/idcplg? ... ame=106309

Das Problem sind die Zweitwohnungen generell und nicht nur die „bösen“ Ausländer.
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Tiob
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Re: Betongold der Alpen, oder der Ausverkauf der Heimat

Beitrag von Tiob »

@Pilatus: Das Problem ist eine fatale Verbandelung von Politik, gierigen Einheimischen Grundbesitzern, und Bauwirtschaft. Es müsste die ganz klare Regel geben: Keine neuen Zweitwohnungsbau mehr! Ohne Hintertür a la „bewirtschaftete Zweitwohnungen“ oder ähnliches.
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Re: Betongold der Alpen, oder der Ausverkauf der Heimat

Beitrag von ghostbikersback »

Ich bin ebenfalls kein Freund davon immer mehr Naturräume zu verbauen und Siiedlungen immer größer werden zu lassen. Aber dafür gibt es ein ganz einfaches Gegenmittel wie der ehemalige Bürgermeister in der Reportage ja auch völlig nachvollziehbar dargelegt hat: Der Gemeinderat sollte die Verwirklichung solcher Projekte nicht bewilligen. Und die Zusammensetzung des Gemeinderats haben die Bürger in der Hand. Das Problem ist doch nur, dass viele Wähler nicht konsequent sind und ihr Kreuz bei ÖVP und FPÖ machen. Und wie nah diese Parteien an der Lobby sind weiß man ja nicht erst seit Ibiza...

Was mich an der Diskussion allerdings immer ein bisschen stört ist eine latente Ausländerfeindlichkeit. Das schimmert ja sowohl im Bericht („vermögende EU-Ausländer kaufen“) als auch oben im ersten Beitrag durch („ Kaprun zu mehr als 50% im Eigentum von Ausländer“, „für Einheimische bleiben nur mehr zusammengepferchte Wohnungsbauten wie in einer Großstadt “). Hier scheint es gar nicht mehr um den Flächenfrass zu gehen, sondern nur darum, dass die Immobilien gefälligst in österreichischer Hand liegen/bleiben. Dann sind Neubauten/Hotelprojekte aus Sicjt vieler schon ok. Aber wenn von/für „Ausländer“ gebaut wird, das geht natürlich nicht, Flächenfrass etc. Besonders absurd wird das Argument „nicht alles zupflastern“ ja insbesondere, wenn es von Einheimischen Hoteliers oder sonstigen im Fremdenverkehr Tätigen kommt, die ja selbst einen immensen baulichen Fußabdruck vor Ort haben. Spätestens dann weiß man hier geht es eigentlich nur um den Punkt „österreichischen Boden nur für Österreicher, Ausländer haben hier nichts verloren“ bzw. „wenn hier jemand Geld verdient/Wohnraum zur Verfügung stellt, bin ich das“.
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Tiob
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Re: Betongold der Alpen, oder der Ausverkauf der Heimat

Beitrag von Tiob »

Danke für den Kommentar ghostbikersback. So ist es nämlich. Wenn der polnische Liftangestellte oder der deutsche Restaurantbetreiber sich eine Eigentumswohnung in Kaprun kauft ist das nicht das Problem. Das Problem sind auswärtige aus Wien Bregenz oder Moskau die sich Ferienwohnungen kaufen, und damit zur Verödung der Bergorte und zur Zubetonierung der Landschaft führen.
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Re: Betongold der Alpen, oder der Ausverkauf der Heimat

Beitrag von Werna76 »

@Tiob, die Statistik ist erstens total veraltet, der Baumboom der Apartmenthäuser hat erst begonnen als das Zinsniveau immer mehr gesunken ist.
Und zweitens scheinen all die halbillegalen Apartmenthäuser ja nirgends auf, da ja niemand offiziell gemeldet wird. Als Beispiel:
Bei mir im Haus gibt es 7 Wohneinheiten, gemeldet hier bin aber nur ich, alle anderen Wohnungen scheinen beim Meldeamt nicht auf.
Gezahlt wird einmal im Jahr die "Besondere Ortstaxe" und dann fragt dich niemand mehr was du mit deiner Wohnung machst oder warum niemand gemeldet ist. Vermietet wird für den "erweiterten Freundes- und Familienkreis" :roll: dann zahlt auch niemand Steuern. Weder in Österreich noch sonstwo.

Das diesbezügliche Verhalten der Gemeinden, Tourismusverbände, Meldeamt, Landesabgabenbehörde, Bauamt, Finanzpolizei all das wären Themen die bei Apartmenthäusern (und nur durch Apartmenthäuser, bei Hotels wäre all das nicht möglich) sehr speziell sind und über die man diskutieren könnte, aber Ghostbikersback kommt wieder mal nur mit seinem Standardthema... alle Ausländerfeindlich.
Die Bürgerlisten, die wo man hinschaut die Wahlen gewinnen und gegen den Immobilienboom vorgehen wollen sind in deinem verkorksten Weltbild vermutlich auch alle Ausländerfeindlich.
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Re: Betongold der Alpen, oder der Ausverkauf der Heimat

Beitrag von ghostbikersback »

Ja, so sehe ich das auch in etwa wenngleich ich den Kreis noch etwas größer ziehen würde: Für mich sind unbewohnte Zweitwohnsitze, sofern sie eine relevante Größe haben, genauso problematische wie riesige, außerhalb der Saison völlig leerstehende Hotelbunker. Seefeld und Kitzbühel haben z.b. relativ viele Zweitwohnsitze. Aber trotzdem sind die Orte noch schöner und lebenswerter als Obergurgl, Obertauern oder manch anderer Ort, der quasi nur aus - außerhalb der Saison - leeren Hotels besteht. In den Alpen gibt es nicht so viel Bauland, da sollte man in jedem Fall sorgfältig mit umgehen. Dem Landschaftsbild ist es egal, aus welchem Land die Bewohner eines Hauses kommen. Und ein leeres Hotel ist mindestens genauso hässlich und flächenfressend wie ein leerer Zweitwohnsitz. Vielen Kritikern geht es in Wirklichkeit nur um die eigenen Pfründe: Nicht umsonst machen viele Hotelbesitzer massiv Stimmung gegen Chaletdörfer und Co, meistens mit Umweltargumenten. In Wahrheit haben sie nur Angst, dass die zahlungskräftige Kundschaft nicht mehr ihr Angebot nutzt.
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Re: Betongold der Alpen, oder der Ausverkauf der Heimat

Beitrag von kaldini »

bezüglich dieses Themas glaube ich, dass ausländerfeindlich hier der falsche Begriff ist. Eher auswärtigenfeindlich - warum? Die meisten Einwohner in den Tourismustälern (und angrenzenden Bereichen) haben meist ein normales Einkommen (in Tirol sogar eher unter dem österreichweiten Durchschnitt). Durch die hohe Nachfrage nach Immobilien in den Tourismusgebieten steigen die Preise. Dies kann sich dann keiner der hier wohnenden mehr leisten, deshalb der Verdruss. Und ja, für die meisten hier ist es ihre Heimat, da wollen und können sie nicht weg.
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Re: Betongold der Alpen, oder der Ausverkauf der Heimat

Beitrag von ghostbikersback »

Werna76 hat geschrieben: 22.11.2020 - 18:12 @Ghostbikersback...
sind in deinem verkorksten Weltbild vermutlich auch alle Ausländerfeindlich.
Diskussion zu persönlichen Befindlichkeiten entfernt. /Mod. David93
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Re: Betongold der Alpen, oder der Ausverkauf der Heimat

Beitrag von ghostbikersback »

kaldini hat geschrieben: 22.11.2020 - 18:23 bezüglich dieses Themas glaube ich, dass ausländerfeindlich hier der falsche Begriff ist. Eher auswärtigenfeindlich - warum? Die meisten Einwohner in den Tourismustälern (und angrenzenden Bereichen) haben meist ein normales Einkommen (in Tirol sogar eher unter dem österreichweiten Durchschnitt). Durch die hohe Nachfrage nach Immobilien in den Tourismusgebieten steigen die Preise. Dies kann sich dann keiner der hier wohnenden mehr leisten, deshalb der Verdruss. Und ja, für die meisten hier ist es ihre Heimat, da wollen und können sie nicht weg.
Das sehe ich ebenso, es ist die - nicht zuletzt durch den Tourismus angeheizte - hohe Nachfrage. Man wird aber nicht zu geringeren Preisen kommen, wenn man weniger baut. Dann trifft die hohe Nachfrage auf noch weniger Angebot. Und hier suggeriert die Reportage die falschen Schlüsse: Wenn nur weniger für Ausländer gebaut würde, wären die Preise niedriger. Das Gegenteil ist richtig, die Preise wären noch höher, wenn das Angebot gleich bliebe. Das Problem entsteht, weil einige den Hals nicht voll bekommen und absurde Preise verlangen und die bestehenden Flächen für den Tourismus und nicht fürs Wohnen bebaut werden.
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Re: Betongold der Alpen, oder der Ausverkauf der Heimat

Beitrag von hch »

kaldini hat geschrieben: 22.11.2020 - 18:23 bezüglich dieses Themas glaube ich, dass ausländerfeindlich hier der falsche Begriff ist. Eher auswärtigenfeindlich - warum? Die meisten Einwohner in den Tourismustälern (und angrenzenden Bereichen) haben meist ein normales Einkommen (in Tirol sogar eher unter dem österreichweiten Durchschnitt). Durch die hohe Nachfrage nach Immobilien in den Tourismusgebieten steigen die Preise. Dies kann sich dann keiner der hier wohnenden mehr leisten, deshalb der Verdruss. Und ja, für die meisten hier ist es ihre Heimat, da wollen und können sie nicht weg.
Tirol hat knapp über Wien das geringste Durchnittseinkommen in Österreich: https://tirol.orf.at/stories/3007398/ dafür aber stark überdurchschnittliche Lebenshaltungskosten: https://tirol.orf.at/v2/news/stories/2804241/ insbesondere viel für Wohnen: https://kurier.at/chronik/im-westen-ist ... /400008477

Übrigens betreffen die Wohnkosten und das Betongold für Südtiroler Schwarzgeld und Luxenburger Steuerspareinkommen nicht nur die Touristentäler, Innsbruck ist davon mindestens genauso betroffen. Ich muss aus meinem Wohnungsfenster nur auf den spärlich beleuchteten Pema 2 Turm schauen. Super das Grün/VP/FI dem Investor den Deal für Pema 3 nochmal versüßt haben..
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Werna76
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Re: Betongold der Alpen, oder der Ausverkauf der Heimat

Beitrag von Werna76 »

ghostbikersback hat geschrieben: 22.11.2020 - 18:42Diskussion zu persönlichen Befindlichkeiten entfernt. /Mod. David93
Diskussion zu persönlichen Befindlichkeiten entfernt. /Mod. David93
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Re: Betongold der Alpen, oder der Ausverkauf der Heimat

Beitrag von hch »

ghostbikersback hat geschrieben: 22.11.2020 - 18:54 Das sehe ich ebenso, es ist die - nicht zuletzt durch den Tourismus angeheizte - hohe Nachfrage. Man wird aber nicht zu geringeren Preisen kommen, wenn man weniger baut. Dann trifft die hohe Nachfrage auf noch weniger Angebot. Und hier suggeriert die Reportage die falschen Schlüsse: Wenn nur weniger für Ausländer gebaut würde, wären die Preise niedriger. Das Gegenteil ist richtig, die Preise wären noch höher, wenn das Angebot gleich bliebe. Das Problem entsteht, weil einige den Hals nicht voll bekommen und absurde Preise verlangen und die bestehenden Flächen für den Tourismus und nicht fürs Wohnen bebaut werden.
Das was an Chalet-Dörfern oder städtischen Luxusapartments gebaut wird ist leider für die "normalen" Einheimischen nicht erschwinglich. Dafür bräuchtest es halt mehr gemeinnützigen Wohnbau. Aber außerhalb von Wien ist das derzeit leider nicht sehr populär. Der Bürgermeister von Innsbruck hat sogar noch die tolle Idee Steuergelder in "gefördert Eigentum" zu versenken, dass spätestens nach der erstens Generation auf dem Spekulationsmarkt landet. Direkt aus dem Playbook von Maggie Thatcher in den 80ern..
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Tiob
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Re: Betongold der Alpen, oder der Ausverkauf der Heimat

Beitrag von Tiob »

Im Prinzip sind wir uns ja alle einig. Immobilien in den österreichischen Alpen sollten für die dauerhaft wohnende Bevölkerung gebaut werden. Zweitwohnungen (sei es für Ausländer oder Österreicher) hat es inzwischen mehr als genug. Die Zuständigkeit um das durchzusetzten muss den Gemeinden entzogen werden da dort viel zu sehr das kurzfristige Geld regiert.

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