Seilbahnunglück Mottarone - Italien (Piemont) 23.05.21

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ATV
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Re: Seilbahnunglück Mottarone - Italien (Piemont) 23.05.21

Beitrag von ATV »

Lange war es ruhig. Nun kommt es nach eine Pause wieder in die Medien.
Anscheinend hat man die jährlichen Kontrollen des Vergusskopfes nicht durchgeführt und keine Wartung gemacht da jeder dachte, der andere mache es:
https://www.rainews.it/tgr/piemonte/art ... f24cb.html
https://tg24.sky.it/torino/2022/03/28/i ... -mottarone
Das neue Kapitel wurde gleichzeitig mit dem Beweisvorfall und der Untersuchung des Seils und des Gusskopfes durch die Vernehmungen zweier Techniker eröffnet, gegen die schließlich ermittelt wurde. Auf die Frage, ob sie gerade an diesem Abschnitt Wartungsarbeiten durchgeführt hätten oder nicht, dh ob sie diese Hülse geöffnet hätten, um den Zustand des Kabels zu überprüfen, verneinten sie, weitergemacht zu haben, da sie nicht an der Reihe waren und niemand sie jemals angewiesen hätte um diese Art von Wartung durchzuführen.
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Lagorce
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Re: Seilbahnunglück Mottarone - Italien (Piemont) 23.05.21

Beitrag von Lagorce »

Ehrlich gesagt, mich erstaunt nichts mehr im Falle Mottarone.

Meine (Haupt-)Vermutung ist, dass ganz banal der Unfall auf Korrosion mangels Wartung zurückzuführen ist.

Aufgrund des Bildmaterials der Vergussköpfe sieht es für mich so aus, als wäre das Innere des Seilkopfsystems, insbes. der Hohlraum zwischen der Seilaustrittsstelle vom Vergusskegel und der Seilaustrittsabdichtung am Ende der Distanzhülse (siehe Schnittzeichnungen eines ähnlich aufgebauten Seilkopfes sowie Diskussion weiter oben) über einen sehr langen Zeitraum (meinte u.U. mehrere Jahre) gar nicht mehr nachgefettet wurde, was ein Ansammeln von Wasser erlaubte, worauf die massive Korrosion zurückzuführen wäre.

Vorort würde jeder, der was von Seilbahnen versteht vermutlich ziemlich genau und schnell feststellen können, was vorging.

Bis auf Weiteres bleibt dies meine Vermutung. Ob nebst der bewussten Fangbremsenblockierung noch andere Faktoren eine mitentscheidende Rolle spielten, kann ich mangels Informationen nicht beurteilen.
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ATV
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Re: Seilbahnunglück Mottarone - Italien (Piemont) 23.05.21

Beitrag von ATV »

Tragedia del Mottarone, ‘mai visto quel tipo di manutenzione’
Tragödie von Mottarone, „diese Art von Wartung habe ich noch nie gesehen“
https://www.laregione.ch/estero/confine ... visto-quel
Tadini, uno dei 14 indagati, ha spiegato che, durante il suo incarico di caposervizio, non ha mai assistito alla manutenzione della parte della fune coperta dal manicotto, che veniva solo ingrassata inserendo del lubrificante. Operazione che avrebbe dovuto essere svolta da una ditta esterna con cadenza trimestrale. "Non ho mai visto smontarlo per controllare dentro"
Die Zugseilbefestigung wurde nie gewartet da der eine der Ansicht nach der andere mache es. Scheinen ja echte Profis zu sein. Bei Leitner habe ich auch ein paar Fragezeichen.

https://tg24.sky.it/torino/2022/04/04/i ... -mottarone
Incidente funivia Mottarone, Tadini: “Mai visto controlli dove si spezzò il cavo”
Mottarone-Seilbahnunfall, Tadini: „Nie Kontrollen gesehen, da wo das Kabel gerissen ist“

https://www.prealpina.it/pages/mottaron ... 73833.html
Tadini, capo servizio della funivia, ai magistrati: lo «smontaggio del manicotto» che avvolgeva il cavo trainante non veniva eseguito
Tadini, Leiter des Seilbahndienstes, an die Magistrate: Die "Demontage der Hülse", die das Schleppseil umwickelte, wurde nicht durchgeführt

https://fivedabliu.it/2022/04/05/strage ... brificato/
Strage della funivia Stresa-Mottarone, sotto la lente della Procura la mancata manutenzione di un “manicotto lubrificato”
Massaker an der Stresa-Mottarone-Seilbahn, unter der Lupe der Staatsanwaltschaft die mangelnde Wartung einer "geschmierten Hülse"
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Re: Seilbahnunglück Mottarone - Italien (Piemont) 23.05.21

Beitrag von ATV »

Mottarone shock: la fune andava controllata ogni 6 mesi, per 5 anni nessuno l'ha fatto
Mottarone-Schock: Kontrolle des Seils müsste alle 6 Monate gemacht werden, 5 Jahre lang hat es keiner gemacht

https://primanovara.it/cronaca/mottaron ... lha-fatto/
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Ram-Brand
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Re: Seilbahnunglück Mottarone - Italien (Piemont) 23.05.21

Beitrag von Ram-Brand »

ATV hat geschrieben: 06.04.2022 - 19:38
Mottarone shock: la fune andava controllata ogni 6 mesi, per 5 anni nessuno l'ha fatto
Mottarone-Schock: Kontrolle des Seils müsste alle 6 Monate gemacht werden, 5 Jahre lang hat es keiner gemacht

https://primanovara.it/cronaca/mottaron ... lha-fatto/
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Re: Seilbahnunglück Mottarone - Italien (Piemont) 23.05.21

Beitrag von ATV »

Nicht wirklich viel neues vom Mottarone:
https://www.lastampa.it/verbano-cusio-o ... _-3575003/

Vielleicht noch eine interessante Anmerkung:
Und dann, erklärte De Luca am Ende der Inspektion, „ haben wir überprüft, was sich in der Gegengewichtskammer befindet,
1 Jahr nachdem Unglück schaut man mal was sich im Spannschacht so befindet? :roll:
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Re: Seilbahnunglück Mottarone - Italien (Piemont) 23.05.21

Beitrag von GIFWilli59 »

Eins muss man ihnen lassen...sie bleiben dran und versuchen nicht, das Ganze durch Schweigen unter den Teppich zu kehren. Da bin ich ein klein wenig positiv überrascht.
Übersicht über meine Berichte
2020/21: 101 Tage
Skitouren (75): 18x Willingen, 15x Steinach, 12x Winterberg, 7x Gr. Inselsberg, 6x Ilmenau, 6x Ernstthal, 5x Schneekopf, je 1x Elkeringhausen, Döllberg/Suhl, Goldlauter, Jena, Kassel, Oberhof
Ski Alpin (14): 8x Willingen, 5x Winterberg, 1x Winterberg+Willingen
Resteski (12): 8x Winterberg, 2x Schneekopf, 2x Steinach
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Re: Seilbahnunglück Mottarone - Italien (Piemont) 23.05.21

Beitrag von ATV »

Noch ein Video davon:
Direktlink
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Kakadu
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Re: Seilbahnunglück Mottarone - Italien (Piemont) 23.05.21

Beitrag von Kakadu »

Hmm ... Video Minute 1:11 ... was wird da genau (mit der abgeschrägten Außenseite (!) der Meßschenkeln?) gemessen?
:argue: . . . . . . . . . :nixweiss: . . . . . . . . . :gruebel: . . . . . . . . . :verweis:

... es kann sein, dass ich nicht alle eMail-Benachrichtigungen erhalte, die bei abonnierten Threads oder PN-Eingängen ausgelöst werden sollten; direkt an mich adressierte eMails müßten aber ankommen ...
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Ram-Brand
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Re: Seilbahnunglück Mottarone - Italien (Piemont) 23.05.21

Beitrag von Ram-Brand »

Denke die Breite der Vertiefung im Rollengummi.
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Re: Seilbahnunglück Mottarone - Italien (Piemont) 23.05.21

Beitrag von ATV »

funivia corrosa dall'interno. La manutenzione mai fatta
Seilbahn von innen durchgerostet. Wartung nie gemacht

Der Einfachheithalber habe ich die Zitate einfach auf Deutsch übersetzt. Die Originalen auf Italienisch unter den Links abzurufen:
die Korrosion hat den empfindlichsten Abschnitt des Zugseils der Mottarone-Seilbahn beschädigt und geschwächt, bis sie gab der "Müdigkeit" nach und brach. Nur eine regelmäßige Wartung hätte einen Bruch verhindern können, aber niemand hat sich jemals die Mühe gemacht, spezielle Arbeiten am System durchzuführen.
Erstmals wurde der Grund für das Versagen der Zugseilbefestigung in der Zeitung genannt:
„die Korrosion auf das Wasser zurückzuführen sein könnte, das in das Seil eingedrungen ist und es verrostet hat, oder auf die Rückstände der Produktion des Gusskopfes, in dem Zinkchlorid verwendet wird, ein stark korrosives Mittel das muss durch sorgfältiges Waschen beseitigt werden".
https://www.affaritaliani.it/cronache/s ... 96236.html
Die Einschätzungen zu den Schlussfolgerungen: Der Befestigung des Zugseils hätte einer Wartung, die alle drei Monate durchgeführt werden müsste, unterzogen werden sollen und was aber seit 2016 nie mehr durchgeführt wurde.
Die offiziellen Ergebnisse des vom Untersuchungsrichter angeordneten Gutachtens zum Wrack der Kabine werden in den kommenden Wochen vorliegen, wenn die Techniker auch die Litzen mit einem Elektronenmikroskop untersucht haben, die Bündel aus einzelnen Stahldrähten , die miteinander verflochten, entstanden das Seil, das den Wagen der Kabine zog, an dem es durch den verschmolzenen Kopf eingehakt war , der wie eine riesige Kugel des Bremskabels eines Fahrrads ist. Einige Quellen können bereits angeben, dass das Seil weniger als einen halben Meter vom Gusskopf (der intakt ist) aufgrund fortschreitender innerer Korrosion gerissen ist , die eine Wartung hätte erkennen und mit einer alle drei Monate durchzuführenden Operation stoppen können. Entfernen der Hülse, die den gegossenen Kopf schützt, Ersetzen des Fetts, in das er eingetaucht ist, um ihn vor dem Eindringen von Regenwasser zu schützen, und Prüfen des Zustands des Seils durch Berühren. Ein Eingriff, der seit 2016, als der Gusskopf hergestellt wurde, noch nie stattgefunden hat und der erst im November 2021 stattfinden würde, als er nach 5 Jahren wieder aufgebaut werden musste.
https://milano.corriere.it/notizie/cron ... 5e8e.shtml

In Sterzing würd ich mir ein bisschen Sorgen machen.

Edit:
Nachtrag
Nur eine regelmäßige Wartung hätte verhindern können, dass das Seil reißt, das von innen korrodiert war, aber niemand hat sich jemals die Mühe gemacht, eine Arbeit zu erledigen, die nicht länger als ein paar Stunden dauert. Vielmehr wurde es bevorzugt, die Notbremsen mit den sogenannten „Gabeln“ zu deaktivieren.
Die Firma Funivie del Mottarone hatte die Instandhaltung mit einem Vertrag über 150.000 Euro jährlich an Leitner aus Sterzing übertragen, Weltmarktführer im Seilbahnsektor und gegen den nun zusammen mit denselben Seilbahnen und 12 Personen wegen mehrfacher Totschlag ermittelt wird. schwerste schuldhafte Verletzungen und Entfernung von Sicherheitssystemen.
https://www.ticinolibero.ch/news/cronac ... della-fune
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Re: Seilbahnunglück Mottarone - Italien (Piemont) 23.05.21

Beitrag von Neandertaler »

Kakadu hat geschrieben: 13.05.2022 - 17:12 Hmm ... Video Minute 1:11 ... was wird da genau (mit der abgeschrägten Außenseite (!) der Meßschenkeln?) gemessen?
Ram-Brand hat geschrieben: 14.05.2022 - 07:43 Denke die Breite der Vertiefung im Rollengummi.
Nennt sich auch Seilscheibeneinlage, aber über Detailbegriffe wollen wir uns hier nicht streiten.

Dieses Maß ist wichtig, da bei zu großer Aufweitung durch Abnutzung das Seil zu einem ordentlichem Drall neigt. Dieser Drall muß dann im Seil aufgenommen werden das zu erheblichen Materialbelastungen durch Drehung an den fest eingebauten Vergußköpfen führt.
Es sind gewisse Toleranzen vorhanden und sollte bei der jährlichen Revisionen gemacht werden.
Neu: Aus- und Weiterbildung zur Glühbirne. Man hat die Erleuchtung und kann dann alles mit Fassung ertragen!

Grüße aus Rockcity
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Ram-Brand
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Re: Seilbahnunglück Mottarone - Italien (Piemont) 23.05.21

Beitrag von Ram-Brand »

Sehr merkwürdig das ganze.

Wie kann ich als Seilbahnhersteller, der beauftragt wurde, die Bahn nicht richtig überprüfen?

Anscheinend wurde der Vergusskopf nie kontrolliert.


Wie oft kommt den die Behörde in Italien vorbei um die Anlage abzunehmen?
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Re: Seilbahnunglück Mottarone - Italien (Piemont) 23.05.21

Beitrag von jojo2 »

Ram es kommt ja drauf an was vertraglich festgehalten wurde. Es gibt ja auch tägliche Instandhaltungsaufgaben usw. Glaube kaum das diese auch von Leitner gemacht wurden. Das würde ja bedeuten Leitner hätte dort einen Angestellten abstellen müssen.

Also ist nun die Frage wo wurde die Grenze gezogen.
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ATV
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Re: Seilbahnunglück Mottarone - Italien (Piemont) 23.05.21

Beitrag von ATV »

Da währe meiner Auffassung nach der Hersteller schon auch in der Pflicht zumal ja ein Mitarbeiter von Leitner auch am Mottarone tätig war.

Vielleicht von von Interesse:

Dekret144
2. 7 Adempimenti sui controlli specifici
Per disciplinare l'esecuzione degli scorrimenti e dei controlli speciali di cui sopra, il Direttore d'esercizio deve preventivamente redigere apposite istruzioni contenenti modalita, metodi e mezzi
per la loro corretta e sicura esecuzione, assumendo allo scopo le necessarie informazioni dalle ditte costruttrici dell'impianto e della fune nonche da tecnici qualificati nel settore dei controlli non
distruttivi. Tali istruzioni sono da allegare e quelle depositate presso l'impianto e al M.U.M. e sono inviate in copia alla competente Autorita di sorveglianza. Dell'esito degli scorrimenti e/o dei controlli periodici speciali, il Direttore d'esercizio deve redigere apposito verbale nel quale descrive le operazioni eseguite, riportando le modalita di esecuzione, l'entita motivata degli scorrimenti, il risultato dei controlli, gli altri eventuali provvedimenti assunti
per scorrimenti o controlli ulteriori o ravvicinati rispetto alla periodicita sopra definita, ed esprime il suo motivato e responsabile giudizio di ammissibilita della permanenza in opera della fune. Il verbale di cui al precedente punto e depositato presso l'impianto, unitamente alla documentazione e alia certificazione resesi necessarie alla formazione del giudizio di ammissibilita di cui sopra. Copia del verbale e sollecitamente inviata all' Autorita di sorveglianza, la quale verifica la completezza delle operazioni effettuate a queUe previste nei punti precedenti e l'esistenza del giudizio di ammissibilita in opera della fune. Qualora, entro le scadenze determinate nella presente decreto, non risultino favorevolmente ultimate le operazioni prescritte con le conseguenti formulazioni di giudizio, non e consentita la prosecuzione del pubblico esercizio dell'impianto.
Deutsch übersetzt:
2. 7 Einhaltung spezifischer Kontrollen
Die Durchführung der vorgenannten Intervall- und Sonderkontrollen regelt der Betriebsleiter muss zunächst spezifische Anweisungen erstellen, die Verfahren, Methoden und Mittel enthalten für deren korrekte und sichere Durchführung, wobei wir die hierfür erforderlichen Informationen von den Unternehmen entgegennehmen Hersteller der Anlage und des Seils sowie durch Techniker, die auf dem Gebiet der nicht Destruktiven Kontrollen qualifiziert sind. Diese Anweisungen sind beizufügen und im Werk zu deponieren sowie der M.U.M. als Kopie an die zuständige Aufsichtsbehörde übermittelt. Der Betriebsleiter das Ergebnis des Betriebs und / oder der speziellen regelmäßigen Überprüfungen ein Sonderbericht erstellen, in dem die durchgeführten Operationen beschrieben und die Ausführungsmethoden gemeldet werden, die begründete Form der Zettel, die Ergebnisse der Kontrollen, alle anderen ergriffenen Maßnahmen für weiteres oder enges Betrieb oder überprüfungen in Bezug auf die oben definierte Periodizität, und drückt die aus sein motiviertes und verantwortliches Urteil über die Zulässigkeit der Permanenz des Seils. Der im vorigen Punkt genannte Bericht wird zusammen mit der Dokumentation im Werk hinterlegt und die für die Bildung des vorgenannten Zulässigkeitsbeschlusses erforderliche Beglaubigung. Eine Kopie des Berichts ist unverzüglich an die Aufsichtsbehörde, die dies überprüft Vollständigkeit der durchgeführten Operationen in Bezug auf die in den vorherigen Punkten vorgesehenen und das Bestehen des Urteils von Zulässigkeit des Seils. Wenn Sie dies innerhalb der in dieser Verordnung festgelegten Fristen nicht tun Die vorgeschriebenen Operationen werden vorteilhafterweise mit den folgenden Formulierungen abgeschlossen Urteil ist die Fortführung des öffentlichen Betriebs der Anlage nicht zulässig.

Betreffend der Inspektionshäuigkeit der Zugseilbefestigung:

1.8 Attacco di estremita a testa fusa o capicorda
Per i criteri di controllo, Ia manutenzione e la riparazione degli attacchi di estremita si richiama
l'applicazione della norma UNI EN 12927-7, punto 5.4.

Bild

Und die dazugehörige EN12927-7:
Bild

Edit Nachtrag:
Stellungnahme von Leitner vom 24.05.2022:
Sterzing, 24. Mai 2021 – In Zusammenhang mit dem tragischen Seilbahnunglück, welches sich
gestern an der Seilbahn Stresa-Mottarone ereignet hat, gibt Leitner auf Basis der
unternehmensinternen Unterlagen sowie der internen Prüfungen die Liste der in den letzten
Monaten durchgeführten Kontrollen und Wartungen bekannt. Diese entsprechen den
Anforderungen der geltenden Gesetzgebung und basieren auf dem mit der Betreibergesellschaft
„Ferrovie del Mottarone“ abgeschlossenen Wartungsvertrag:
• 3. Mai 2021: Wartung und Kontrolle der hydraulischen Bremsanlagen der Fahrzeuge
• 29. März bis 1. April 2021: Zerstörungsfreie Prüfungen an allen mechanischen
Sicherheitskomponenten der Anlage. Diese waren für die im August 2021 fällige
Fünfjahresrevision vorgesehen und wurden vorgezogen.
• 18. März 2021: Funktionsprüfung des gesamten Antriebssystems
• 4. und 5. März 2021: Schmierung und Kontrolle der Laufrollen und der Seilscheiben in
den Stationen.
• 1. Dezember 2020: Test mit einer Simulation des Zugseilrisses und anschließendem
Einfallen der Tragseilbremse - durchgeführt an beiden Kabinen.
• 5. November 2020: Regelmäßige magnetinduktive Kontrolle der Zugseile (und aller Seile
der Anlage) gemäß der Verordnung Nr. 144 vom 18.05.2016 des Verkehrsministeriums
(Regelmäßigkeit einmal pro Jahr vorgeschrieben) mit positivem Ergebnis.
Die täglichen und wöchentlichen Kontrollen, welche die Betriebsvorschriften sowie die
Bedienungs- und Wartungsanleitung vorsehen, liegen in der Verantwortung des Betreibers.
https://www.leitner.com/fileadmin//user ... 021_DE.pdf
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Re: Seilbahnunglück Mottarone - Italien (Piemont) 23.05.21

Beitrag von Ram-Brand »

jojo2 hat geschrieben: 17.05.2022 - 08:40 Ram es kommt ja drauf an was vertraglich festgehalten wurde. Es gibt ja auch tägliche Instandhaltungsaufgaben usw. Glaube kaum das diese auch von Leitner gemacht wurden. Das würde ja bedeuten Leitner hätte dort einen Angestellten abstellen müssen.

Also ist nun die Frage wo wurde die Grenze gezogen.
Das stimmt. Tägliche und Wöchentliche Kontrollen machen die Betreiber in der Regel selber.

ATV hat den Text von Leitner zitiert. Da steht es ja auch.


Man macht den Wartungsvertrag mit einer Firma ja auch, wenn man nicht die Qualifizierten Personen, etc. dafür hat.
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Re: Seilbahnunglück Mottarone - Italien (Piemont) 23.05.21

Beitrag von Liftler1976 »

https://www.localteam.it/video/tecnici- ... i-cabina-3

Vielleicht noch interessant ein Video vom Abbau des Vergusskegels.

Lagorce
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Re: Seilbahnunglück Mottarone - Italien (Piemont) 23.05.21

Beitrag von Lagorce »

Danke. Siehe ebenfalls div. Local Team Youtube Videos vom 2022-01-17 (leider bei Youtube unter "4 months ago" suchen):
https://www.youtube.com/c/LocalTeam


Edited:
Die Videos vom 2022-01-17 wurden bereits von ATV erwähnt.

Beim Local News Video von Liftler1976 ist mir die Länge des herausragenden Seilrests (Seele?????) aufgefallen, sieht eigentlich so aus, als hätte man erwartet, dass dieser bei Nahaufnahmen von der gegen den Baustamm gedrückten Seilkopfvorrichtung noch irgendwo seitlich herunterhängen sollte. Auf den alten Fotos von Ground Zero sieht man jedoch nur den hinteren Teil der Vorrichtung (Distanzhülse aus Stahl), der in den Baum gedrückt wurde, Seilresten sind nicht ersichtlich.

IMO verblieb der Vergusskegel selbst im Seilkopf, oder er "löste" sich zumindest teilweise in kleinere Trümmer auf, die dann u.U. teilweise herausgerissen wurden (viewtopic.php?f=35&t=65494&start=400#p5326178).

Das Bildmaterial vom Zerlegten Seilkopf von Kabine 3 sieht doch merkwürdig aus. Leider wurde untersuchungstechnisch derart gepfuscht, dass man sich kaum ein sinnvolles Bild des Originalzustandes unmittelbar nach dem Unfall machen kann. Das ganze Zeug wurde ja auch optimal korrosionsfördernd konserviert (in einem Plastiksack vorort, in dem sich mit Sicherheit keine Silicageltaschen befanden, also ideal für hohe Feuchtigkeit inkl. Kondensation).

Schade, dass die Medien nicht in der Lage sind technisch interessantes Bildmaterial zu erstellen. Einfach ein Kamera auf ein stativ stellen und laufen lassen anstelle von verschiedenen Seiten her zu filmen.

Hätte jemand vom Forum hier Zugang zu Ground Zero, der Bergstation Alpino, Stütze, usw. gehabt, hätte man einiges besser auswertbares Bildmaterial erstellen können (i.Vgl. konnte ich beim Croix de Lognan Brand am Tag danach während die Feuerwehr noch arbeitete über tausend hochauflösende Fotos machen (vermutlich sogar vor den eigentlichen Untersuchugen sofern solche überhaupt angestellt wurden, da die Brandursache klar war).
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Re: Seilbahnunglück Mottarone - Italien (Piemont) 23.05.21

Beitrag von ATV »

Zum heutigen 1. Jährugen Jubiläum haben die Medien das Thema wieder aufgegriffe, wenn sich auch die meisten einfach mit dem Abdrucken von Depechen begnügen.
https://www.nau.ch/news/europa/monte-mo ... n-66184281

Eine Meldung sticht aber heraus. Vielleicht noch interessant:
Ein Jahr nach Mottarone das Paradoxon der Seilbahnen: Es gibt keine Inspektoren für Kontrollen und Tests
https://torino.repubblica.it/cronaca/20 ... 350784150/
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Re: Seilbahnunglück Mottarone - Italien (Piemont) 23.05.21

Beitrag von TPD »

Habe schon lange nicht mehr in dieses Topic geschaut.
Aber ich finde es ja schon recht interessant, dass man jetzt praktisch ein Jahr benötigte um herauszufinden, dass es am Vergusskopf lag...
Denke seit dem Unglück auf der Bettmeralp sollte man genügend Erfahrung haben und den Vergusskopf gerade als Erstes untersuchen?
https://www.skichablais.net, seit 20 Jahren über Bergbahnen der Region Chablais und Umgebung.
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Re: Seilbahnunglück Mottarone - Italien (Piemont) 23.05.21

Beitrag von ATV »

Unter all den Copy/Paste Artikeln zum Jubiläum, welche sich meist mit eher Nebensächlichkeiten beschäftigen, wie zum Beispiel Familienverhältnisse oder Zeremonien, fällt ein Artikel auf welcher sich mit dem PPP des Mottarone beschäftigt und ein paar Fragen aufwirft welche vom grossen Mehr der Medien ignoriert werden.

https://www.ie.edu/insights/articles/et ... car-crash/
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Re: Seilbahnunglück Mottarone - Italien (Piemont) 23.05.21

Beitrag von gfm49 »

Gleiches Thema: Autobahnbrücke bei Genua
Ähnliches Thema: Gasreserve (war in D bislang gar nicht geregelt, sondern völlig freiwillig der Industrie überlassen)
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Re: Seilbahnunglück Mottarone - Italien (Piemont) 23.05.21

Beitrag von odolmann »

ATV hat geschrieben: 25.05.2022 - 06:47 Unter all den Copy/Paste Artikeln zum Jubiläum, welche sich meist mit eher Nebensächlichkeiten beschäftigen, wie zum Beispiel Familienverhältnisse oder Zeremonien, fällt ein Artikel auf welcher sich mit dem PPP des Mottarone beschäftigt und ein paar Fragen aufwirft welche vom grossen Mehr der Medien ignoriert werden.

https://www.ie.edu/insights/articles/et ... car-crash/
Danke für den Artikel. Die kritischen Fragen bzw. Gedanken zu dieser Art des Betriebs einer Seilbahn sind richtig und es wäre gut wenn da eine allgemeine Debatte geführt wird. Ob am Ende eine Re-Kommunalisierung steht sehe ich eher nicht, denn die öffentliche Hand im allgemeinen ist nicht sehr liquide und in Italien dürfte das nicht besser sein. Was ich jedoch im konkreten Fall nicht ganz verstehe, wurde denn hier durch das Dekret der italienischen Regierung die "große Wartung" inkl. Erneuerung des Vergußkopf aufgeschoben oder waren die gesetzlichen Fristen noch gar nicht erreicht? Anders gefragt: muss man nicht eher davon ausgehen dass die Schlamperei bzw. Nachlässigkeit am Mottarone nicht schon viel länger lief und deswegen die Schädigung fortschreiten konnte und auch noch unentdeckt bliebt?
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Re: Seilbahnunglück Mottarone - Italien (Piemont) 23.05.21

Beitrag von Kris »

Der Artikel beschreibt nicht, dass Sicherheitsvorschriften gelockert wurden (im Zuge der Covid Krise). Vielmehr vertritt der Autor die Meinung, dass der staatlicher Besitzer einer privat betriebenen Infrastruktur diesem nicht genügend auf die Finger schaut, obwohl dieser vertraglich dazu das Recht (nicht die Pflicht) hätte.
Der private Betreiber verpflichtet sich im PPP-Vertrag, das ihm anvertraute Gut regelkonform zu betreiben, zu warten und zu überprüfen. Und dem staatlichen Eigentümer dies auch nachweisen zu können auf Verlangen.
Wenn ich mir hypothetisch ein Auto von Mutti Staat ausborge, möchte Mutti sicherstellen, dass ich es regelkonform betreibe, zum TÜV fahre, nötige Reparaturen durchführe, usw. Diese Nachweise darf Mutti einsehen (muss es aber nicht - auch wenn der Autor hier etwas anderes suggerieren möchte).

Im Zuge einer Umstrukturierung der Aufsichtsbehörde (Personalmangel - habe die Zahl nicht präsent, glaube im Piemont gab es genau einen Fachexperten bei der Behörde) und ggf. verstärkt durch die Covid Krise scheint es jedoch so gewesen zu sein, dass die Aufsichtsbehörde verzichtet hat, die durchgeführten Prüfungen der Anlage amtlich zu verifizieren. Die Prüfung der Anlage selbst unternimmt der Betreiber bzw. gibt diese in Auftrag nach den gesetzlichen Bestimmungen bzw. dem Betriebshandbuch. Die Prüforgane sehen sich das dann an, nicken das offiziell ab und die Bahn behält damit ihre Betriebsbewilligung bei. Es kann sein, dass hier auf diesen m.M.n. eher zeremoniellen Schritt verzichtet wurde.

Wobei zu klären wäre, welche Aspekte im Detail überhaupt zu verifizieren gewesen wären. Das weiß ich nicht. Jedenfalls: Wenn die Aufsichtsbehörde bisher übersehen hat, dass kein Prüfprotokoll über die Seilprüfung innerhalb der Oplatkschen Hülse vorlag, so werden sie es im Unfalljahr genauso übersehen haben. Denn das Seil scheint überwiegend wenige cm vor dem Verguss gerostet/gebrochen zu sein, also innerhalb der eingefetteten Hülse.

Fatalerweise hat hier scheinbar die Vorrichtung zur Verhinderung von vorzeitigen Seilbrüchen (die Verlängerungshülse als Learning vom Bettmeralpunfall) dazu geführt, dass Seilbrüche/Rost nicht bemerkt wurden. Weil sich offenbar Feuchtigkeit im Seilinneren/der Seele gesammelt hat, Rost im immerfeuchten fettumgebenden Bereich bestens nagen konnte.

Und vor allem, weil keiner daran gedacht hat (weshalb nicht?!), die Hülse auf-zuschrauben um im Inneren den Seilzustand zu kontrollieren! Je nach Auslegung des ital. Dekrets muss das übrigens auch nicht (vierteljährlich Seilbefestigung, jährlich Seil als Ganzes) abgeschraubt und entfettet werden, ....siehe funivie.org Forum dazu. Im Betriebshandbuch müsste das jedoch klarerweise drinnenstehen aber.


Das Dilemma in Italien war (bzw. ist immer noch), dass Aufsichtsbehörde je nach Region fatal unterbesetzt sind. Um eine Betriebsaufnahme nach den zehrenden Covid-Schließungen nicht noch bürokratisch zu verunmöglichen, wurde offenbar Seilbahnbetreibern erlaubt hat, auch ohne dem staatlichen Sanktus in die Saison zu starten.
Ich meine jedoch, dass dies zumindest am Mottarone keinen Unterschied gemacht hätte.

Um beim Vergleich mit obigen vom Staat geborgten Auto zu bleiben: Ich muss das Auto zum (privaten) TÜV fahren, dort wird es überprüft nach den gesetzl. Bestimmungen. Dann muss ich jedoch noch warten, bis die staatliche Aufsichtsbehörde das Prozedere offiziell abnickt, erst dann dann bekommt die Prüfplakette gültigkeit. Im Zuge der Covid Krise und aus Personalmangel hat der Staat auf diese Verifizierung verzichtet, ich darf mich ausnahmsweise selbst Zertifizieren (autocertificazione).


Heuer war es in Konsequenz dann so, dass nach erfolgten Revisionen und Prüfungen einige Anlagen zu Saisonstart wochenlang nicht in Betrieb gehen konnten, weil die Aufsichtsbehörde nicht anrückte. Anderseits sind Aufsichtsbehörden jetzt nach dem Unglück besonders pedantisch. Oder deren gestresstes Personal haut ab, da auch diese im Falle des Falles juristisch wie auch ethisch enorm unter Druck gesetzt wird (vgl. Monteviasco Unfall). In Italien kann man im technischen Bereich heute als Leiter/Ingenieur/... keinen Beruf mehr ausüben, ohne dass es einen innerlich ob der externen Verantwortung zerreist.

**

Der Artikel erscheint mir insgesamt ein wenig sinister. Wissenschaftliche Artikel werden in der Regel erst dann ausgearbeitet, nachdem zugrundeliegenden Vorgänge vollumfänglich verstanden sind. Erst dann lassen sich fundierte Analysen mit relevanten Folgerungen und evtl. Empfehlungen formulieren. Was auch i.d.R. auch viel mehr Zeit in Anspruch nimmt.

Ich könnte mir somit vorstellen, dass sich der Autor hier als Fachmann positionieren möchte, in der Hoffnung im später folgenden Zivilprozess von einer anklagenden Partei als Experte angeheuert zu werden. Sinnvollerweise mit dem Auftrag, eine letztendlich unbeschränkte Haftung des Staates durchzuboxen: Vom privaten PPP-Nehmer wird ja kaum was zu holen sein, bzw. die Leistungen einer Haftpflichtversicherung zu gering ausfallen...
>> Die unaufhaltsame Industrialisierung des Skiraums führt zu Banalisierung und somit zum Verlust der magischen Skisportfreude<<
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ATV
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Re: Seilbahnunglück Mottarone - Italien (Piemont) 23.05.21

Beitrag von ATV »

Zwischenuntersuchungsbericht:
Katastrophe bei Mottarone: „Altes Seil und menschliche Fehler“
https://www.laregione.ch/estero/confine ... -direzione

Habe mal das relevante übersetzt:
Ein „Mangel“ nach dem anderen
Auch zu den „Mängeln“ in der Betriebsführung gibt es viele Beobachtungen: leere Kassen, schlecht ausgebildetes Personal, Eile, Oberflächlichkeit, Mangel an einfachen und effektiven Betriebsanweisungen. Elemente, die die beiden 007 noch vor Abschluss der Ermittlungen dazu veranlassten, "Empfehlungen" an alle Unternehmen zu verteilen, die mit Seilbahnen zu tun haben, um zu verhindern, dass sich eine Tragödie wie die von Mottarone wiederholt.
Als an diesem Tag die mit Passagieren beladene Kabine drei auf dem Weg zum Ankunftsbahnhof war, riss das Abschleppseil. Es ist entscheidend, den Grund zu verstehen. In der Reihe der Hypothesen gibt es zwei, die sich durchsetzen. Der erste ist der des „Alters“. Der betroffene Abschnitt befindet sich in der Nähe des Angriffs des sogenannten "verschmolzenen Kopfes" und ist "Korrosion, Spannung, Instabilität oder Verdrehung" ausgesetzt. Phänomene, die genau überwacht werden sollten. So sehr, dass der Hersteller Leitner auf die Notwendigkeit hinwies, vierteljährliche Inspektionen durchzuführen, indem der Endkonus demontiert wurde. Die beiden 007 von Digifema argumentieren jedoch, dass im Zeitungsregister für den Zeitraum zwischen dem 7. Oktober 2020 und dem 23. Mai 2021 „keine Anhaltspunkte für eine solche Kontrolle gefunden wurden“.

'Manipulation' oder 'falsche Montage'
Die zweite Möglichkeit betrifft "die Erhöhung der Spannung des Seils", verursacht "durch die Trägheit der auf der unteren Platte ruhenden Masse des Gegengewichts". In diesem Fall musste der Notstopp-Endschalter ausgelöst werden. Es hat nicht gezündet. Weil? Vielleicht durch "Manipulation" oder "falsche Montage".
Heisst, Neben den unterstellten Fangbremse und der mangelden Wartung war auch die Überwachung des Spanngewichtes deaktiviert.
Die beiden Stabschalter der Endlage waren so gedreht, dass das Spanngewicht sie nicht berührte und daher am Boden auflag.

Weitere Berichte dazu:
https://tg24.sky.it/torino/2022/05/26/f ... -relazione

https://www.cdt.ch/news/mondo/mottarone ... mma-283797

Den Bericht kann man hier einsehen:
https://www.funivie.org/web/mottarone-p ... ggio-2021/
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