Seilbahnunglück Mottarone - Italien (Piemont) 23.05.21

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mhf
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Re: Seilbahnunglück Mottarone - Italien (Piemont) 23.05.21

Beitrag von mhf »

ATV hat geschrieben: 07.07.2021 - 16:22 Sehe ich das Richtig, dass die Spannkraft auf Sektion 2 rund ein Drittel grösser ist als auf Sektion 1? Weil das Spanngewicht sich im Berg befindet?
eher wegen des doppelt so grossen spannfeldes zwischen S2 und S3
das seil hängt da unter eigengewicht schon gut 90 m durch. bei 2/3 der kraft wären es fast 150 m
bei gleicher spannfeldgeometrie ergibt eine gleiche kraft gleichen durchhang, egal wo das gewicht hängt...am berg muss es nur schwerer sein um die gleiche kraft zu erzeugen.

RWV
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Re: Seilbahnunglück Mottarone - Italien (Piemont) 23.05.21

Beitrag von RWV »

Meine laienhafte Frage, hab nur ein paar Seiten mitgelesen:
ist es irgendwie technisch möglich, dass zuerst das Spanngewicht in den Schacht fällt (,Aufhägungsbruch oder so was)? Der Wind bewegt daher zuerst das Blatt. Berg und Talseil verlieren daher auch gleichzeitig Spannung. Erst nach ein paar Meter Talfahrt reißt das Zugseil aus dem Vergusskopf durch einen Ruck?
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Re: Seilbahnunglück Mottarone - Italien (Piemont) 23.05.21

Beitrag von Ram-Brand »

Ne.

Die Kabine fährt nicht erst mit Seil ein paar Meter talwärts. Sieht man im Überwachungsvideo.
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Re: Seilbahnunglück Mottarone - Italien (Piemont) 23.05.21

Beitrag von NordseeMatze »

Latesn hat geschrieben: 06.07.2021 - 18:58 Einfallszeiten bei TSB ungeregelt von 0.4 Sekunden sind durchaus im Bereich des normalen ja.

Kann auch mal 1.5s sein aber auch das ist dann noch nicht wild.
Oh, 1,5s und "noch nicht wirklich wild". Das täuscht, würde die Kabine auch nur mit 2,5g durchs talseitige Seil beschleunigt, so würde diese dann ganz grob gerechnet auf um > 30m/s (ca 100km/h) kommen. (Dynamik höhere Fahrwerksbeschleunigung, Pendeln mit nachlaufender Kabinenbeschleunigung außen vor, die Energie steckt ja zuletzt im der ganzen Kabine).

Für einen sicheren Griff der Tragseilbremse ist eine möglichst kurze Eingriffzeit von essentieller Bedeutung. Selbst 0,4s sind da schon nen Menge, denn dazu ist noch zu bedenken, dass zunächst das Fahrwerk (mit höherer Beschleunigung) auf Trab gebracht wird.
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Re: Seilbahnunglück Mottarone - Italien (Piemont) 23.05.21

Beitrag von Latesn »

NordseeMatze hat geschrieben: 09.07.2021 - 12:01
Latesn hat geschrieben: 06.07.2021 - 18:58 Einfallszeiten bei TSB ungeregelt von 0.4 Sekunden sind durchaus im Bereich des normalen ja.

Kann auch mal 1.5s sein aber auch das ist dann noch nicht wild.
Oh, 1,5s und "noch nicht wirklich wild". Das täuscht, würde die Kabine auch nur mit 2,5g durchs talseitige Seil beschleunigt, so würde diese dann ganz grob gerechnet auf um > 30m/s (ca 100km/h) kommen. (Dynamik höhere Fahrwerksbeschleunigung, Pendeln mit nachlaufender Kabinenbeschleunigung außen vor, die Energie steckt ja zuletzt im der ganzen Kabine).

Für einen sicheren Griff der Tragseilbremse ist eine möglichst kurze Eingriffzeit von essentieller Bedeutung. Selbst 0,4s sind da schon nen Menge, denn dazu ist noch zu bedenken, dass zunächst das Fahrwerk (mit höherer Beschleunigung) auf Trab gebracht wird.
Ich habe nochmal nachgelesen. Es war vllt auch etwas missverständlich ausgedrückt:

z.B. bei einer Anlage aus den 2010er Jahren

Talfahrt:
Zange 1 sofort
Jede weitere Zange alle 2 Sekunden

Bergfahrt:
Bei Stillstand des Laufwerkes oder spätestens nach 8 Sekunden ungestaffelt

Sofort heisst dabei Einfallszeit zwischen 0,4 und 0,8 Sekunden.

Mir sind aber auch Anlagen mit 1,2 ungestaffelt bekannt.
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Re: Seilbahnunglück Mottarone - Italien (Piemont) 23.05.21

Beitrag von mhf »

@ matze
sehe ich auch so.
die anfangsbeschleunigung schätze ich aber für die ersten zwei/drei meter, bis die kabine mitzieht, eher auf etwa 40-50 m/s2, da nur der laufwagen und anteiliges seil beschleunigt wird (zuzgl. kleiner rotationsanteil für gehänge und kabine).
die elastische dehnung durch das spanngewicht anteilig von 9,5 to beträgt auf einer seilhälfte wohl knapp 10 m. nach dieser strecke resultiert die beschleunigungskraft nur noch aus dem seilgewicht, bis dieses zu boden geht und natürlich die abtriebskraft des fahrzeugs.
mit diesen werten hätte das laufwerk nach 0,2 s etwa 1m zurückgelegt und ist knapp 10 m/s schnelll. die beschleunigung hat dann entsprechend etwa 10% abgenommen.
nach 0,5 s wären wir dann bei etwa 5 m mit gut 20 m/s, aber da wird wohl schon die kabine kräftig mitgerissen und die beschleunigung wesentlich reduziert, da auch die federspannung nur noch halb so gross ist. gleich überwiegt die erdbeschleunigung, so dass auch die seilhülse nach unten geht
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Re: Seilbahnunglück Mottarone - Italien (Piemont) 23.05.21

Beitrag von Kakadu »

RWV hat geschrieben: 08.07.2021 - 23:51 ist es irgendwie technisch möglich, dass zuerst das Spanngewicht in den Schacht fällt (,Aufhägungsbruch oder so was)? Der Wind bewegt daher zuerst das Blatt. Berg und Talseil verlieren daher auch gleichzeitig Spannung. Erst nach ein paar Meter Talfahrt reißt das Zugseil aus dem Vergusskopf durch einen Ruck?
Technisch wäre das zwar (rein theoretisch) nicht unmöglich – aber nicht nur ziemlich unwahrscheinlich (andere Elemente versagen vorher), sondern hier war das auch erkennbar nicht der Fall. Auch müßte die Anlage so konzipiert sein, daß so ein Vorfall prädestiniert wäre – was nicht grundlegend auszuschließen wäre. Einiges müßte aber anders ablaufen. Nun – gesetzt der Fall, das Spanngewicht löst sich von der Umlenkrolle und die Umlenkrolle würde von der Seilschleife schlagartig an den "oberen Anschlag" gezogen – was müßte dann abgelaufen sein?

1. Spanngewicht fällt zu Boden und Umlenkscheibe schnellt "nach oben" (je nachdem, in welcher lage die eingebaut ist, wäre das allenfalls ein "nach vorne" etc.
=> Sowohl Auftreffen des Spanngewichts am unteren Anschlag, als auch der Umlenkrolle am "oberen" Anschlag, müßte das ganze Stationsgebäude mindestesns soweit erschüttert haben, daß das in der Überwachungskamera sichtbar wäre.
2. Zwischen Zeitpunkt der Trennung des Spanngewichts von der Umlenkscheibe und Anschlagen der Umlenkscheibe am "oberen" Anschlag müßte das Laufwerk der Kabine sichtbar eine kurze "Rückwärtsbewegung" um den Betrag der Spanngewichtsauslenkung gemacht haben – und dann wäre das Laufwerk erkennbar gestoppt worden – und durch diesen Schlag hätte dann der Zugseil-Vergußkegel versagt ... Dieser ruckartige Stop ist im Video nicht erkennbar.

=> Fazit: so ein Szenario ist zwar vorstellbar – die Überwachungsvideos zeigen das aber nicht

Eine andere Frage wäre dann aber, ob die Umlenkscheibe dann wirklich noch dreht (und nicht massiv beschädigt ist). So ein Versuchsszenario wäre zwar nicht uninteressant, steht aber wohl kaum im Vordergrund. Hat es überhaupt schon mal einen Unfall mit Versagen des Spanngewichts gegeben?
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Re: Seilbahnunglück Mottarone - Italien (Piemont) 23.05.21

Beitrag von mhf »

Kakadu hat geschrieben: 09.07.2021 - 16:06:

=> Fazit: so ein Szenario ist zwar vorstellbar – die Überwachungsvideos zeigen das aber nicht
stimmt was du sagst, aber hast du auch das bedacht:
das gewicht ist einmal eingeflascht. wenn die oberflaschenscheibe bricht, kippt, seil entgleist, o. wasweissich, fällt das gewicht ein stück in den zugseilring. (papierflattern?)
massenträgheit der scheiben und seilreibungen verhindern vlielleicht das rückwärtsfahten der kabine, der fangschlag reisst das seil aus dem kopf.
könnte auch der schwingungsdämpfer eine rolle spielen?
k.a. wie das gewicht geführt ist im schacht, könnte event. durch schlechte schmierung verkantung auftreten?... stick slip?
apropos erschütterung durch spanngewicht...müssten ja während des videos erfolgt sein...hat wer was gesehen?
fall könnte auch durch das zurücklaufende zugseil gedämpft sein?
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Re: Seilbahnunglück Mottarone - Italien (Piemont) 23.05.21

Beitrag von Kakadu »

mhf hat geschrieben: 09.07.2021 - 16:42
Kakadu hat geschrieben: 09.07.2021 - 16:06:
=> Fazit: so ein Szenario ist zwar vorstellbar – die Überwachungsvideos zeigen das aber nicht
stimmt was du sagst, aber hast du auch das bedacht:
das gewicht ist einmal eingeflascht. wenn die oberflaschenscheibe bricht, kippt, seil entgleist, o. wasweissich, fällt das gewicht ein stück in den zugseilring. (papierflattern?)
Das von mir zugrundegelegte Szenario ist bewußt einfach gehalten und basiert auf folgenden Annahmen: Spanngewicht kann problemlos in Führungsschienen flottieren – die Verbindung zwischen Spanngewicht und Umlenkrolle (die ebenso in einer Führungsschiene o.ä. liegt) versagt; Führungsschienen von Spanngewicht und Umlenkrolle werden nicht übermäßig beschädigt, so daß sie weiterhin tun (Scheibe dreht weiter; Seil entgleist nicht).
massenträgheit der scheiben und seilreibungen verhindern vlielleicht das rückwärtsfahten der kabine, der fangschlag reisst das seil aus dem kopf.
... nach Versagen der Verbindung Spanngewicht-Seilscheibenaufhängung schnellt die Seilscheibe an den "oberen" Anschlag – was natürlich einen sehr harten Schlag auf die Zugseilschleife ergibt (sofern nicht dieser Teil gedämpft ist). Daß dieser Schlag den Vergußkopf der Kabine zum versagen bringen könnte, wäre alles andere als unvorstellbar ... aber wie erwähnt: das mußte bei der Bewegung des Laufwerks erkennbar sein: erst ein Stück "zurücksetzen", und dann abrupt gestoppt werden – und dann geht's bergab. Dieses erste zurücksetzen und nochmal (mit Schlag) anhalten ist nicht erkennbar – Kabine und Laufwerk machen das nicht. Aber wie gesagt: das Szenario ist sehr wohl denkbar ...
könnte auch der schwingungsdämpfer eine rolle spielen?
... welcher?
k.a. wie das gewicht geführt ist im schacht, könnte event. durch schlechte schmierung verkantung auftreten?... stick slip?
Möglich ist alles – k.A., was da offiziell in den Beritchen steht, was sich im Stationsgebäude alles abgespielt hat. Aber ich hab' eher den Eindruck, daß dort (im Bereich Spanngewicht – Umlenkrolle) keine direkt erkennbare Schäden vorhanden sein dürften, die als Auslöser herhalten könnten. Mehr als ein herumpeitschen des Seilendes beim "ausfädeln" sollte da nicht sichtbar sein – sonst wäre das in der Presse breitgetreten worden.
apropos erschütterung durch spanngewicht...müssten ja während des videos erfolgt sein...hat wer was gesehen?
Wenn der Dämpfer des Spanngewicht noch tut, hätte das unten ankommende Spanngewicht keinen massiven Schlag hinterlassen – aber wohl die Umlenkrolle am "oberen" Anschlag – und das müßte als Erschütterung der Kamera im Video erkennbar sein.
fall könnte auch durch das zurücklaufende zugseil gedämpft sein?
Sobald das eine Ende offen ist, dürfte das keine nennenswerte Rolle mehr spielen – die Umlenkrolle ist ja nicht angetrieben oder "aktiv gebremst" (außer Nothalt). Aber auch wenn die Umlenkscheibe stillstehen würde, dürfte das Seilende wohl durchgezogen werden – die vom Seil getrennte Kabine haut ohne Fangbremse aber dennoch ab, da nicht mehr an der Zugseilschleife befestigt.

Wie gesagt: so ein Spanngewichtaufhängungsversagens-Szenario wäre prinzipiell nicht unmöglich, aber hier wohl kaum zutreffend.
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Re: Seilbahnunglück Mottarone - Italien (Piemont) 23.05.21

Beitrag von mhf »

Kakadu hat geschrieben: 11.07.2021 - 02:19
... welcher?
der nachgerüstete für das spanngewicht.

sehe ich richtig, da du von einer umlenkrolle sprichst, dass du nicht von einflaschung ausgehst? weisst du da näheres?
im thread habe ich von einfacher flaschung gelesen, und deshalb zwei untere scheiben -am gewicht fest- und einer oberen scheibe -an der schachtdecke montiert- angenommen.

wir wissen dass ein fast unmögliches szenario vorliegen muss....aber es ist dennoch passiert.

mögliches szenario das den beobachtungen nicht widerspricht:
bei ausfall der oberen scheibe wird ein kurzes seilstück frei -was einem kopfabriss fast gleichkommt- die kabine "haut ab", und der kopf reisst millisekunden später ab, in dem moment in dem das gewicht erst mal in die seile fällt, bevor es ganz abstürzt.
der kopfabriss passiert deshalb erst nach kurzer wegstrecke, aber nachdem das laufwerk schon erhebliche federenergie aufgenommen hat und vom riss in schon voller fahrt kaum gebremst wird.
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Re: Seilbahnunglück Mottarone - Italien (Piemont) 23.05.21

Beitrag von Latesn »

Das Spanngewicht hat damit wohl kaum was zu tun - Die Wahrscheinlichkeit spricht einfach für andere Ursachen.

Einzig möglich wäre m.E. als Initialereignis ein Verkanten des Spanngewichtes. Ein Versagen des Spanngewichtes an sich? Da ist einfach anderes viel wahrscheinlicher
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Re: Seilbahnunglück Mottarone - Italien (Piemont) 23.05.21

Beitrag von Kris »

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Re: Seilbahnunglück Mottarone - Italien (Piemont) 23.05.21

Beitrag von Kakadu »

mhf hat geschrieben: 11.07.2021 - 17:04 sehe ich richtig, da du von einer umlenkrolle sprichst, dass du nicht von einflaschung ausgehst? weisst du da näheres?
Antrieb befindet sich ja im Tal (resp. bei Mittelstation) – somit ist hier die Zugseilschleife "einfach zurückgeführt" – sprich: 180°-Winkel um die Umlenkrolle.

Wie aber das Spanngewicht auf- (resp. an der Umlenkrolle an-)-gehängt ist, ist eine ganz andere Frage.
im thread habe ich von einfacher flaschung gelesen, und deshalb zwei untere scheiben -am gewicht fest- und einer oberen scheibe -an der schachtdecke montiert- angenommen.
Geistert irgendwo die Prinzipzeichnung der oberen Zugseilspanngewichts herum? Da wäre nicht ganz uninteressant
wir wissen dass ein fast unmögliches szenario vorliegen muss....aber es ist dennoch passiert.
Das ist schon klar – und ein Szenario, bei dem die Spanngewichtaufhängung versagt und dadurch dann der Schlag auf die Zugseilschleife vom Vergußkopf an der Kabine zuviel des guten ist, wäre alles andere als unrealistisch.
mögliches szenario das den beobachtungen nicht widerspricht:
... allzu weit suchen sollte man da nicht ... zudem weiß ich nach wie vor nicht, ob wir schon alle Informationen über die Vorgänge im Gebäude der Bergstation haben – insbesondere, was die Spanngewichtbewegungen anbelangt.
bei ausfall der oberen scheibe
Was verstehst Du unter "Ausfall" im Zusammenhang mit der oberen Seilumlenkscheibe? Das kann verschiedenes sein: ° blockiert (und das seil müß₺e durchrutschen), ° Aufhängeachse versagt (und die Scheibe fliegt davon – im Stil der Moosfluhbahn? Davon ist nicht auszugehen, da sowas in den Medien breitgetreten worden wäre)
wird ein kurzes seilstück frei
Welches Seiil? Zugseilschlaufe? Aufhängegewichtflasche?
-was einem kopfabriss fast gleichkommt-
Das "loslassen" ist nicht das Problem, sondern der Schlag, sobald das Seil wieder spannt
die kabine "haut ab", und der kopf reisst millisekunden später ab
in dieser Reihenfolge müßte das im Video erkennbar sein: die Kabine dürfte nicht "aus dem Stand" abhauen (was sie im Video aber tut; sie müßte sich zuerst leicht bewegen, würde dann aber vom Zugseil einen halben Moment lang aufgefangen – bis dann der Vergußkopf veresagt. Dieser "halbe Moment" ist nicht null – auf dem Video ist er aber nicht erkennbar ... was darauf schließen lassen müßte, daß der Vergußkopf selbst die Schwachstelle war. Und ohne Informationen über Unregelmäßigkeiten oder gar Schäden im Bereich des Zugseilspanngewichts besteht eigentlich kein Anlaß, sich nicht auf den Vergußkopf der Kabine zu fokussieren.
in dem moment in dem das gewicht erst mal in die seile fällt, bevor es ganz abstürzt.
Du meinst, daß Spanngewicht sei "oben", verklemme – und werde plötzlich doch frei, und fällt dann in den Flaschenzug, was einen Ruck an der Zugseilschleife auslöst? Möglich ist alles ...
der kopfabriss passiert deshalb erst nach kurzer wegstrecke, aber nachdem das laufwerk schon erhebliche federenergie aufgenommen hat und vom riss in schon voller fahrt kaum gebremst wird.
Der Ablauf so eines Szenarios ist schon klar – aber das einzig auffällige im Video ist der laminierte Anschlag an der Wand, der durch einen Luftzug hochklappt – und zwar Bruchteile eines Moments, bevor die Kabine abzuhauen beginnt – also nicht durch einen durch das Abkippen der Kabine verursachten Luftzug ... Irgendwas war da noch – aber eben: möglicherweise das Zugseil, das einen Moment hat, um auszufransen (bis alle Drähte durch sind) – was aber etwas weit hergeholt sein könnte. Oder irgendwer macht die Türe auf, da die Kabine ja kurz vor Ankunft ist (oder sonstwas, das in keinem Kausalitätsverhältnis steht). Mit dem jetzigen Informationsstand ist das alles Spekulation ...
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Re: Seilbahnunglück Mottarone - Italien (Piemont) 23.05.21

Beitrag von Theo »

Antrieb befindet sich ja im Tal (resp. bei Mittelstation) – somit ist hier die Zugseilschleife "einfach zurückgeführt" – sprich: 180°-Winkel um die Umlenkrolle.
Zwei mal 90° könnte sein, das andere sicher nicht da dann der Durchmesser dieser Scheibe einfach riesig wäre. Ich denke aber dass es eher, vor allem um Weg zu sparen, am Spanngewicht 2 x und im Obergeschoss der Station 1x jeweils 180° sind.
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Re: Seilbahnunglück Mottarone - Italien (Piemont) 23.05.21

Beitrag von mhf »

Kakadu hat geschrieben: 11.07.2021 - 18:42 Wie aber das Spanngewicht auf- (resp. an der Umlenkrolle an-)-gehängt ist, ist eine ganz andere Frage.
so wäre meine vorstellung von der aufhängung (eigene fantasieskizze)...die blaue scheibe ist fest im schachtkopf gelagert.
das gewicht muss viermal so schwer sein wie die seillast....hier also 38 to.
Bild
angenommen das seil entgleist, die (blaue) scheibe wird abgerissen, oder was auch immer, wird das entsprechende seilstück durch die gespeicherte federkraft mit mehrfacher erdbeschleunigung
auf beiden seiten durchschnalzen, viel schneller als das gewicht (max. 1g)....für das fahrwerk ist das für ein paar meter das gleiche wie ein seilriss, der dann, wenn das spanngewicht "aufgeholt" hat und ins seil fällt, wirklich stattfindet.

im video sieht man zu diesem zeitpunkt das fahrwerk nicht um event den ruck zu erkennen...andererseits: binde eiinen stein an eine zu schwache schnur und lasse ihn fallen...ich glaube nicht, dass man im moment des abreissens eine verzögerung des steins sehen kann.

der riss könnte etwa nach 3-4 m passiert sein, das fahrwerk(!) wäre da wohl schon 50 kmh schnell und hätte mit der zugehörigen seilmasse genug potential um "gegenzuhalten"
die kabine ihrerseits hat sich zu diesem zeitpunkt nur um ihren schwerpunkt gedreht.

es passt auch dazu, dass die seilhülse gefühlt etwas spät nach unten kommt,.... weil sie ja noch ein paar meter am seil hängt.
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Re: Seilbahnunglück Mottarone - Italien (Piemont) 23.05.21

Beitrag von NordseeMatze »

mhf hat geschrieben: 11.07.2021 - 23:11 es passt auch dazu, dass die seilhülse gefühlt etwas spät nach unten kommt,.... weil sie ja noch ein paar meter am seil hängt.
Die Seilhülse kommt wg der enormen Beschleunigung in Talrichtung nicht nach unten, nicht weil die da noch irgendwo dranhängt.
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Re: Seilbahnunglück Mottarone - Italien (Piemont) 23.05.21

Beitrag von Latesn »

NordseeMatze hat geschrieben: 12.07.2021 - 11:05
mhf hat geschrieben: 11.07.2021 - 23:11 es passt auch dazu, dass die seilhülse gefühlt etwas spät nach unten kommt,.... weil sie ja noch ein paar meter am seil hängt.
Die Seilhülse kommt wg der enormen Beschleunigung in Talrichtung nicht nach unten, nicht weil die da noch irgendwo dranhängt.
Außerdem muss man nach den kursierenden Videos davon ausgehen, dass die Bolzenverbindung wieso auch immer (Falsche Montage, Festfressen etc.) nicht gängig war und tatsächlich erst durch die beim Seilriss freiwerdende Kraft wieder beweglich wurde

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Re: Seilbahnunglück Mottarone - Italien (Piemont) 23.05.21

Beitrag von mhf »

Latesn hat geschrieben: 12.07.2021 - 12:13
NordseeMatze hat geschrieben: 12.07.2021 - 11:05
Die Seilhülse kommt wg der enormen Beschleunigung in Talrichtung nicht nach unten, nicht weil die da noch irgendwo dranhängt.
Außerdem muss man nach den kursierenden Videos davon ausgehen, dass die Bolzenverbindung wieso auch immer (Falsche Montage, Festfressen etc.) nicht gängig war und tatsächlich erst durch die beim Seilriss freiwerdende Kraft wieder beweglich wurde
wir sind uns aber einig, dass die beschleunigungen sich überlagern, d.h. auf die hülse wirkt nach wie vor die normale erdbeschleunigung.
nehmen wir den massenschwerpunkt für das pendel mit 25 cm (?) an, dann müsste das nach 1/4 s unten sein, d.h. nach weniger als 2 m fahrweg...(bei kürzerer hülse noch schneller)
auch wenn die beweglichkeit tatsächlich der riss erst herstellen würde, wäre das unerheblich, da fahrweg beim riss = 0 m...aber warum sollte er?... weil die spannkraft schlagartig entfällt?
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Re: Seilbahnunglück Mottarone - Italien (Piemont) 23.05.21

Beitrag von Greithner »

mhf hat geschrieben: 12.07.2021 - 15:14
wir sind uns aber einig, dass die beschleunigungen sich überlagern, d.h. auf die hülse wirkt nach wie vor die normale erdbeschleunigung.
nehmen wir den massenschwerpunkt für das pendel mit 25 cm (?) an, dann müsste das nach 1/4 s unten sein, d.h. nach weniger als 2 m fahrweg...(bei kürzerer hülse noch schneller)
auch wenn die beweglichkeit tatsächlich der riss erst herstellen würde, wäre das unerheblich, da fahrweg beim riss = 0 m...aber warum sollte er?... weil die spannkraft schlagartig entfällt?
Wenn dem so wäre, so durften die Personen in der Kabine immer noch gestanden haben. Das ist aber nicht geschehen. Irgend etwas muss da noch passiert sein.
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mhf
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Re: Seilbahnunglück Mottarone - Italien (Piemont) 23.05.21

Beitrag von mhf »

Kris hat geschrieben: 11.07.2021 - 18:18 Exklusiv AF:

Bild
ist das der spannschachtboden? ...nach dem unfall aufgenommen?...mit leeren ballast-gestellen?...wo ist das gefallene gewicht?
Greithner hat geschrieben: 12.07.2021 - 18:19 Wenn dem so wäre, so durften die Personen in der Kabine immer noch gestanden haben. Das ist aber nicht geschehen. Irgend etwas muss da noch passiert sein.
naja...in einer halben sekunde wurde der boden ja fast in die senkrechte gezogen, um dann nach vorne gerissen zu werden als hätte sie ein auto mit 70 km/h von hinten gerammt.
das oben geschriebene bezog sich nur auf die seilhülse.
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ATV
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Re: Seilbahnunglück Mottarone - Italien (Piemont) 23.05.21

Beitrag von ATV »

Irgendwo weiter oben in der Diskussion ging es mal darum ob und wann die Dämpfung des Zugseilspanngewichtes eingebaut wurde.
Artikel zum Umbau der Bahn:
https://www.lastampa.it/verbano-cusio-o ... 1.35020567
L’impianto sarà dotato di uno smorzatore delle oscillazioni per ridurre i rischi di accavallamento funi.
Übersetzt: Die Anlage wird mit einem Schwingungsdämpfer ausgestattet, um die Gefahr von Zugseilüberschlägen zu verringern.

Auch von Interesse in dem Artikel:
Tra i primi interventi ci sarà l’effettuazione delle magnetoscopie, una sorta di radiografia alle funi per verificarne l’integrità. Il sistema delle funi, già sostituito in una precedente revisione generale, ha la scadenza al 2029.
Übersetzt: Zu den ersten Eingriffen gehört die Durchführung von Magnetoskopie, einer Art Röntgenaufnahme der Seile, um ihre Unversehrtheit zu überprüfen. Das bereits bei einer früheren Generalüberholung ersetzte Seil hat eine Frist bis 2029.

Auch interssant:
Le opere, di cui è responsabile per l’impresa l’ingegnere Enrico Perocchio della Leitner (mentre la direzione è stata affidata all’ingegnere Vincenzo Barbera)
Die Arbeiten, für die der Ingenieur Enrico Perocchio von Leitner für das Unternehmen verantwortlich ist (während die Geschäftsführung dem Ingenieur Vincenzo Barbera anvertraut wurde)

Dazu vielleicht noch dieses alte Topic:
https://www.funiforum.org/funiforum/node/2812
Irgendwie passen die Nachnamen aus dem Artikel und aus dem Topic zusammen.
-> meine Fotos könnt ihr weiterhin auf meiner Webseite --> www.stahlseil.ch ansehen.
NordseeMatze
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Re: Seilbahnunglück Mottarone - Italien (Piemont) 23.05.21

Beitrag von NordseeMatze »

mhf hat geschrieben: 12.07.2021 - 15:14
wir sind uns aber einig, dass die beschleunigungen sich überlagern, d.h. auf die hülse wirkt nach wie vor die normale erdbeschleunigung.
nehmen wir den massenschwerpunkt für das pendel mit 25 cm (?) an, dann müsste das nach 1/4 s unten sein, d.h. nach weniger als 2 m fahrweg...(bei kürzerer hülse noch schneller)
auch wenn die beweglichkeit tatsächlich der riss erst herstellen würde, wäre das unerheblich, da fahrweg beim riss = 0 m...aber warum sollte er?... weil die spannkraft schlagartig entfällt?
Moin,

genau, nur das mit dem Überlagern ist falsch verstanden, nicht wie bei Wellenausbreitung (die sich nicht gegenseitig beeinflussen) sondern sich als Kräfte vektoriell verknüpfend.

Sobald das Zugseil reist, wirkt eine extreme Beschleunigung (Kraft) auf das Fahrwerk, dazu die Erdbeschleunigung (Kraft). Für die Seilhülse bilden die einen gemeinsamen Kraftvektor, wg der vielfach höheren Beschleunigung in Talrichtung ist die Richtung des gemeinsamen Kraftvektors auf die Seilhülse fast komplett in Richtung Tal gerichtet, was ein Pendeln nach unten verhindert. Das Fahrwerk steht im übrigen nicht nach Seilriss für eine bestimmte Zeit still, es geht sofort mit voller Beschleunigung ab, auf dem ersten Stück sicher über 5g.

Überlagerung (Winkel) mal an einem Beispiel:
Pendel zunächst waagerecht wird konstant mit Erdbeschleunigung horizontal beschleunigt => Absinken des Pendels auf zum Schluss konstant 45° aus Erdlot
(Pendel z.B. auf und an Tischkante liegend, von dieser Position aus startet der Vorgang)

Was immer gern etwas durcheinander gerät, die Wahrnehmung von Geschwindigkeit und Beschleunigung. Nur weil unmittelbar nach sofortigem Eintreten einer Beschleuningung noch keine Geschwindigkeit wahrgenommen wird, ist es nicht so, dass sich die Beschleunigung erst aufbauen muss. Wir haben leider nur eine Wahrnehmung für die Geschwindigkeit und interpretieren deshalb entsprechende Vorgänge nicht sicher.

Grüße
Matz
mhf
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Re: Seilbahnunglück Mottarone - Italien (Piemont) 23.05.21

Beitrag von mhf »

NordseeMatze hat geschrieben: 13.07.2021 - 12:42
genau, nur das mit dem Überlagern ist falsch verstanden, nicht wie bei Wellenausbreitung (die sich nicht gegenseitig beeinflussen) sondern sich als Kräfte vektoriell verknüpfend.

Sobald das Zugseil reist, wirkt eine extreme Beschleunigung (Kraft) auf das Fahrwerk, dazu die Erdbeschleunigung (Kraft). Für die Seilhülse bilden die einen gemeinsamen Kraftvektor, wg der vielfach höheren Beschleunigung in Talrichtung ist die Richtung des gemeinsamen Kraftvektors auf die Seilhülse fast komplett in Richtung Tal gerichtet, was ein Pendeln nach unten verhindert. Das Fahrwerk steht im übrigen nicht nach Seilriss für eine bestimmte Zeit still, es geht sofort mit voller Beschleunigung ab, auf dem ersten Stück sicher über 5g.
*
Überlagerung (Winkel) mal an einem Beispiel:
Pendel zunächst waagerecht wird konstant mit Erdbeschleunigung horizontal beschleunigt => Absinken des Pendels auf zum Schluss konstant 45° aus Erdlot
(Pendel z.B. auf und an Tischkante liegend, von dieser Position aus startet der Vorgang)

Was immer gern etwas durcheinander gerät, die Wahrnehmung von Geschwindigkeit und Beschleunigung. Nur weil unmittelbar nach sofortigem Eintreten einer Beschleuningung noch keine Geschwindigkeit wahrgenommen wird, ist es nicht so, dass sich die Beschleunigung erst aufbauen muss. Wir haben leider nur eine Wahrnehmung für die Geschwindigkeit und interpretieren deshalb entsprechende Vorgänge nicht sicher.
Moin Matze,
schon alles richtig, aber - wenn ich dein beispiel richtig deute - gehst du da von anhaltendem zustand aus: a horizontal und a verikal = const.? nur dann bliebe das pendel bei 45°, bzw. würde natürlich auf diese lage einpendeln.
der dynamische vorgang hier bildet das aber nur in einem moment ab.

habe die werte noch mal überschlagen:

gegebene spannlast lt. originalbild: 9500kg > 93 kN
2700 m seil, 0,3% dehnung > 8 m elastische dehnung.... d.h. nach spätestens 8 m keine federspannung mehr aus dem seil da ein teil in den spannfeldern verpufft.

0- 1 m: 15/16*93 kN auf masse laufwerk und 1/3 seilmasse (2500 kg?) > 3,5 g + g * sin 20° = ca. 4 g > v = ca 9 m/s > zeit nach spannungsabfall ca. 0,22 s
hier darf man dann die kabinenmasse nicht mehr vernachlässigen, nach 4 m setze ich mal gesamt 5000 kg an, ...energie-erhalt gibt dann v =12,6 m/s
nach diesen 4 m sind bereits 3/4 (dreieck) der seil-spannenergie gewandelt und überproportional im laufwerk und seil gespeichert.

zwischen 3 und 5 m laufwagenweg wird erheblich energie an die kabine abgegenen, während (a) laufwerk stark abnimmt möglicherweise sogar negativ wird.
hier hängt die hülse runter, (vlt sogar minimal voraus).

nach 8 m ist die spannenergie bei ca. 14 m/s komplett gewandelt, es wirkt in bewegungsrichtung nur noch ca. sin20° *g und vlt. 100 m lang aus seilgewicht 0-0,3* g...danach gesamt g ca. 0,3, abnehmend auf 0,2

während der 18 s langen fahrt habe ich 6-faches pendeln gezählt, dh. massenschwerpunkt der kabine ca. 210 cm unter drehachse. (ca. g*cos18°)
NordseeMatze
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Re: Seilbahnunglück Mottarone - Italien (Piemont) 23.05.21

Beitrag von NordseeMatze »

Moin,

ne, da hast du mein Beispiel missverstanden. Das sollte nur anreißen, wie sich aus zwei wirkenden Beschleunigungen Kräfte ergeben, die einen gemeinsamen Kraftvektor bilden, der dann eine Ausrichtung eines Pendels bestimmt, begründet durch das sich einstellende Kräftegleichgewicht aufgrund Massenträgheit und einwirkender Kräfte. (In meinem Beipiel habe ich nur von einem Pendel gesprochen, von Seilhülse / Kabine war nicht die Rede)

Deiner Berechnung folgend dürfte auf dem ersten Meter die volle Beschleunigung von 4g anliegen. Auf die Seilhülse wirkt zusätzlich zu der talwärtigen Beschleunigungsrichtung die nach unten ziehende Erdbeschleunigung. Aus beiden ergibt sich auf dem ersten Meter über die Massenträgkeit ein gemeinsamer Kraftverktor (der eine der talseiigen Beschleunigungsrichtung entgegengesetzt), der in diesem Bereich ein "Herunterfallen" der Seilhülse in die Senkrechte nunmal verhindert. Nur darauf bezog sich meine Auslassung.

Das von dir beobachtete Pendeln der gesamten Kabine steht dem nicht im Widerspruch und ist so auch zu erwarten.

Viele Grüße
Matz
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Re: Seilbahnunglück Mottarone - Italien (Piemont) 23.05.21

Beitrag von Lagorce »

Hier noch was zum nachlesen:
http://www.ropetechnology.com/bro_dt/ca ... ericht.pdf


Hatte kaum Zeit das Forum zu besuchen und habe leider auch keine PN beantworten können.

Das juristische Trauerspiel ist, sehr milde ausgedrückt, eine Zumutung!

Dass keine technische Untersuchung sofort in die Wege geleitet wurde, ist völlig unverständlich, insbes. da höchstwahrscheinlich auch weitere Seilbahnen mit bauartgleichem Zugseilanbindungssystem ausgestattet sind. Demnach wäre es umso wichtiger gewesen, unverzüglich abzuklären, ob u.U. bei anderen entsprechenden Pendelbahnen ein ähnliches Versagen aufgrund eines Systemfehlers statt finden könnte, dies völlig unabhängig von der Tatsache, dass nun niemand mehr es wagt "forchetonniert" Personen zu befördern.


Das sich bewegende Blatt bleibt ein Rätsel: entweder spielte sich Irgendwas im Zugseilspannschachtbereich ab bevor die Zugseilanbindung versagte, oder es handelt sich um einen reinen Zufall (allerdings auf Sekundenbruchteil synchron!). Dazu wären CCTV Aufnahmen vor dem Zwischenfall interessant, damit man sieht, ob es sich um zufällige Ereignisse handelt oder eben doch was im Zusammenhang mit dem Zwischenfall.

Der Ausdruck "Black Box" ist nicht zutreffend da AFAIK keine eigenständige Logging-Systeme vorhanden sind (ähnlich wie Flugdatenschreiber). Die Logging-Daten werden von der Steuerung aufgezeichnet, jedenfalls i.d.R. von einem oder mehreren PCs (SCADA/HMI, Einzelheiten sind abhängig von der Systemarchitektur) und ggf. von den SPS-CPUs sowie den Controllern des Frequenzumrichters. Die Aufzeichnung gewisser Daten wird entsprechend vom Steuerungshersteller festgelegt, weitere Daten werden defaultmässig aufgezeichnet.
Das Herauslesen dieser Logging-Daten erfolgt auf verschiedenen Ebenen. Der Betreiber kann auf gewisse Daten selbst zurückggreifen (z.B. Bremskurven, gewisse Trends, Alarm-Journale, usw.), der Steuerungshersteller hat zudem Zugriff auf gewisse Daten auf die der Bediener nicht zurückgreifen kann. Ferner werden noch von der Firmware der SPS sowie der FU gewisse (u.a. zu Cover My Ass Zwecken im Falle einer Gerichtsverhandlung) Daten aufgezeichnet, die nur die jeweiligen Gerätehersteller auslesen können, die werden geräteintern abgespeichert und auch kaum bis gar nicht (extern) dokumentiert , z.T. nicht-flüchtig und werden ggf. auch bei vollständigem Reset in Auslieferungszustand nicht gelöscht.

Deshalb wäre es umso wichtiger gewesen, spätestens am Montag nach dem Unfall Experten der jeweiligen Herstellern der Steuerung, der SPS (Ein- oder Mehrzahl), des FU, der Videoüberwachung, usw. vorort zu bestellen damit die (noch) vorhandenen Daten unter Beisein der Behörden gesichert werden können.

Über den destruktiven Test mit Kabine Nr. 4 und weiteren völlig absurden Ideen der Juristen mag ich mich nicht weiter äussern.

Das Juristische entwickelt sich immer mehr zu einer tragisch-lächerlichen Bananenrepublik-Farce, jedenfalls nicht etwas, das ich von einem grossen westeuropäischen EU-Staat erwarten würde.

Das monatelange Hinrosten wird gewisse forensische Untersuchungen entsprechend erschweren. Ob man Ground Zero akkribisch und weiträumig 3D gescannt hat weiss ich immer noch nicht (glaube jedoch kaum wenn man sieht wie absolut dilettantisch man da vorging). Erstaunlich ist ebenfalls, dass keine technische Daten, Gebäudepläne, Technikfotos, usw. auftauchten.

Werde versuchen später noch auf gewisse diskutierte Punkte näher einzugehen.

Die Tür zum Spannschacht wurde AFAIK von den Behörden kurz nach dem Unfall versiegelt, ob dort seither jemand reingeschaut hat, ist nicht bekannt.

Meine Vermutung ist, dass das obere Zugseil kurz nach dem Vergusskegel von fahrzeug Nr. 3 versagte und aufgrund der Fotos erwarte ich eher, dass der Bleikegel oder das Wesentliche was davon noch übrig bleibt, sich noch im Anbindungsteil, das in den Baustamm gedrückt wurde, befindet. Den Bildern nach sieht es eher so aus, als wären nur die hinteren Teile der Seilaustrittsstabilisierung bzw. Abdichtung abgerissen worden und ggf. vielleicht noch die Distanzhülse.

Zu beachten ist, dass keine Zeichnung und keine Detailfotos der intakten Zugseilanbindung wie effektiv ausgeführt vorhanden sind, ausser die zuwenig detailierten Dronenaufnahmen vom Laufwerk von Fahrzeug Nr. 4. Diverse Fotos zeigen eine etwas andere Bauart und auch die Schnittzeichnung entspricht noch einer weiteren (d.h. mindestens dritten) Ausführung.

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