Der ungleiche Wettbewerb wiederholt sich in Deutschland zigfach und bleibt bisher nahezu unbemerkt. Auf der einen Seite betreiben Leute wie Vacka Kletterhallen als privatwirtschaftliches Unternehmen. Sie erzielen Umsätze, im Idealfall Gewinne - und überweisen dem Staat ordentlich Steuern. Auf der anderen Seite unterhalten die DAV-Sektionen 220 Kletter- und Boulderhallen in Deutschland. Die Finanzämter betrachten die Vereinstöchter als "Zweckbetrieb" - und überlassen ihnen Überschüsse steuerfrei.
Ein Blick nach Österreich zeigt, dass es auch anders geht. Kleinere Vereinshallen werden dort häufig vereinsintern und ehrenamtlich betrieben. Für größere kommerzielle Hallen wird meist eine Betreiber-GmbH gegründet, bei der der Österreichische Alpenverein (ÖAV) alleiniger oder Mitgesellschafter ist. Diese Hallen arbeiteten laut ÖAV wie jeder andere wirtschaftliche Betrieb.
Zweifel an der Gemeinnützigkeit einiger DAV-Bereiche könnte man auch bei den Alpenvereinshütten anmelden. So ist das DAV-Haus im österreichischen Obertauern bequem mit dem Auto erreichbar. Es steht inmitten von Hotels und Gasthöfen, bis zum nächsten Skilift sind es nur 50 Meter. Das hotelähnliche Gebäude mit "gemütlich eingerichteten Zwei- und Mehrbettzimmern" steht nicht nur Mitgliedern, sondern allen Wintersportlern offen.
Natürlich erwirtschaftet man damit Geld, das genannte Haus in Obertauern ist ja ne Ausnahme, ansonsten fressen Hütten einfach viel Geld wenn renoviert und erneuert werden muss.
Unser SKiverein hat auch ne Übernachtungshütte, die fast ausschließlich nicht für Vereinszwecke sondern an Gruppen etc. vermietet wird. Sinn ist nur die Querfinanzierung von anderen Aktivitäten wie Skikursen, Kinder- und Jugendrennmanschaft, Ausbildung Trainer etc.... Ist das jetzt verwerflich? Solange der Verein nicht reicher und reicher wird, ist das doch voll im Sinne des Erfinders.
Es war klar, dass diese Debatte früher oder später auch Alpenvereine und ähnliche treffen würde…
Zum Hintergrund kann ich etwas aufhellen:
Die Debatte schwelt schon seit etwa 15 Jahren und hat seinen Ursprung im Golfsport (wo ich 10 Jahre beruflich tätig war), betrifft aber die gesamte Struktur des deutschen Vereinswesens.
Grob umrissen zur Historie:
Um als Golfplatz Mitglied im deutschen Golfverband (DGV) Mitglied werden zu können (was im System existentiell wichtig ist - aber das zu erklären würde jetzt hier zu weit gehen…) war es sehr viele Jahre verpflichtend, ein gemeinnütziger eV. zu sein. Viele Golfplätze wurden aber immer schon von GmbHs, kgs, ags etc. Betrieben - mit Hilfskonstrukten schaltete man da dann Vereine dazwischen, was meistens viel Ärger brachte.
Irgendwann hob der DGV diese Regel auf, auch Firmen durften direkt Mitglied werden. In der Folge wurden viele Vereine aufgelöst und alles wirtschaftlich betrieben, es gab aber auch viele Plätze, die inzwischen tatsächlich in vereinshand waren.
Heutige Lage:
Allgemein fließen bei einem Golfplatz ca. 80% der Einnahmen in die platzpflege, dem größten Kostenfaktor.
Nun ist es gar nicht selten, dass eine Anlage von einer GmbH geführt wird und auf alle Einnahmen 19% mwst. entrichten muss, die Konkurrenz 10km weiter als gemeinnütziger Verein dies aber nicht muss - und salopp gesagt 19% mehr Geld zur Verfügung hat.
Im Endeffekt für die gleiche Dienstleistung, die dem Kunden angeboten wird.
Bedeutet: bessere Maschinen, bessere Materialien, bessere und/oder mehr Arbeiter etc.
Unterm Strich eine klare Wettbewerbsverzerrung.
Zwar wurde versucht, hier von staatlicher Seite zu regulieren - zB. dass die EVs bestimmte Einnahmen doch versteuern müssen - aber da wird gemauschelt ohne Ende. Geht nur ums Geschäft, da wird jede Lücke genutzt.
Diverse, schon Jahre andauernde Klagen sind da am Laufen.
Was hat das alles jetzt mit dem DAV zu tun???
Nun, das liegt im deutschen Vereinswesen allgemein begraben:
Man könnte zwar regeln schaffen, dass Golfplätze auch als eV. normal steuern zahlen müssten (denn mit Gemeinnützigkeit hat die ganze Sache wirklich nicht mehr viel am Hut), das jedoch ginge aber nur für ALLE Vereine in Deutschland. Sonst wäre es eine ungleichbehandlung nach Branchen.
Problem:
Vor allem in Deutschland ist das Vereinswesen unglaublich groß geschrieben. Und Berechnungen sagen voraus, dass ca. 80% der gemeinnützigen Vereine zusammenbrechen würden, wenn sie auf einmal die vollen Steuersätze zahlen müssten. Dies käme einem kollaps des deutschen Vereinswesens gleich, egal ob hasenzüchter, schütze, Tischtennis, Karneval - alle wären betroffen. und das will man schließlich nicht.
Das Grundproblem der Wettbewerbsverzerrung bleibt also erst mal und eine Lösung ist strukturbedingt nicht in Sicht.
Und manchmal schwappt die Diskussion eben auch auf andere Branchen über - diesmal hat’s halt den DAV erwischt…
Da satzungsgemäße Handlungsweise typischerweise aber freilich Einnahmen erfordert, ist die Abgrenzung bisweilen schwierig und kann dann Gerichte, Behörden und Anwälte über längere Zeit beschäftigen.
burgi83 hat geschrieben: ↑28.10.2022 - 04:56
Was hindert die GmbHs, AGs, etc. daran nicht auch e.V.s zu sein?
Es geht nicht nur um eV. Die Steuervorteile bekommst du erst, wenn du auch als gemeinnützig anerkannt bist.
Bei den Golfclubs geht das meist über die Jugendarbeit und die damit verbundene Förderung des Sports.(auch, wenn in nem Verein von 1000 Mitgliedern grad mal 10 Kinder sind…)
Und eine Firma (egal welcher Form) ist nun mal per se gewinnorientiert und damit nicht gemeinnützig.
Einziger Zwischenweg wäre eine Stiftung, das ist von der Glaubwürdigkeit her aber noch komplizierter durchzusetzen…