Urlaubsunterkünfte - Rücksicht und Respekt...

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Kris
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Re: Urlaubsunterkünfte - Rücksicht und Respekt...

Beitrag von Kris »

Hi Sir Henry, spannendes und ödes Thema zugleich, weil so unausweichlich bekannt...

Was kann man selbst tun? Ode rzunächst: Was sind eigentlich Deine zugrunde liegenden inneren Ziele?
Dass Du die Ruhe genießen willst? Die Müdigkeit aus der Tagesanstreungung angenehm im Abend erleben? Vielleicht die anderen vier Wände fern von Zuhause wirken lassen? Die Nähe zu Partner leben in einer entspannenden Zeitlosigkeit? Dich ruhig unterhalten, ein wenig lesen, usw.
?
Zusammenfassen ließe sich das in: Endlich dem inneren Frieden frönen dürfen. Den Moment in erholsamer Weise spüren können. Erwartungshaltungen, die gerne bereits zu Hause aufgebaut wurden, oft in Tourismus-Werbeprospekten sublim verwoben...

Aber in der Realität stehen dem nur allzu oft Dinge und Vorkommnisse im Weg. Weil diese Störungen nun mal da sind, komme ich nicht zur Ruhe. Jeder piksende Stachel geistert dann so lange und sich verstärkend in mir herum, dass die eigentlich erhoffte Entspannung zu Stress mutiert, ja mich geradezu verfolgt. Weil: Die Störung ist an meiner Unrast verantwortlich!
Dann liege ich schmollend in meinem Zimmer, und grübel. Soll ich rübergehen, und mich beklagen? Auch das ist oft keine Option: Ich muss zugeben, dass ich bereits viel zu aufgewühlt bin, um jegliches Gespräch halbwegs emotionsfrei hinzubekommen. Ein verärgertes "He Leute, seid mal leise bitte!" funktioniert nicht. Und so schmolle ich weiter .... und schlafe im schlimmsten Fall erst ein, wenn der Lärm spät in der Nacht irgendwann verstummt....

Derartige Situationen lebte ich zB. oft in Berghütten. Denn dort ist die Haupteinnahmequelle des Pächters stets der Alkoholausschank, jedenfalls ist dies auf der Alpennordseite so. Entsprechend konsequent wird das Geschäftsmodell gefahren, und Gäste bis zum Umfallen befüllt. Am meisten zu holen scheint hier aus Vereinsgruppen im mittleren Alter zu sein. Individuen, die nicht nur bis zur Sperrstunde immer lauter werden, sondern auch anschließend im Schlaflager nicht anders können, als ihre sonstigen körperlichen Dysfunktionalitäten zu Gehör zu stellen.
Hell On Earth!


Wie geschildert ging es mir oft vor 20 Jahren oder so.
Heute ist das anders.

Ding ist, dass man an sich selber arbeiten kann und muss.

Viele Störungen lassen sich sowieso nicht abstellen, z.B. Besäufnisse im Tourismus oder laute Jugendgruppen. Somit ergibt sich die Frage: Wer ist hier der eigentliche Loser? Jene, die sich weit in die Nacht hinein lautstark vergnügen? Oder ich selbst, der sinnlos gestresst eine irreale Ruhe sucht, und erst dann meint sich ruhig unterhalten zu können, zum Lesen zu finden, zum schrieben, zum Musik hören durch Kopfhörer?

Mit externen "Disturbances" muss ich selber fertig werden. Analog zu absurd langsamen, aber nicht zu überholenden vorausfahrenden Fahrzeugen, die mich zu Unrast bringen...
Sinnlos.

Insofern gilt es Modi zu finden, mit diesen Störungen zu leben. Mich selbst derart zu transformieren, dass mich Störungen nicht mehr stören, dass ich diese nicht mehr wahrnehme, vielleicht gar Empathie für die Verursacher finde.

Denn dann -simple trick- kann ich die Momente voll leben, die schöne Umgebung genießen, den Tag Revue passieren lassen, der Zeit einen tollen Wert geben usw.

Laut herumtollende Kinder oder Jugendliche, oder halbwegs gepflegte lautere Erwachsene stören mich heute nicht mehr, die dringen nicht als Störung zu mir vor. Manchmal freue ich mich still mit, dass es den Kids gut geht, dass die die Chance bekommen tolles zu erleben.
Ähnlich kann ich Straßen- oder Klimaanlagenlärm in Hotels begegnen, die ja insbes. im Süden oft den dauerhaften Normalzustand darstellen.

Mit Alkohollärm habe ich nach wie vor noch Probleme, denn Alkohol verändert temporär den Charakter, macht aus schwachen langweiligen Würstchen für einen Abend laute siech Freude vorgaukelnde Möchtegerns. Das ist in der Pubertät vielleicht unvermeidbar und ok. Jedoch, bei Erwachsenen kann ich da keine Empathie suchen wollen.


Was jedoch nicht heißt, dass ich mich dem Ganzen stets wie ein willenloses Schaf ausliefere.
Sofern es eine reale Chance zu Besserung gibt, probiere ich sehr wohl, mit Lärmmachern zu reden.

Wobei das auch stets eine Art lernende Mutprobe ist: Denn Ziel ist hierbei, Menschen zu überzeugen, statt diese zu von meiner Unrast getrieben zu bemaß regeln à la "Ab 22:00 herrscht Zimmerruhe".
Vielmehr muss ich meinen Appell derart rüberbringen, dass die Leute damit dann von sich aus sogar gerne Rücksicht nehmen. Sofern nicht besoffen, möchten wir alle ja gewissermaßen, dass es auch unseren Mitmenschen gut geht. Niemand bei Sinnen stört gerne!

Insofern hilft als Appell nicht die Bemaßregelung, sondern am besten zunächst die eigene Offenbarung, wie zB. "Ich bin sehr Müde, hatte einen harten Tag..... wie wäre, es wenn ihr ein wenig Rücksicht nehmen könntet?" - Das Ganze ruhig und authentisch vorgebracht, vielleicht mit einem gequälten Lächeln.
Und ein bisschen Smalltalk anhängen "was habt ihr gemacht heute im Schnee" o.dgl.
Hingegen, jegliche gereizte Emotion meinerseits würde Widerstand erzeugen, erreichen würde ich erst recht nichts.

Immer an die Prämisse glaubend, dass wir alle in unserem Innersten wüschen, dass unser eigenes Verhalten nicht zu Lasten anderer geht, daß ein jeder zu seinem Glück kommen möchte.

Das funktioniert oft erstaunlich gut, probiere es! :-)

Und wenn es nicht funktioniert - ist es auch gut: "Habe gemacht, was mir möglich war".


In fernen Kulturkreisen wird derartiges Ausbalancieren oft aktiv durch Religionen und deren Philosophien gelehrt (Buddhismus / Taoismus / ...).
Wir "Westler" erscheinen mir hier im Vergleich geistig eher verarmt oder gar primitiv, da wir uns eher hilflos unbewusst von unserem eigenen Ego treiben lassen, gerahmt durch vorgeschriebenen Normenwerke ("Mein Recht / Dein Recht...").
Und nein, bin weder religiös noch Esoteriker. :-)
>> Die unaufhaltsame Industrialisierung des Skiraums führt zu Banalisierung und somit zum Verlust der magischen Skisportfreude<<

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Re: Urlaubsunterkünfte - Rücksicht und Respekt...

Beitrag von valdebagnes »

@Kris: schon seit langem nichts mehr so geistreiches un tiefgründiges gelesen. Wie so manche Schneeberichte.
SirHenry88
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Re: Urlaubsunterkünfte - Rücksicht und Respekt...

Beitrag von SirHenry88 »

Nachdem ich mich jetzt einige Zeit bedeckt gehalten habe, um die von mir geforderten Meinungen, als auch das eigene Erleben sacken zu lassen, animiert mich dein Beitrag @Kris heute zu einem aufrichtigen Dankeschön - für die teils kontroversen, unterschiedlichen, als auch gleichfühlenden Meinungen.

Am Ende des Tages habe ich viel aus dem Beitrag von Kris gezogen, bestätigt er mich in den Gedanken der letzten Zeit.
Primär werde ich weiter darauf setzen, mir Unterkünfte (Chalets, Berghütten o.ä.) zu suchen, um sein eigener Herr zu sein. Falls nicht möglich, werde ich auf meine (Eigenschätzung an) gewohnt, freundliche Art versuchen eine gemeinsame Lösung zu finden. Aber auch nur dann, wenn wie zuletzt selbst ein 4-jähriger Bub vom Krach aufwacht. ;-)

Besten Dank für die lebhafte Diskussion, die mir auch gezeigt hat, dass Lärm und Krach eine sehr unterschiedliche und breitgefächerte Definition besitzen!

Ich werde von (Miss-)Erfolgen berichten.... :wink:
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