Bremsenergie-Rückgewinnung beim Abkuppeln

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ÖPNV
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Bremsenergie-Rückgewinnung beim Abkuppeln

Beitrag von ÖPNV »

Welche Systeme gibt es eigentlich zur Rückgewinnung, Speicherung und Wiedernutzung der Bremsenergie von Seilbahngondeln nach dem Abkuppeln? Was ist 2018 Stand der Technik? Läuft das pneumatisch oder hydraulisch? Ich kann mir nämlich beim besten Willen nicht vorstellen, dass ein Bremsreifen seine aufgenommene Energie an das gesamte Seilsystem zurückgibt. Der zwangsläufig auftretende Schlupf führt doch eher zum Radieren der Reifen und immenser Abnutzung. Wie ist das gelöst?

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Spezialwidde
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Re: Bremsenergie-Rückgewinnung beim Abkuppeln

Beitrag von Spezialwidde »

Aus energetischer Sicht war das früher bei den ersten kuppelbaren Bahnen sogar besser gelöst. Da liefen die ausgekuppelten Fahrbetriebsmittel eine schiefe Ebene hinauf und zum Beschleunigen wieder herunter. Aber ich sag mal so: Das ganze System der Reifenförderer ist ja mittels Treibriemen und Getriebe miteinander verbunden, oftmals wird das ganze Gedöns auch noch mittels Reibrolle vom Förderseil angetrieben. Das hat gleichzeitig den riesen Vorteil dass man Stationsantrieb und Seilgeschwindigkeit nicht aufeinander abzustimmen braucht, das passiert dann quasi ganz von alleine. Wenn ein Fahrbetriebsmittel von einem Reifen abgebremst wird geht dessen Energie also auch wieder ins System. Eine gewisse Reibung bzw Schlupf ist dabei natürlich unvermeidbar. Aber die Energiemengen um die es da geht die dürften vernachlässigbar sein.
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Re: Bremsenergie-Rückgewinnung beim Abkuppeln

Beitrag von ÖPNV »

Nach wieviel Stunden Betriebsdauer muss denn so ein Reifen getauscht werden?
markus
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Re: Bremsenergie-Rückgewinnung beim Abkuppeln

Beitrag von markus »

Das kommt auf die Fahrgeschwindigkeit die länge der Station, Temperaturbereich... an.
Bei unserer Leitner Anlage habe ich jetzt 5500 Stunden drauf und noch ca. 90% der originalen Reifen drin.
Sind Schlauchlos und haben einen Druck von 3,5 bis 4,0 Bar.
Die beim Girak sind mit Schlauch und die halten ca. 2000 Stunden. Je nach verbauter Position auch länger.
Lagorce
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Re: Bremsenergie-Rückgewinnung beim Abkuppeln

Beitrag von Lagorce »

AFAIK sind bei Leitner und Poma spezielle OEM-Reifen im Einsatz, d.h. die werden speziell für Leitner-Poma hergestellt und sind auch dementsprechend gekennzeichnet. Dasselbe gilt zudem auch für gewisse Antriebsriemen. Einige Teile sehen von weitem wie handelsüblice Bauteile aus, werden jedoch speziell für Leitner-Poma hergestellt.

ÖPNV hat geschrieben: 20.11.2018 - 00:34 Welche Systeme gibt es eigentlich zur Rückgewinnung, Speicherung und Wiedernutzung der Bremsenergie von Seilbahngondeln nach dem Abkuppeln? Was ist 2018 Stand der Technik? Läuft das pneumatisch oder hydraulisch? Ich kann mir nämlich beim besten Willen nicht vorstellen, dass ein Bremsreifen seine aufgenommene Energie an das gesamte Seilsystem zurückgibt. Der zwangsläufig auftretende Schlupf führt doch eher zum Radieren der Reifen und immenser Abnutzung. Wie ist das gelöst?
Energetische Aspekte kann man anhanden eines vereinfachten Beispiels erläutern:

Annahme:
Typ: 8-CLD (kuppelbare Sesselbahn, 8-plätzig)
Fahrzeuggesamtmasse vollbesetzt: 1500 kg
Fahrgeschwindigkeit: 5 m/s
Intervall: 7.2 s (entspricht 500 Sessel pro Stunde, bzw. 4000 pers/h)

Die theoretische kinetische Energie (ohne Reibung) pro Fahrzeug beträgt demnach 18750 J. Die muss man reinstecken wenn man von 0 m/s auf 5 m/s beschleunigt und die kriegt man beim Abbremsen von 5 m/s auf 0 m/s zurück. Wie gesagt, Verluste man unbeachtet und mit 0 m/s in den Stationen anstelle der etwas höheren Endgeschwindigkeit, da die Sessel ja nicht stehen bleiben.

Hochegerechnet als durchsnchnittliche Leistung, kommt man dann noch auf etwa 2.6 kW.
Also pro Stunde wäre man im Bereich von 2.6 kWh, die benötigt werden, um alle 500 Sessel in einer Station zu beschleunigen sofern man keine Rückgewinnung berücksichtigt. Energiekosten sind da Peanuts im Vergleich zur benötigten gesamten Antriebsenergie.
Bei z.B. 520 kW mittlerer Antriebsleistung würden dann noch 0.5 % auf die Beschleunigung pro Station entfallen, also etwa 1 % für Antriebs- und Umlenkstation zusammen. In Wirklichkeit sieht es etwas besser aus, da man bei Antrieb ab Förderseil etwas Energie zurückgewinnen kann und auch die Endgeschwindigkeit auch nicht null ist. Die vom Förderseil "abgenommene" Leistung in den Stationen für die Reifenförderer als Gesamtes muss jedoch berücksichtigt werden, die ist jedoch nicht sehr hoch, Hersteller verfügen über Richtwerte für die Antriebsberechnungen.

Fazit: Die Energie, die man beim Abbremsen bestenfalls zurückgewinnen kann ist auf die gesamte Energieverbrauchsbilanz verschwindend klein.
Da sollte man sich eher Überlegungen machen darüber, wie man z.B. den Notantriebsdieselmotor vorwärmt (dazu werden z.T. über 1.5 kWh pro Stunde verheizt und zwar je nach Bahn 24/24 h) oder wie gewisse Hydraulikpumpen betrieben werden, insbes. Spannhydraulik (kommt dann jedoch darauf an, ob man mit drucklosem Umlauf oder gegen Überdruckventil pumpt), in gewissen Fällen werden auch andere Hydraulikpumpen unnötig lange im Betrieb gehalten (d.h. auch ggf. wenn keine weitere Vorwärmung des Hydrauliköls mehr notwendig ist).

Über Energieeisparungsmöglichkeiten könnte man noch vieles schreiben. Auch Getriebevorwärmungen oder Elektromotor-Stillstandheizungen werden z.T. suboptimal angesteuert, usw.

Echte Ökologie ist halt eben eher Sache der Ingenieure als die der Ökoidioten!

Edit:
Habe Fehler korrigiert: 8-CLD anstelle 8-CLF.
8-CLF mit 2.3 m/s wäre was unterhaltsames zum zuschauen. :)
Zuletzt geändert von Lagorce am 23.01.2019 - 08:38, insgesamt 1-mal geändert.
ÖPNV
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Re: Bremsenergie-Rückgewinnung beim Abkuppeln

Beitrag von ÖPNV »

Lagorce hat geschrieben: 02.01.2019 - 14:18 (dazu werden z.T. über 1.5 kWh pro Stunde verheizt) (...) Echte Ökologie ist halt eben eher Sache der Ingenieure als die der Ökoidioten!
Gefällt mir.

Ist wirklich noch nichts Besseres zur Fahrzeugbeschleunigung erfunden worden als diese Reifenförderer?
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Drahtseil
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Re: Bremsenergie-Rückgewinnung beim Abkuppeln

Beitrag von Drahtseil »

ÖPNV hat geschrieben: 17.01.2019 - 16:05
Ist wirklich noch nichts Besseres zur Fahrzeugbeschleunigung erfunden worden als diese Reifenförderer?
Was bedeutet besseres? Ist immer eine Frage der Betrachtung. Energieverbrauch, Kosten, Wartungsanfälligkeit, Platzverbrauch, etc. Letztlich hat sich der Reifenförderer nicht ohne Grund durchgesetzt.

Es gab bzw. gibt aber natürlich noch diverse andere Systeme, welche diese Funktion ebenfalls erfüllen (Beschleunigung über Riemen, Ketten etc.). Letztlich wirst du aber immer auf den selben Energiebedarf (von Reibung abgesehen) kommen. Einzig die schon lange nicht mehr verwendete schiefe Ebene (Von Kombilösungen mal abgesehen) dürfte hier eine positive Ökobilanz haben.
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Re: Bremsenergie-Rückgewinnung beim Abkuppeln

Beitrag von Lagorce »

Die Hersteller haben sich etwa alles ausgedacht, was sinnvoll möglich ist.

Nebst Reifen und Riemen sehe ich kaum realistische Varianten.

Theoretisch könnte man mit Linearmotor beschleunigen (ähnlich wie die launched Roller Coaster), wäre technisch machbar jedoch aufwendig. Vorteil wäre, dass Beschleuniger ohne bewegliche Teile machbar wären.

Sinngemäss könnte man auch passive permanentmagnet-basierte Wirbestrombremsen wie man sie bei Roller Coaster oder Freifalltürme (Thrill Rides) antrifft einsetzen, diese würden failsafe ohne jegliche bewegliche Teile verzögern. Habe allerdings noch nie genau berechnet, wie die Permanenmagnetstrecke ausgelegt werden muss, dazu ist eine Computer-Simulation erforderlich.

Linearmotorbeschleuniger ist machbar, jedoch teuer da der ganzen Beschleunigungsstrecke entlang Statorspulen notwendig sind und dazu kommt noch eine aufwendige Leistungselektronik. Die Technologie für beide Systeme existiert und funktioniert zuverlässig. Allerdings müsste man sog. Fins bei den kuppelbaren Klemmen vorsehen und auch die ganze Sicherheitsanalyse und entsprechende System-Anpassungen durchführen.

Auf Förderreifen könnte man ebenfalls vollkommen verzichten, nur Spulen auf der ganzen Stationsdurchlauflänge wären unbezahlbar und dazu müsste man noch mechanische Nothalt-Bremszangen für die Abstands-Sicherung vorsehen. Allerdings könnte man dann jedes FBM eigentlich einzel Bewegen und auch die Abstandsregulierung wäre bereits integriert, da eine reine Softwarefrage.

Also vermutlich viel zu teuer obwohl grundsätzlich mit existierender Technik machbar.


Energieeinsparungen sind bei gewissen existierenden Anlagen sicher möglich, sowas muss man jedoch genau abklären und keinesfalls am falschen Ort sparen wollen da ansonsten Folgekosten weitaus höher sein können (also z.B. nicht blödsinnig gewisse Komponenten unnötig ein-/ausschalten, da u.U. dann diese viel früher ausfallen und dann kostet es mehr und ist ökologisch auch unsinning, da unnötig Elektronikmüll anfällt; gewisse Öko-Stromsparempfehlungen sind in Wirklichkeit letztendlich kontraproduktiv, andere wiederum sehr sinnvoll).
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Re: Bremsenergie-Rückgewinnung beim Abkuppeln

Beitrag von wetterstein »

Drahtseil hat geschrieben: 17.01.2019 - 16:41 Einzig die schon lange nicht mehr verwendete schiefe Ebene (Von Kombilösungen mal abgesehen) dürfte hier eine positive Ökobilanz haben.
Ist Dir eigentlich bekannt, warum bei den 3S-Bahnen die Kombi Reifen/Schiefe Ebene verwendet wird, aber bei den EUB nicht?
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sunset
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Re: Bremsenergie-Rückgewinnung beim Abkuppeln

Beitrag von sunset »

Bei 3S Bahnen ist die Masse der Kabinen deutlich höher. Nach Auskunft eines Maschinisten wiegen TARIS 3200 Kabinen leer an die 3,5 Tonnen, wenn ich mich recht erinnere, dazu kommen nochmal rechnerische 2.560 kg für 32 Personen zu je 80 kg. Damit haben wir also 6.000 kg für ein 3S FBM.
Die EUB ist mit ihren max 1.800 kg für ein FBM dagegen etwas kleiner.

Aufgrund der Masse sind bei der 3S deutlich höhere Kräfte notwendig, die nicht so einfach wie bei einer EUB über Reifen übertragen werden können. Es gibt ohnehin schon zwei Reifenbeschleuniger je Ausfahrt, das dürfte aber trotzdem nicht ausreichen, um die 6.000 kg betriebssicher ohne viel Verschleiß zu beschleunigen. Daher also die schräge Fahrbahn.

Bei einer EUB lässt sich das mit einem Reifenförderer locker bewerkstelligen, es gibt also kein Erfordernis für eine schräge Fahrbahn. Schräge Fahrbahn wäre hier teuer, nicht so modular/baukastenmäßig und damit aufwändiger. Da es auch ohne geht, entfällt der komplizierte Teil und man begnügt sich mit einem normalen Reifenförderer. ;)
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Re: Bremsenergie-Rückgewinnung beim Abkuppeln

Beitrag von Lagorce »

Weiss jemand, wie lange ungefähr die Beschleunigungsstrecke bei einer 3S ist?
wetterstein hat geschrieben: 18.01.2019 - 10:20
Drahtseil hat geschrieben: 17.01.2019 - 16:41 Einzig die schon lange nicht mehr verwendete schiefe Ebene (Von Kombilösungen mal abgesehen) dürfte hier eine positive Ökobilanz haben.
Ist Dir eigentlich bekannt, warum bei den 3S-Bahnen die Kombi Reifen/Schiefe Ebene verwendet wird, aber bei den EUB nicht?
Da kann Drahtseil dann besser antworten als ich.

Beispiel für eine 3S Bahn:
30 Personen mit 80 kg pro Person, pro Kabine
5350 kg Gesamtfahrzeugmasse (Wanderlast, inkl. 2400 kg Nutzlast)
7.5 m/s Fahrgeschwindigkeit

Mit dem ersten Meter Höhenunterschied im Gefälle des Beschleunigers holt man theoretisch (ohne Berücksichtigung der Reibung) etwas über 1/3 der erforderlichen kinetischen Energie (für 7.5 m/s) raus und dank dem Hangabtrieb im Beschleuniger reduziert sich entsprechend die erforderliche Tangentialkraft bei den Reifen.

Geschwindigkeit ohne Reibung aufgrund von "delta h" kann man mit der Wurzelformel aus dem Kindergarten berechnen (na ja, war damals vielleicht ca. 14-15 Jahre alt als man dies im Physikunterricht lernte). Also v=SQRT(2*g*h).
Zusätzlich kann man noch p=m*v=F*t betrachten. Vektörchenpfeilchen und Integralzeichen erspare ich mir hier. :)
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Re: Bremsenergie-Rückgewinnung beim Abkuppeln

Beitrag von Drahtseil »

sunset hat geschrieben: 20.01.2019 - 22:28 ...Es gibt ohnehin schon zwei Reifenbeschleuniger je Ausfahrt...
Aber nur bei Doppelmayr / Von Roll. Leitner verwendet meiner Erkenntnis nach nur eine etwas außermittig platzierte Reifenreihe. Gleichzeitig sind mir die schiefen Ebenen auch nur von Leitner bekannt. Reicht die eine Reifenreihe evtl. nicht aus, um einen kraftschlüssige Übertragung bei akzeptabler Beschleunigerlänge zu ermöglichen?
sunset hat geschrieben: 20.01.2019 - 22:28...Schräge Fahrbahn wäre hier teuer, nicht so modular/baukastenmäßig und damit aufwändiger...
Kann ich mir kaum vorstellen, schließlich wäre die schiefe Ebene auch nur ein "Bauteil" im Systembau kasten. Und ob das nun horizontal oder leicht geneigt ist dürfte für die Modularität kaum einen Unterschied machen.


Edit: Gerade nochmals in den Unterlagen nachgeschaut, Leitner verwendet Doppelbereifung (Auch in Talabfahrers Video gut zu erkennen). Somit ist der Punkt mit dem verminderten Kraftschluss obsolet. Mir fällt sonst nur noch der geringere Platzbedarf als Vorteil ein (neben dem geringeren Energieverbauch).
Zuletzt geändert von Drahtseil am 20.01.2019 - 23:58, insgesamt 2-mal geändert.
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Re: Bremsenergie-Rückgewinnung beim Abkuppeln

Beitrag von Talabfahrer »

Gemessen hab ich dort nichts, aber in meinem Video von der Bergstation der Eisgratbahn II sind die Reifenförderer recht ausführlich zu sehen.
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sunset
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Re: Bremsenergie-Rückgewinnung beim Abkuppeln

Beitrag von sunset »

Drahtseil hat geschrieben: 20.01.2019 - 23:33 Gleichzeitig sind mir die schiefen Ebenen auch nur von Leitner bekannt.
Die gibt es genauso bei allen Doppelmayr-3S und ebenso bei den moderneren Funitels (beginnend irgendwann um 2000). Ein Bild hierzu aus Mayrhofen mit gut erkennbarem Knick:
Bild

Lagorce hat geschrieben: 20.01.2019 - 23:17 Weiss jemand, wie lange ungefähr die Beschleunigungsstrecke bei einer 3S ist?
Die Länge der Beschleunigungsstrecke liegt meines Wissens im Bereich 26-28 m bei 7,5 m/s.
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Re: Bremsenergie-Rückgewinnung beim Abkuppeln

Beitrag von Lagorce »

Besten Dank, habe vorher berechnet und bin auf ca. 26.3 m gekommen (einfach von 0.25 m/s auf 7.5 m/s mit 1 m/s2). Siehe unten, hatte Antwort etwas früher verfasst jedoch noch nicht gepostet.

Muss mir das mal genauer anschauen, habe noch nie eine 3S besucht. Umlaufbahnen sind onehin nicht so mein Spezialgebiet obwohl ich gewisse Teile der Elektrotechnik etwas kenne.

Das Video von Talabfahrer ist wie üblich sehr gut. Kann später noch ein paar Anmerkungen zur Technik posten falls es jemand interessiert. Zu beachten ist der Ziehl-Abegg Lüfter mit integriertem FU, normalerweise sieht man den nicht gut, da unter einem Blechdeckel versteckt. Hier ist nur ein Radiallüfter vorhanden, z.T. sind IIRC je nach Direktantriebsmotor 2 oder sogar 4 Lüfter vorhanden (nicht zu verwechseln mit der früheren Ausführung mit unten seitlich montierten Radial-Lüftern mit gewöhnlich aussehenden IEC Asynchronmotoren). Bei ca. 1000 kW reicht jedoch ein Lüfter aus (falls 2 montiert sind kann einer ausfallen, asymmetrische Lufteinleitung von oben in den Zwischenspalt stört anscheinend nicht).

Sind die Reifen bei den 3S die üblichen Leitner-Poma OEM-Ausführungen (diese werden speziell exklusiv für Leitner-Poma hergestellt) oder gibt es da verschiedene Grössen? Rein visuell sehen die aus wie die ben den aktuellen Leitner und Poma CLD und MGD. Kann mich jedoch täuschen.
Um die Streckenlänge für die Beschleunigung einzuschätzen müsste ich mal die Reifen zählen, nur kenn ich deren Achsstand nicht.
Jedenfalls eine weitere sehr schön ausgeführte Leitner Bahn.


Hier mal eine kurze Einschätzung, ist jedoch auf eine parametrische HGMP Analyse basiert (d.h. Werte entsprechen nicht zwangsläufig einer existierenden Anlage, sind jedoch hoffentlich realistisch):

1) 10-MGD (10er Gondelbahn)

Annahme:
Fahrgeschwindigkeit: 6.00 m/s
Stationsgeschwindigkeit: 0.25 m/s
Fahrzeugmasse (beladen, also inkl. 800 kg Last): 1500 kg
Beschleunigung: 1.0 m/s2
-
Aus diesen Annahmen geht hervor:
Beschleunigungsweg: Ca. 16.5 m
Tangentialkraft von den Reifen übertragen (Annahme: konstanter Wert, keine Reibung): 1500 N
Maximale Leistung am Ende des Beschleunigungsweges: 9 kW
-
Um eine tangentiale Kraft an der Klemme von etwa 1500 N zu ermöglichen vermute ich, dass eine Anpresskraft im Bereich von etwa 1500 bis 2000 N sinnvoll ist. Bei 4 bar (genauer: barg) Reifenluftruck und 2000 N Anpresskraft würde dies 50 cm2 Kontaktfläche entsprechen, was im Vgl. zur Reifengrösse realistisch erscheint.
Die Riemenantriebe kann ich nicht nachrechnen, da ich weder die Riemenscheibendurchmesser noch die Riemengrösse einschätzen kann (Berechnung ist einfach, kann man aufgrund von Trapezriemenherstellerunterlagen machen obwohl Leitner-Poma AFAIK OEM Riemen einsetzt).


2) 3S mit 30er Kabinen

Annahme:
Fahrgeschwindigkeit: 7.50 m/s
Stationsgeschwindigkeit: 0.25 m/s
Fahrzeugmasse (beladen, also inkl. 2400 kg Last): 5350 kg
Beschleunigung: 1.0 m/s2
-
Aus diesen Annahmen geht hervor:
Beschleunigungsweg: Ca. 26.3 m
Tangentialkraft von den Reifen übetragen (Annahme: konstanter Wert, keine Reibung): 5350 N
Maximale Leistung am Ende des Beschleunigungsweges: Ca. 40 kW
-
Hier wird es interessant: die für eine Beschleunigung von 1 m/s2 erforderliche Tangentialkraft ist nun etwa 3.6 mal höher als bei einer 10er Gondel (na ja, ist ja proportional zur bewegten Masse).
Da im Beschleunigungsbereich zwei koaxial angeordnete Reifen paarweise wirken, kann man von einer 1.8-fachen Belastung i.Vgl. zu einer 10er Gondel ausgehen, sofern die Reibplatten im Vergleich zum Radstand der Pneuräder ähnlich lang sind.
Ob die Reifen den gleichen Durchmesser wie bei einer 10-MGD aufweisen, kann ich nicht mit Sicherheit beurteilen, meinte dennoch dass die indentisch sein könnten.
Man beachte die 3-fach Riemenantriebe, bei 10-MGD setzt Leitner-Poma AFAIK 2-fach Riemenantriebe ein (siehe die 3 parallell montierten Riemen im Video bei z.B. 00:05:40).

Sehr interessant ist die Wahl eines elektrischem Antriebs der Reifen, gehe davon aus, dass die 2 blauen Asynchronmotoren (z.B. bei ca. 00:06:11 im Video) als Master/Slave ab getrennten FUs betrieben werden, mechanisch sind die ja Getriebeabgansseitig über die Riemenantriebe verbunden.
Bei den aktuellen Leitner-Poma MGD werden AFAIK die Reifen stets vom Förderseil via Seilrollen angetrieben. Dort ist die Lage nahe an Ein-/Ausfahrt durch die Förderseillage vorgegeben, da das Förderseil dann nach innen (und zusätzlich auch noch nach unten) abgelenkt wird.

Weshalb man die Getriebemotoren im Video nicht weiter entfernt von der Ein-/Ausfahrt eingebaut hat, ist mir unklar, da dies eine vorteilhaftere Verteilung der Antriebsmomente erlauben würde (hat möglicherweise mit dem Baukasten-System zu tun).
Bei etwas mittig angeordnetem Antrieb könnte man den Riemen- und Lagerverschleiss etwas reduzieren.

Interessant wäre es ebenfalls zu wissen, ob die Reifen im 1:1 Verhältnis angetrieben werden, was die Schlupfreibung verhindern würde. Dabei müssen allerdings die beiden Getriebemotoren für die Beschleunigunge bzw. Abbremsung entsprechend geregelt werden (Geräuschkulisse erlaubt keine klare Aussage was Drehzahländerungen dieser Motoren betrifft).

Was genau passiert falls beide FU in gleichzeitig im ungünstigsten Moment in STO (Safe Torque Off) gehen, müsste man einmal nachrechnen. Falls dann die Klemme noch den Kuppelbereich erreicht, kann es möglicherweise zu einem Ruck kommen, da durch die Trägheit das Fahrzeug noch in den Kuppelbereich gelangen kann, jedoch u.U. mit sehr geringer Geschwindigkeit (da Motoren bei unterbruch der Motorinvertermodulation einfach drehmomentlos (Reibung nicht berücksichtigt) austrudeln). Müsste man jedoch mal genauer ansehen.

Energietechnisch gesehen wäre es sinnvoll, alle vier Reinfenstreckenantriebsmotoren mit FU in Multidrive-Konfiguration zu speisen (d.h. mit gemeinsamen DC Zwischenkreis), jeweils mit 2 motorseitigen Invertern im Master/Slave Modus.

Ob Reifen mit etwas höherem Druck befüllt werden, ist nicht bekannt. Falls der Luftdruck ähnlich ist wie bei der Anlage von Markus, müsste sich die Kontakfläche entsprechend erhöhen.

Zu beachten ist, dass Reibungsverluste hier nicht berücksichtigt wurden, die liegen vermute so im Bereich von ein paar %.

(Dienstinterne Notiz: Diverse PN folgen noch.)

HGMP: Handgelenk mal Pi. :)


Edit:
Bei Beschleuniger mit Gefälle würde man theoretisch durch die hangabtriebsbedingte Beschleunigung mit dem ersten Meter Höhenunterschied ca. 4.3 m/s erreichen (ohne Berücksichtigung der Reibungsverluste). Bei 2 m Höhenunterschied wären es 6.3 m/s.
Hangabtriebskomponente ist abhängig von der Steilheit des Beschleunigunsstrecke und dies muss bzgl. Abbremsen (insbes. Nothalt under den Bedingungen, die zur grössten "Verzögerung" ("negative Beschleunigung", Deceleration) führt) für die Reifenantriebe entsprechend berücksichtigt werden,
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Re: Bremsenergie-Rückgewinnung beim Abkuppeln

Beitrag von Lagorce »

Hier ist noch eine detailierte Remontées Mécaniques Reportage über die Leitner 3S Prodains Express in Avoriaz (jedoch mit Semer (Semer ist Teil der HTI Gruppe, wie auch Poma und Leitner) Steuerung der älteren Generation und konventionnellem AC Antrieb, jedenfalls eine sehr
gepflegt ausgeführte 3S (35-personen Kabinen, 7 m/s):
https://www.remontees-mecaniques.net/bd ... -5845.html

Die mittlere theoretische Beschleunigungsleistung in einer Station rechne ich später mal aus falls es niemand vorher macht, ist trivial.
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