Seil-Dynamik bei Verzögerung / Beschleunigung

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sven.ths
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Seil-Dynamik bei Verzögerung / Beschleunigung

Beitrag von sven.ths »

Ich hätte hier mal eine ganz spezielle Frage bezüglich der dynamischen Bewegung des Seils bei starker Beschleunigung / Verzögerrung.

Bei Bremstest ist ja zu sehen, dass eine der beiden Seiten kurz nach der Bremsung stärker durchhängt (und dann zurück 'pendelt'), während die andere Seite förmlich straff gezogen wird.
Logischerweise liegt dass an den Massen der Gondeln die durch ihre Trägheit das Seil weiter in die Fahrtrichtung 'ziehen'. Aber: Bei meinen 'Simulationen' hierzu lässt sich dieser Effekt nur unter bestimmten Voraussetzungen korrekt nachbilden (problematisch insbesondere bei geringer Steigung).
Daher meine Frage: Ist das noch eventuell von anderen Faktoren abhängig Spannfeld/Gesamthöhendifferenz/Gesamtlänge? Spielt es eine Rolle ob Abspannung und Antrieb (+Bremse) Tal oder Bergseitig ist? usw...

Oder noch besser: Kennt jemand eine genaue Beschreibung der dahinterstehenden Physikalischen Effekte?

[Eventuell sind meine Physik-Simulationen auch korrekt und ich habe einfach nur die falschen Erwartungen... :D
Daher: Kennt jemand ein gutes Video wo Bremstests von MGDs/CLDs zu sehen sind? Ich kenne nur das von der Grasjochbahn auf YT wo allerdings nur wirklich das 'Steilstück' gut zu sehen ist.]
Hier nur nochmal kurz mein eigenes Video von einem Bremstest (In super-mieser Qualität da ich ohne Stativ mit 30x Zoom gearbeitet hab :/ )
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Und hier meine 'Simulation'
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((( Und falls sich jemand fragt was das für eine seltsame Simulation ist :guckstduhier: viewtopic.php?f=19&t=51442 :D :wink: )))

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Spezialwidde
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Re: Seil-Dynamik bei Verzögerung / Beschleunigung

Beitrag von Spezialwidde »

Ich starte mal einen Erklärungsversuch. Eigentlich sind da mehrere Effekte beteiligt die sich gegenseitig überlagern und damit eine Simulation doch schon recht anspruchsvoll machen. Da haben wir zum einen die nicht unwesentliche Trägheit des Seiles an sich, wenn man sich mal die FBMs wegdenkt. Diese bewirkt dass das Förderseil beim Bremsen in den Stationseinläufen entspannt und in den Ausläufen gespannt wird. Dann haben wir wie schon beschrieben die Trägheit der FBMs. Dabei müssen wir zusätzlich zu der Geschwindigkeit in Fahrtrichtung aber noch die Höhenkomponente mitberücksichtigen. Man muss die Gondelgeschwindigkeit also in 2 Komponenten zerlegen: Einmal horizontal und einmal vertikal (nennt man Kräfteparallelogramm glaub ich). Die Vertikalgeschwindigkeit sorgt zb dafür dass die talfahrenden FBMs beim Bremsen zusätzlich nach unten gezogen werden und die bergwärtsfahrenden entlastet werden. Man kennt das wenn man im Aufzug steht wenn er seine Geschwindigkeit beim Anfahren und Bremsen verändert. Das System Seilbahn stellt nun ein schwingungsfähiges System dar welches durch den Bremsvorgang und die beschriebenen Kraftkomponenten zum Schwingen angeregt wird. Die Eigenschaften dieses Systems bestimmen dabei maßgeblich die Reaktion (damit meine ich zb. Dämpfung, Resonanzfrequenzen). Und diese wiederum hängen von den Spannfeldern, dem FBM Abstand, der Seilspannung, der Beladung und sogar von der Stellung der FBMs zueinander ab. Natürlich auch von der Seilgeschwindigkeit und der Verzögerung. Das ist schon knackig...Aber ein sehr interessantes Themengebiet. Ich werde das auch mal weiterverfolgen :D
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Re: Seil-Dynamik bei Verzögerung / Beschleunigung

Beitrag von Drahtseil »

Weiß selber nicht (mehr) genau was alles drin steht, aber schau mal unter den Punkten 8.1 und 8.2, evtl. wirst du da fündig:

https://newsroom.doppelmayr.com/download/file/4469/
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Talabfahrer
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Re: Seil-Dynamik bei Verzögerung / Beschleunigung

Beitrag von Talabfahrer »

Um das hier im Forum zu behandeln, ist das Thema arg sperrig. Das zitierte Skript gibt dazu keine verwertbaren Angaben.

1997 gab es eine Dissertation an der TU Wien von Rainald Löscher: Pumpschwingungen bei Einseilumlaufbahnen. Leider ist die nicht online verfuegbar, ebensowenig wie die Dissertation von Thomas Richter an der ETHZ aus dem Jahr 1989: Schwingungsverhalten von Einseil-Umlaufbahnen beim Anfahren und Bremsen. Kurzfassung. Eine Kurzfassung der Löscher-Arbeit findet man in der Literatursammlung von seilbahnen.org:

R. Löscher, Pumpschwingungen bei Einseilumlaufbahnen, 1997
E. Engel, R. Löscher, Zwei Arten von Pumpschwingungen, ISR, 2005

Artikel zum Thema: Hans C. Renezeder, Alois Steindl, Hans Troger: On the dynamics of circulating monocable aerial ropeways, PAMM · Proc. Appl. Math. Mech. 5, 123–124 (2005).
Chense
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Re: Seil-Dynamik bei Verzögerung / Beschleunigung

Beitrag von Chense »

Talabfahrer hat geschrieben: 11.10.2019 - 21:30 Um das hier im Forum zu behandeln, ist das Thema arg sperrig. Das zitierte Skript gibt dazu keine verwertbaren Angaben.

1997 gab es eine Dissertation an der TU Wien von Rainald Löscher: Pumpschwingungen bei Einseilumlaufbahnen. Leider ist die nicht online verfuegbar, ebensowenig wie die Dissertation von Thomas Richter an der ETHZ aus dem Jahr 1989: Schwingungsverhalten von Einseil-Umlaufbahnen beim Anfahren und Bremsen. Kurzfassung. Eine Kurzfassung der Löscher-Arbeit findet man in der Literatursammlung von seilbahnen.org:

R. Löscher, Pumpschwingungen bei Einseilumlaufbahnen, 1997
E. Engel, R. Löscher, Zwei Arten von Pumpschwingungen, ISR, 2005

Artikel zum Thema: Hans C. Renezeder, Alois Steindl, Hans Troger: On the dynamics of circulating monocable aerial ropeways, PAMM · Proc. Appl. Math. Mech. 5, 123–124 (2005).
Es sollte dazu auch noch eine frei verfügbare Arbeit geben, die werde ich am Montag in der Arbeit mal raussuchen, ansonsten probiere ich auch mal ob ich nicht ein Excel File einer alten Seilberechnung unsererseits hier zur Verfügung stellen darf. Ich selber bin leider im Thema Schwingungsverhalten noch nicht so drin könnte aber ein Geogebra-File nachbauen, das ich damals für meine Diplomarbeit erstellt habe in dem mittels Kettenlinie und annäherungsweise Parabel Seillasten nachgestellt werden können (allerdings nur Pendelbahnen)
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Re: Seil-Dynamik bei Verzögerung / Beschleunigung

Beitrag von Ram-Brand »

So als Laie mal betrachtet:

Es wird nur in einer Station gebremst, an der Antriebsscheibe. (Sicherheitsbremse)

Bei der Festkoglbahn ist diese in der Bergstation.

Durch die Trägheit wollen die Gondeln und auch das Seil je nach Richtung weiter zur Berg oder Talstation sich bewegen.
Was das Bremsen jetzt verhindert.

Nach meinem Verständnis müsste dann das Seil an der Antriebsscheibe auf der Einfahrseite "gestaucht" und auf der "Ausfahrseite "gedehnt" werden.
Durch die Umlenkung im Tal wird das ganze nochmal beeinflusst.

So wie ich das sehe geht auf der Seite mit der "Stauchung" das Seil zu erst nach unten. Auf der anderen dafür nach oben.
Die Umlenkscheibe in Tal ist beweglich weshalb beide Seiten sich dann ausgleichen können. Dadurch bewegen sich beide Seiten wie bei einer Wippe.

Durch die Erdanziehungskraft werden die Gondeln und das Seil noch zusätzlich nach unten gezogen. Das sicher auch noch einen Effekt auf das Schaukeln hat.

Nich zu vergessen ist vermutlich auch noch die hydraulische Abspannung. Diese sorgt dafür, dass das Seil immer gespannt bleibt. Beim Bremsen kann man in der Spannstation bei manchen Anlagen gut sehen, wie der Spannwagen vor und zurückfährt beim Bremsen. Das hat sicher auch einen Einfluß auf das Schaukeln.
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Re: Seil-Dynamik bei Verzögerung / Beschleunigung

Beitrag von Talabfahrer »

Eine relativ neue (2016) Dissertation, die im Rahmen eines Forschungsprojekts mit Partnern TU Wien und Firma Doppelmayr entstanden ist, gibt es als pdf:
Thomas Lässer: Das dynamische Verhalten von Seilbahnfahrzeugen in Wechselwirkung mit der Dynamik der Seile.

Man kann sich ja zuerst mal die Kurzfassung und Einleitung am Anfang der Arbeit und die Zusammenfassung ab Seite 150 anschauen und dann entscheiden, ob man wirklich in dieser Tiefe in das Thema eintauchen will.
Chense
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Re: Seil-Dynamik bei Verzögerung / Beschleunigung

Beitrag von Chense »

Talabfahrer hat geschrieben: 12.10.2019 - 19:34 Eine relativ neue (2016) Dissertation, die im Rahmen eines Forschungsprojekts mit Partnern TU Wien und Firma Doppelmayr entstanden ist, gibt es als pdf:
Thomas Lässer: Das dynamische Verhalten von Seilbahnfahrzeugen in Wechselwirkung mit der Dynamik der Seile.

Man kann sich ja zuerst mal die Kurzfassung und Einleitung am Anfang der Arbeit und die Zusammenfassung ab Seite 150 anschauen und dann entscheiden, ob man wirklich in dieser Tiefe in das Thema eintauchen will.
Ah danke die meinte ich! ist recht interessant das ganze auch wenn man gewisse Grundkenntnisse mitbringen sollte wenn man es verstehen will ...
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sven.ths
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Re: Seil-Dynamik bei Verzögerung / Beschleunigung

Beitrag von sven.ths »

Danke schon mal für die vielen Antworten!
Ich werde das ganze heute mal mit den erweiterten Schwingungsgleichungen probieren. Dadurch sollte sich 90% der Dynamik abbilden lassen. Alles weitere ist vermutlich zu rechenintensiv um es auf ein Modell mit ca. 100 FBM in Echtzeit anzuwenden.

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Talabfahrer
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Re: Seil-Dynamik bei Verzögerung / Beschleunigung

Beitrag von Talabfahrer »

Die "klassische" Vereinfachung ist doch, die Masse der Fahrzeuge gleichmäßig der Seilmasse pro Länge zuzuschlagen, was zu einer fiktiven höheren Seilmasse pro Meter führt. Damit kann man dann erst mal die Seilstatik und mit geeigneten Modellen des Seils dynamische Änderungen der Seilfiguren in den Spannfeldern rechnen. Das ist sogar umso genauer, je mehr Fahrzeuge am Seil hängen, denn wenn in einem Spannfeld z.B. 5 oder 8 Fahrzeuge hängen, dann spielen deren einzelne Pendelbewegungen für die sich einstellende geglättete Seillinie nur mehr eine geringe Rolle.

Wenn Du die Ergebnisse derartiger Rechnungen hast, dann kannst Du die Bewegungen der Fahrzeuge jeweils einzeln als Pendel modellieren, deren Aufhängepunkte der Bewegung des jeweiligen Klemmpunkts auf der dynamisch gerechneten Seilfigur folgen. An den Stützen brauchst Du die Geometrie der Rollenbatterien, aber das lässt sich vermutlich mit Kreisbögen nähern. Wenn es Dir hauptsächlich um ein realistisch aussehendes Bild geht, und Du nicht Nachweise z.B. zur Spurweite oder Hindernisvermeidung rechnen willst, dann sollten derartige Vereinfachungen gerade bei einer hohen Zahl von Fahrzeugen, wie bei einem fix geklemmten Sessellift, ausreichend genau sein.
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Re: Seil-Dynamik bei Verzögerung / Beschleunigung

Beitrag von sven.ths »

Talabfahrer hat geschrieben: 16.10.2019 - 13:19 Die "klassische" Vereinfachung ist doch, die Masse der Fahrzeuge gleichmäßig der Seilmasse pro Länge zuzuschlagen, was zu einer fiktiven höheren Seilmasse pro Meter führt. Damit kann man dann erst mal die Seilstatik und mit geeigneten Modellen des Seils dynamische Änderungen der Seilfiguren in den Spannfeldern rechnen. Das ist sogar umso genauer, je mehr Fahrzeuge am Seil hängen, denn wenn in einem Spannfeld z.B. 5 oder 8 Fahrzeuge hängen, dann spielen deren einzelne Pendelbewegungen für die sich einstellende geglättete Seillinie nur mehr eine geringe Rolle.

Wenn Du die Ergebnisse derartiger Rechnungen hast, dann kannst Du die Bewegungen der Fahrzeuge jeweils einzeln als Pendel modellieren, deren Aufhängepunkte der Bewegung des jeweiligen Klemmpunkts auf der dynamisch gerechneten Seilfigur folgen. An den Stützen brauchst Du die Geometrie der Rollenbatterien, aber das lässt sich vermutlich mit Kreisbögen nähern. Wenn es Dir hauptsächlich um ein realistisch aussehendes Bild geht, und Du nicht Nachweise z.B. zur Spurweite oder Hindernisvermeidung rechnen willst, dann sollten derartige Vereinfachungen gerade bei einer hohen Zahl von Fahrzeugen, wie bei einem fix geklemmten Sessellift, ausreichend genau sein.
Die Seilform wird bereits als Kettenlinie mit Punktmassen berechnet (das ist nicht sonderlich schwer, man muss nur einmal den Brennpunkt bei ändernder Last neu bestimmen).
Rollenbatterien sind auch bereits Modelliert und verhalten sich der anliegenden Last entsprechend (ist ja im Endeffekt nur Hebelgesetz).
Das einzig komplizierte ist aktuell noch der Energiefluss zwischen den FBM und dem Seil. Ich versuche das ganze mal als erweiterte Schwingungsgleichung zu vereinfachen (Das Seil ist energetisch ein Pendel, an dem weiter Pendel in Form der FBM hängen, und welches durch ein Pendel gespannt wird).
Das alles muss dann noch untereinander verknüpft werden, damit sich einzelne Seilspannen untereinander erregen können. Soweit sollte das recht gut funktionieren.
Das einzige was dabei nicht beachtet wird, ist die Längenänderung der Seilstrecken zwischen den Stützen, was in einer Änderung der charakteristischen Frequenz und Resonanz des Schwingsystems resultieren würde. Wenn man die Seillänge zwischen den Stützen als konstant annimmt (entsprechend der länge des 'normal' durchhängenden Seils) resultiert das in einem recht geringen Fehler, spart aber ein Integral mit (Anzahl_FBM + 2)-Komponenten jedes mal aufs neue zu lösen, um die 'neue' Resonanz zu bestimmen :D.
Da aber selbst bei gigantischen Spannfeldern die Längenänderung nur im Bereich von cm ist sollte das ganz gut funktionieren.
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Re: Seil-Dynamik bei Verzögerung / Beschleunigung

Beitrag von Talabfahrer »

Berücksichtigst Du die Bewegung der Spanneinrichtung und die Trägheit des Antriebs? Das hat einen viel größeren Einfluss als die elastische Längenänderung des Seils.

Welche Geschwindigkeitsverläufe verwendest Du beim Anfahren, Anhalten und bei Bremsvorgängen? Sind das alles lineare Rampen? Bei langen Strecken ist auch die Laufzeit als elastische Longitudinalwelle nicht zu vernachlässigen, d.h. eine Geschwindigkeitsänderung an der Antriebsscheibe braucht eine gewisse Zeit um sich entlang des Seils auszubreiten. Typisch sind so ca. 2500 - 3500 m/s, was niedriger als die Schallgeschwindigkeit in massivem Stahl (5100 m/s) ist. Hängt damit zusammen, dass ein Drahtseil einen deutlich niedrigeren E-Modul als der einzelne Draht hat.
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Re: Seil-Dynamik bei Verzögerung / Beschleunigung

Beitrag von sven.ths »

Talabfahrer hat geschrieben: 16.10.2019 - 18:38 Berücksichtigst Du die Bewegung der Spanneinrichtung und die Trägheit des Antriebs? Das hat einen viel größeren Einfluss als die elastische Längenänderung des Seils.

Welche Geschwindigkeitsverläufe verwendest Du beim Anfahren, Anhalten und bei Bremsvorgängen? Sind das alles lineare Rampen? Bei langen Strecken ist auch die Laufzeit als elastische Longitudinalwelle nicht zu vernachlässigen, d.h. eine Geschwindigkeitsänderung an der Antriebsscheibe braucht eine gewisse Zeit um sich entlang des Seils auszubreiten. Typisch sind so ca. 2500 - 3500 m/s, was niedriger als die Schallgeschwindigkeit in massivem Stahl (5100 m/s) ist. Hängt damit zusammen, dass ein Drahtseil einen deutlich niedrigeren E-Modul als der einzelne Draht hat.
Die Spanneinrichtung berücksichtige ich. Ich meinte allerdings nicht elastische Längendehnung sondern die geometrische Längenänderung bei unterschiedlichem Durchhängen ;) (das beachte ich natürlich für die Geometrie und FBM-Position aber nicht für die charakteristischen Frequenzen der Schwingung).
Das die Geschwindigkeitsänderung sich so langsam Ausbreitet ist sehr interessant! Das müsste ich fast noch mit hinein nehmen (und die Gleichung wird lääääänger :D )
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Re: Seil-Dynamik bei Verzögerung / Beschleunigung

Beitrag von sven.ths »

So! bis auf genannte Vereinfachung habe ich mal alles so weit umgesetzt!

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Zu sehen ist die Bergstation, Abspannung+Antrieb sind im Tal und das zu sehende Spannfeld beträgt 55m.
Ich würde sagen, das kann man so lassen! (Sind natürlich etwas übertrieben Geschwindigkeits-Werte für ne 2-CLF aber man sieht das Ergebnis so besser)
Und nochmals Danke an alle für die Hilfe!
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Re: Seil-Dynamik bei Verzögerung / Beschleunigung

Beitrag von Ram-Brand »

Die Sessel stützen sich an der Umlenkscheibe meist unten an dem Gummiring ab, der in der Simulation zu kurz ist.

Ich finde es schaukelt auch sehr lang. Liegt das am Spannfeld?
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Re: Seil-Dynamik bei Verzögerung / Beschleunigung

Beitrag von sven.ths »

Ram-Brand hat geschrieben: 19.10.2019 - 19:47 Die Sessel stützen sich an der Umlenkscheibe meist unten an dem Gummiring ab, der in der Simulation zu kurz ist.

Ich finde es schaukelt auch sehr lang. Liegt das am Spannfeld?
Ja stimmt, an den Stationsmodellen muss ich nochmal etwas feilen.

Die Schwingung ist so lange aus mehreren Gründen: Das Spannfeld ist sehr lang, die Bahn bewegt sich etwas zu schnell für eine CLF aber der FBM-Abstand ist sehr gering, was in einer gigantischen Energie resultiert die frei wird, wenn die Bahn so plötzlich bremst. Außerdem sind alle Sessel der einen Seite 'beladen' allerdings immer völlig homogen mit 2x80kg, was in einer perfekten gleichmäßigen Schwingung und somit in minimaler Dämpfung resultiert. Da muss ich noch etwas nachbessern.

Evtl. habe ich auch das E-Modul des Stahlseils etwas zu konservativ gewählt, da gibt es schon noch einige Stellen auf die ich nochmal schauen muss ;)
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Re: Seil-Dynamik bei Verzögerung / Beschleunigung

Beitrag von Talabfahrer »

Wenn im Modell keine Schwingungen der Sessel in Querrichtung zulässig sind, dann kann deren Bewegung an der Umlenkscheibe doch ohnehin den Freiheitsgrad, der durch den Stützring nach innen begrenzt wird, gar nicht ausnützen. Insofern ist der Ring im Modell wirkungslos. Es sähe aber besser aus, wenn der ca. den gleichen Durchmesser wie die Seilführung der Scheibe hätte.

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Re: Seil-Dynamik bei Verzögerung / Beschleunigung

Beitrag von Talabfahrer »

In Deinem 0.1.5d-Video habe ich ein bisschen herumgemessen. Mir ist aufgefallen, dass es in der Schwingdauer der Sessel nach dem Abbremsen keinen Unterschied zwischen Bergfahrt- und Talfahrtseite zu geben scheint. Auf beiden Seiten bekomme ich ca. 3.06 s als Periodendauer. Wenn aber auf der Bergfahrtseite pro Sessel 160 kg zugeladen sind, auf der Talfahrtseite diese Last nicht vorhanden ist, dann erwarte ich auf der Talfahrtseite eine kürzere Schwingungsdauer der Sesselpendelung.

Als mathematisches Pendel modelliert, entsprächen die beobachteten 3.06 s in etwa einer Pendellänge in der Gegend von 2.30 - 2.35 m. Durch den Verlust der tief platzierten Passagiermasse beim Ausstieg dürfte bei einem Zweiersessel der Schwerpunkt um ca. 20-25 cm nach oben wandern. Bei einer verringerten Pendellänge von 2.10 m betrüge die Schwingdauer der Sesselpendelung ca. 2.9 s. In der Einzelbildanalyse wäre das im Video schon zu erkennen gewesen. Wie ist das in Deinem Modell implementiert? An welcher Stelle wird die Fahrgastmasse entfernt?

Noch was zum Förderseil-E-Modul: Irgendwo in der Gegend von 7 bis 12.5 * 10^4 N/mm^2.
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Re: Seil-Dynamik bei Verzögerung / Beschleunigung

Beitrag von sven.ths »

Talabfahrer hat geschrieben: 22.10.2019 - 18:17 Als mathematisches Pendel modelliert, entsprächen die beobachteten 3.06 s in etwa einer Pendellänge in der Gegend von 2.30 - 2.35 m. Durch den Verlust der tief platzierten Passagiermasse beim Ausstieg dürfte bei einem Zweiersessel der Schwerpunkt um ca. 20-25 cm nach oben wandern. Bei einer verringerten Pendellänge von 2.10 m betrüge die Schwingdauer der Sesselpendelung ca. 2.9 s. In der Einzelbildanalyse wäre das im Video schon zu erkennen gewesen. Wie ist das in Deinem Modell implementiert? An welcher Stelle wird die Fahrgastmasse entfernt?

Noch was zum Förderseil-E-Modul: Irgendwo in der Gegend von 7 bis 12.5 * 10^4 N/mm^2.
Hmm, das habe ich tatsächlich nicht berücksichtigt, dass der sich der Mittelpunkt der Pendelmasse mit den Fahrgästen verschiebt. Das muss ich gleich mal nachbessern.

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